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Augsburg: Schausteller vermissen Christkindlesmarkt – und geben Tipps für Zuhause

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Schausteller vermissen Christkindlesmarkt – und geben Tipps für Zuhause

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    Der Christkindlesmarkt in Augsburg endet traditionell an Heiligabend.
    Der Christkindlesmarkt in Augsburg endet traditionell an Heiligabend. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Wenn Edmund Diebold über den Augsburger Christkindlesmarkt spricht, wird er ganz emotional. Mit dem Herz fühle er sich dem Markt verbunden, mit dem Christkindlesmarkt würden die Standbetreiber Jahr für Jahr die liebevolle Verbindung zur Stadt und ihren Bewohnern aufleben lassen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Aufgrund der Corona-Pandemie kann der Christkindlesmarkt nicht stattfinden - Ende Oktober wurde er abgesagt.

    Normalerweise würde Edmund Diebold nun in seiner Engelespyramide stehen und unter anderem Schwipsi, Heiße Oma, Eierlikör- oder Weihnachtspunsch verkaufen. "Was fehlt, sind die vielen netten Kontakte mit unseren Stammkunden. Das bedauern wir sehr", sagt er. Ein Verkauf im Internet komme für ihn und sein Angebot nicht infrage. Er könne nur auf das kommende Jahr hoffen. Wie seine beliebten Getränke zubereitet werden, will er freilich nicht verraten, das Rezept für den Eierlikörpunsch stammt beispielsweise von seiner Großmutter, aber einen kleinen Einblick in die aufwändige Zubereitung des Weihnachtspunsches gewährt er dann doch.

    Das Flair des Augsburger Christkindlesmarktes

    "Orangen- und Zitronenscheiben, Zimtstangen und Nelken werden in Wasser ausgekocht. Der Sud wird dann mit schwarzem Tee und mit Rotwein gemischt und mit Rum abgeschmeckt", sagt er. In der Engelespyramide werde dafür ein trockener Rotwein verwendet - der allerdings im Geschmack nicht zu säuerlich sein dürfe. "Eigentlich macht unser Weihnachtspunsch in seiner Herstellung zu viel Arbeit. Aber ohne können wir auch nicht, weil dann unser ganzer Stand nach den Zutaten duftet", sagt Edmund Diebold.

    Die Engelespyramide ist ein Hingucker auf dem Augsburger Christkindlesmarkt.
    Die Engelespyramide ist ein Hingucker auf dem Augsburger Christkindlesmarkt. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Der Schausteller vermisst seine Kundschaft. „Die Kontakte fehlen mir. Das ist schon ein Stück Lebensgefühl, das da verloren geht.“ In diesen Tagen verbringt er viel Zeit in seiner Werkstatt, um Stände und Fahrgeschäfte auf Vordermann zu bringen. Sein Sohn Florian Diebold leistet ihm Gesellschaft. Auch er würde in diesen Wochen mit seinem Stand auf dem Christkindlesmarkt vertreten sein und unter anderem Prager Schinkensemmeln verkaufen. „Unser Schinken kommt in den Dampfgarer. So bleibt er saftig. Wie lange er gegart werden muss, kann man pauschal gar nicht sagen. Das kommt auf die Größe des Schinkens an“, sagt er.

    Einige Augsburger haben einen ganz eigenen Geschmack

    Die Kunden könnten an seinem Stand die Schinkensemmel mit Meerrettich und Preiselbeeren oder Remoulade und Krautsalat verfeinern. Im Laufe der Zeit hätten einige Augsburger die Zutaten vermischt geordert. „Die Schinkensemmel wird auch oft mit Krautsalat und Meerrettich bestellt. Das schmeckt offensichtlich auch sehr gut.“ Zum Auftakt der Wintersaison war Florian Diebold dennoch auf dem Rathausplatz. Er kümmert sich seit Jahren um die Bilder des Adventskalenders, der am Verwaltungsgebäude zu sehen ist. „Das war schon ein wehmütiges Gefühl, auf dem leeren Rathausplatz zu stehen“, sagt er.

    Ein Bild aus früheren Zeiten: Klaus-Diether Plötz, sein Sohn Ronald Plötz und die Mitarbeiterinnen Katharina Lang (links) und Ruixue Zhang.
    Ein Bild aus früheren Zeiten: Klaus-Diether Plötz, sein Sohn Ronald Plötz und die Mitarbeiterinnen Katharina Lang (links) und Ruixue Zhang. Foto: Matthias Baumgarter

    Ronald Plötz sucht ebenfalls Zuflucht in seiner Werkstatt. Zerlegt, geputzt und gewartet habe er eigentlich schon alles, berichtet er. "Ich habe sogar schon jede einzelne Schindel unseres Standes mit einer Wurzelbürste gereinigt." Eigentlich hätte er jetzt alle Hände voll zu tun. Plötz betreibt den Stand am Fuggerdenkmal, wo die Riesenbosna verkauft wird. Sein Vater Klaus-Diether Plötz hat diese Wurstsemmel, die besonders gewürzt ist, vor über 30 Jahren auf dem Augsburger Christkindlesmarkt eingeführt. "Natürlich gibt es die Bosna in der Imbissstube am Judenberg schon viel länger. Aber auf dem Markt war mein Vater der erste, der eine Bosna anbot. Er hatte das auf Märkten in Wien und Salzburg gesehen und dachte sich, dass das in Augsburg bestimmt auch ankommt", erzählt Ronald Plötz.

    Bosna und Bratwurstsemmel gehören zum Christkindlesmarkt

    Damit habe sich sein Vater nicht getäuscht. Die Bosna sei bis heute an seinem Stand "der Renner". Die Bratwurst werde in einer Augsburger Metzgerei eigens für die Familie nach einem speziellen Rezept gefertigt. "Grundsätzlich muss es eine weiße Bratwurst sein", stellt der Schausteller fest. Sie werde in eine Baguette-Semmel gebettet, mit gewürfelten Zwiebeln garniert und schließlich mit einem speziellen Ketchup und einer Gewürzmischung verfeinert. Plötz: "Darin befinden sich Chili, Cayenne und diverse weitere Geheimnisse, die ich natürlich nicht verrate." Mit dem Christkindlesmarkt hätte sich der Standbetreiber sein finanzielles Auskommen bis April verdient. "So wird das jetzt ein langer harter Winter", sagt er.

    Maurice Gaul vom Schlemmer Häusle schleift und  lackiert in der Werkstatt in Königsbrunn gerade seinen Stand.
    Maurice Gaul vom Schlemmer Häusle schleift und lackiert in der Werkstatt in Königsbrunn gerade seinen Stand. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wie viele seiner Kollegen nutzt Maurice Gaul nun auch die freie Zeit und schleift und lackiert seinen Stand, das Schlemmer Häusle. Viel lieber würde er auf dem Christkindlesmarkt stehen und Bratwürste verkaufen - aber es geht nicht. "Zuletzt waren wir auf der Dult. Das war sehr gut organisiert und hat auch trotz aller Vorgaben gut funktioniert", sagt er. Doch die Aussichten sind nicht gerade rosig. Den Jahresauftakt würde er mit seinem Stand eigentlich beim Faschingstreiben auf dem Rathausplatz bestreiten. "Aber der ist schon abgesagt." Dann folgen in seinem Jahreskalender der Königsmarkt in Königsbrunn und der Osterplärrer. "Ich hoffe, dass es spätestens dann für uns wieder losgeht."

    Schupfnudeln - ein Klassiker auf dem Christkindlesmarkt

    Sein Vater Erich Gaul leidet ebenfalls unter der Corona-Krise. "Mir geht es gesundheitlich nicht gut. Ich vermisse meine Arbeit, die Nähe zu den Menschen", sagt er traurig. 1975 habe er in das Schaustellergewerbe hineingeheiratet und sei seither mit Leib und Seele dabei. Nachdem sein Sohn den Imbiss übernahm, konzentrierte sich Erich Gaul in seinem Stand auf Krautschupfnudeln und Apfelküchle. "Von unserem Krautlieferant bekomme ich mildes Sauerkraut, das grob gehobelt ist. Feines Sauerkraut verbrennt gleich in der Pfanne", weiß er. Von seiner Arbeit auf vielen verschiedenen Märkten weiß er, dass zehn Kunden auch zehn verschiedene Geschmäcker hätten. Damit es aber keinen "Batz" gebe, sei es wichtig, die Zutaten nach und nach zusammenzubringen. "Die Schupfnudeln können zuvor in einer Pfanne angebraten werden und sollen aber nicht zu früh mit dem Kraut vermischt werden. Sonst wird das alles matschig."

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