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Augsburg: Schmierereien: Was tun gegen Rechtsextremismus in Augsburg?

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Schmierereien: Was tun gegen Rechtsextremismus in Augsburg?

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    Die Synagoge in der Augsburger Halderstraße. Vor kurzem wurden dort und im angeschlossenen Jüdischen Kulturmuseum antisemitische Kritzeleien entdeckt. Grundsätzlich spüren die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Augsburg nach eigener Aussage aber keine Anfeindungen.
    Die Synagoge in der Augsburger Halderstraße. Vor kurzem wurden dort und im angeschlossenen Jüdischen Kulturmuseum antisemitische Kritzeleien entdeckt. Grundsätzlich spüren die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Augsburg nach eigener Aussage aber keine Anfeindungen. Foto: Ulrich Wagner

    Im Zuständigkeitsbereit des Polizeipräsidiums Schwaben Nord gab es im vergangenen Jahr 88 rechtsextremistische Straftaten – 65 davon waren Propagandadelikte, zu denen unter anderem Hakenkreuzschmierereien zählen. „Im Jahr 2018 war eine Häufung von Delikten im zeitlichen Zusammenhang mit der Landtagswahl in Bayern zu erkennen“, sagt Polizeisprecher Michael Jakob auf Anfrage. Von einer Zunahme von rechtsextremistischen Tagen könne allerdings nicht gesprochen werden.

    „Es lässt sich erkennen, dass im Zeitraum der zurückliegenden Jahre keine signifikanten Veränderungen bei den Fallzahlen vorliegen“, sagt Jakob. So waren es 2017 insgesamt 69 Straftaten – davon 48 Propagandadelikte. Im Jahr 2016 wurden 92 Straftaten im Polizeipräsidium verzeichnet, 97 im Jahr 2015. Dabei unterscheidet das Polizeipräsidium in seiner Statistik allerdings nicht, ob es sich dabei um eine fremdenfeindliche, eine antisemitische oder eine anders motivierte Tat handelt. Das Bayerische Landeskriminalamt in München, als verantwortliche Stelle für politisch motivierte Straftaten sei für weitere Details zuständig. In der Landeshauptstadt wurde erst vor zwei Monaten die neue Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Bayern eingerichtet, bei der sich Betroffene und Zeugen von antisemitischen Übergriffen melden können.

    Ein Spruch aus Konzentrationslagern findet sich im Museum

    Knapp 40 wurden allein bereits in den ersten beiden Monaten notiert. Einer davon stammt aus Augsburg: Schmierereien in der Augsburger Synagoge hatten vergangene Woche viele Bürger erschüttert. „Arbeit macht frei“ wurde auf eine Mitmach-Station in der Installation zum Pessach-Fest geschrieben – der Spruch, der in nationalsozialistischen Konzentrationslagern als Tor-Aufschrift verwendet wurde und als zynische und opferverhöhnende Parole gilt.

    Damit nicht genug: Ins Synagogengestühl waren Hakenkreuze eingeritzt worden. Bereits in der Vergangenheit wurden antisemitische und rechtsextreme Symbole in der denkmalgeschützten Synagoge in der Halderstraße entdeckt.

    Sowohl Barbara Staudinger, Leiterin des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg-Schwaben, als auch Rabbiner Henry G. Brandt, der 15 Jahre in Augsburg als Seelsorger aktiv war, hatten bislang aber keine antisemitische Stimmung in Augsburg wahrgenommen. Staudinger sprach gegenüber unserer Redaktion vielmehr von einem „gesellschaftlichen Problem“, das in allen Ländern Europas und auch in Amerika anzutreffen sei.

    Wie Politiker auf die antisemitischen Schmierereien reagieren

    Christine Wilholm und Frederik Hintermayr von der Linkspartei sagten nach dem Vorfall in Augsburg: „In Deutschland sind antisemitische Angriffe und Gewalttaten an der Tagesordnung. Auch die Stadt Augsburg muss ihre Bemühungen im Kampf gegen Antisemitismus erhöhen. Gemeinsam stehen wir in der Pflicht, allen Jüdinnen und Juden ein sicheres Leben in Augsburg zu ermöglichen und in aller Deutlichkeit gegen antisemitische Taten vorzugehen.“

    Grünen-Stadträtin Verena von Mutius meldete sich ebenfalls zu Wort. „Die antisemitischen Vorfälle im Jüdischen Museum Schwaben und der Synagoge sind nicht nur ein Angriff gegen die jüdische Gemeinschaft, sondern auch ein Angriff gegen die ganze Friedensstadt Augsburg.“

    Die Mitglieder der Grünen verurteilen die Angriffe auf die „offene Gesellschaft mit aller Härte“, heißt es in einer Pressemitteilung. Jüdisches Leben dürfe in Augsburg nie mehr in Frage gestellt werden. „Wir müssen Strukturen in der Stadt Augsburg aufbauen, die solche Tendenzen strukturiert erfassen und bekämpfen. Solche diskriminierende und rassistische Praxen dürfen sich nicht verstetigen, sondern müssen sichtbar gemacht und thematisiert werden“, so die Stadträtin. Sie betonte, dass auch Augsburg eine Antidiskriminierungsstelle brauche, die „Angriffe“ auf die Friedensstadt systematisch erfasse.

    Politiker fordern mehr Engagement gegen Antisemitismus

    Der Augsburger CSU-Landtagsabgeordnete Johannes Hintersberger hatte erst kürzlich mit Ludwig Spaenle, dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe die ehemalige Synagoge Kriegshaber besucht. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Augsburg-Schwaben, Alexander Mazo, der Museumsleiterin Barbara Staudinger, dem amtierenden und ehemaligen Stiftungsratsvorsitzenden des Jüdischen Museums Georg Haindl und dem ehemaligen Hochschulpräsidenten Prof. Hans-Eberhard Schurk wurde dort über das Arbeitskonzept der Staatsregierung gegen Antisemitismus diskutiert. „Es darf keinen Zweifel geben: Antisemitismus jedweder Form hat keinen Platz in unserer Gesellschaft. Dafür müssen wir alle entschieden eintreten“, sagte Johannes Hintersberger.

    Der ehemalige Kultusminister Ludwig Spaenle hatte sich in unserer Zeitung erst kürzlich besorgt über "wachsenden Antisemitismus" geäußert. „Juden werden fast täglich angegangen“, sagte er.

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