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Augsburg: Schutzmasken gehen aus: Ärzte sind am Verzweifeln

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Schutzmasken gehen aus: Ärzte sind am Verzweifeln

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    An vielen Einrichtungen in Augsburg fehlen Schutzmasken - deshalb kauft die Stadt jetzt selbst welche ein.
    An vielen Einrichtungen in Augsburg fehlen Schutzmasken - deshalb kauft die Stadt jetzt selbst welche ein. Foto: Rene Traut, dpa (Symbol)

    Immer mehr niedergelassene Ärzte in der Stadt und in der Region schlagen Alarm. Sie erhalten keinen Nachschub an Schutzmasken und Desinfektionsmitteln. „Für Ärzte und ihre Mitarbeiter ist es eine enorme psychische Belastung, unter diesen Bedingungen zu arbeiten“, sagt Markus Beck. Der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes weiß, dass manche Praxen deshalb inzwischen ihren Betrieb reduzieren oder sogar ganz schließen.

    Das kann Axel Heise von der Kassenärztlichen Vereinigung in Bayern bestätigen. In ganz Bayern hätten bis Dienstag 239 Praxen dichtgemacht. Davon 75 wegen fehlender Schutzausrüstung, 164 wegen Corona-Quarantäne. Genaue Zahlen für Augsburg könne er allerdings nicht nennen, sagt der Sprecher. „Wir haben leider nur einen bayernweiten Überblick.“ Das Problem der mangelnden Schutzausrüstung treffe aber alle Fachgruppen. Keine Arztpraxis könne in dieser Zeit der Corona-Krise „normal“ arbeiten, meint Heise. Wie auch die in Augsburg niedergelassene Ärztin Margit F. (Name geändert) nicht. Die Medizinerin erzählt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass in ihrer Praxis nur noch das „Sparprogramm“ laufe. Oft fände der Austausch mit Patienten nur noch am Telefon statt.

    Dabei gebe es neben Corona ja auch weiterhin alle anderen Krankheitsfälle. Sie persönlich sei inzwischen am Verzweifeln. „Allen Ärzten, mit denen ich spreche, geht es so. Wir warten auf die Lieferung von Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln.“ Entgegen sämtlicher Ankündigungen und Zusicherung sei bislang von offiziellen Stellen in Bayern noch in keiner Arztpraxis Hilfe angekommen, kritisiert sie. Margit F. fühlt sich von der Politik allein gelassen. Die Medizinerin befürchtet ein „Sterben der Hausärzte“, wie es in Italien der Fall sei.

    Es geht nicht nur Ärzten so. Auch Krankenhäuser, Seniorenheime oder ambulante Pflegedienste hätten nicht ausreichend Schutzausrüstung, sagt Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU), der den hiesigem Katastrophenstab leitet. Die Stadt habe sich deshalb dazu entschlossen, jetzt selbst Schutzausrüstung zu beschaffen – unter anderem Masken und Desinfektionsmittel. Das sei aber nicht einfach, weil auf dem Markt derzeit viel zu wenig Produkte verfügbar seien.

    Corona-Krise: Die Stadt Augsburg hat 20 Tonnen Desinfektionsmittel geordert

    Nach Angaben von Wirtschaftsbürgermeisterin Eva Weber (CSU) konnte die Stadt rund 20 Tonnen an Desinfektionsmitteln ordern, fünf Tonnen seien bereits da und würden nun an Einrichtungen verteilt. Auch 20.000 Schutzmasken seien inzwischen bestellt worden, so Weber. Verteilt werden soll das Material dorthin, wo es am dringendsten gebraucht wird, so OB Gribl. Wie das dann im Detail aussehe, müsse noch geregelt werden.

    Wer auf dem normalen Markt derzeit Schutzmasken sucht, wird häufig auch abgezockt. Ärzte berichten von „Mondpreisen“, die manche Anbieter verlangen. „Das ist eine Frechheit“, sagt Axel Heise von der Kassenärztlichen Vereinigung. Eine Maske koste ungefähr 40 Cent, nun gebe es Angebote für vier Euro das Stück. Margit F. sagt, sie sei sogar schon mit 13 Euro pro Maske konfrontiert worden.

    Viele Arztpraxen versuchten auf eigenem Weg an Schutzausrüstung zu gelangen, weiß Markus Beck vom Ärztlichen Kreisverband. Er sagt, jeder Arzt müsse für sich entscheiden, wie lange er den Betrieb seiner Praxis aufrechterhalten könne. Er rät Kollegen, Infektpatienten in extra Sprechstunden zu bündeln – so könne man den Vorrat an Schutzausrüstung noch strecken. Beck, der seine Praxis in der Donauwörther Straße hat, hat aktuell selbst nur noch einen Rest an Schutzmasken, der bis Ende nächster Woche reicht.

    An der Uni kommen Schutzmasken aus dem 3-D-Drucker.
    An der Uni kommen Schutzmasken aus dem 3-D-Drucker. Foto: Uni Augsburg

    Die Uni Augsburg ist jetzt in die Produktion von Schutzausrüstung für das medizinische Personal an der Uniklinik eingestiegen. Am Klinikum bereitet man sich auf eine große Welle von Covid-19-Patienten vor. Ein Vollgesichtsschutz gegen Tröpfcheninfektion über Mund, Nase und Augen entfaltet in manchen Situationen eine bessere Wirkung als eine einfache Schutzbrille. Doch dieser Vollschutz ist im Moment schwer zu beschaffen. Forscher des Uni-Instituts für Materials Resource Management (MRM) helfen nun, diesen Engpass mit einer Produktion von Masken durch 3-D-Druck zu beheben.

    Produziert wird rund um die Uhr mit mehreren Druckern

    Dahinter steht ein Team von Materialwissenschaftlern um Professor Markus Sause. Sause organisiert den laufenden Produktionsbetrieb. „Wir produzieren rund um die Uhr mit mehreren Druckern vor Ort, dazu kommen noch Mitarbeiter, die im Homeoffice mit privaten Druckern unterstützen“, sagt Sause. Bis Mittwoch habe man rund 500 Stück für die Uniklinik hergestellt. Damit sei der unmittelbare Bedarf gedeckt. Darüber hinaus gebe es sehr viele Anfragen von Ärzten, Sanitätern und anderen Kräften. Diese leitet das Institut nun an seinen Industriepartner weiter, der den Gesichtsschutz in Serienfertigung herstellt.

    Es handele sich bei den gedruckten Bauteilen nicht um Einwegprodukte. Ziel sei, sie mehrfach einzusetzen. „Um sie mit Desinfektionsmitteln behandeln zu können, muss der verwendete Kunststoff die notwendige chemische Beständigkeit aufweisen“, sagt Professor Kay Weidenmann vom Lehrstuhl für Hybride Werkstoffe.

    Wie verändert sich die Arbeit von Journalisten in Zeiten des Coronavirus? In einer neuen Folge unseres Podcasts geben wir einen Einblick.

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