Klimaschutz und Energiewende sind derzeit Dauerthemen und längst in den Städten und Kommunen angekommen. Das Klimaziel der Stadt Augsburg lautet daher die Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030. Verschiedene Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht worden und setzen an unterschiedlichen Punkten an. Unter anderem soll durch den Ausbau des Fahrradnetzes der Autoverkehr weniger werden und auch eine Solarpflicht für Neubaugebiete ist geplant, um nur zwei Beispiele zu nennen. Für Experten steht aber fest, dass sich vor allem auch die Wirtschaft bewegen muss, wenn das gesteckte Klimaziel der Stadt erreicht werden soll.
Aktuell sind Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen für rund 50 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen im Stadtgebiet verantwortlich. Dieser Anteil verteilt sich in etwa zur Hälfte auf Industriebetriebe und auf die restlichen Sektoren, so steht es im aktuellen Klimaschutzbericht der Stadt. Für Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle steht damit fest: "Unsere Klimaziele können wir nur mit dem Zutun der Wirtschaft erreichen, denn sie ist zentral für die Vermeidung von Emissionen und die Entwicklung entsprechender Technologien."
Viele Augsburger Unternehmen fördern den Klimaschutz
Viele Firmen haben bereits erste Maßnahmen ergriffen. Die Brauerei Riegele beispielsweise bezieht Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage, hat von Heizöl auf Erdgas umgestellt und nutzt Elektrostapler im Logistikzentrum. Bei der Stadtsparkasse Augsburg gibt es eine eigene Abteilung, die das Thema Nachhaltigkeit koordiniert. Ziel ist die Klimaneutralität. Ein Thema, das auch bei Mietwäsche Greif auf der Agenda steht. Hotels können bereits klimaneutrale Bettwäsche ordern, dazu überprüft das Familienunternehmen regelmäßig seinen ökologischen Fußabdruck. Bei MAN Energy Solutions sollen bis 2030 nachhaltige Technologien den Großteil des Geschäfts ausmachen.
Es gibt noch weitere solcher Beispiele in Augsburg, weshalb Wirtschaftsreferent Hübschle eine Bewegung in die richtige Richtung sieht. Doch Klima- und Umweltschutz kosten Geld und brauchen Zeit, gibt er zu bedenken. Für viele Unternehmen - vor allem kleiner Betriebe und Dienstleister - gelte es, nicht nur punktuell aktiv zu werden, sondern das ganze Geschäftsmodell zu überdenken.
Eine Aufgabe, die Christoph Wiedemann, Chef von Glasbau Wiedemann, bereits angegangen ist. Seinen Betrieb in Haunstetten hat er 2020 klimaneutral gestellt und hierfür ein ganzes Bündel an Maßnahmen umgesetzt - vom Austausch der Beleuchtung auf LED, dem Einsatz dreifach verglaster Fenster im ganzen Gebäude bis hin zur Umstellung auf Ökostrom und das papierlose Büro. Auch der Kunde kann daran teilhaben und beispielsweise klimaneutral hergestellte Fenster kaufen.
Der Kauf eines E-Autos ist keine Klimastrategie
Obwohl sich bereits viele Unternehmen einig sind, nachhaltiger werden zu wollen, scheitert die Umsetzung oft noch in der Praxis. Die größte Hürde sieht der Augsburger Hochschulprofessor für Wirtschaft, Michael Krupp, bei den Kosten. "Dekarbonisierung, also die Vermeidung von CO2-Emissionen, ist mitunter schwierig und langwierig und mit hohen Investitionen verbunden." Noch wichtiger sei jedoch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen verhindern würden, dass Dekarbonisierung auch einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringe. "Klimafreundlichkeit wird nicht oder zu wenig belohnt, Investitionen sollten sich auch monetär auszahlen", sagt der Experte. Auch Christoph Wiedemann macht diese Erfahrung. "Wir nehmen an vielen Ausschreibungen teil, bei denen am Ende nicht zwangsläufig der mit der besten Klimabilanz punktet", beschreibt er.
Dennoch ist der Geschäftsmann überzeugt, dass für Unternehmen jetzt die Zeit gekommen ist, in das Thema Nachhaltigkeit zu investieren. "Wer es jetzt nicht tut, hat in zehn Jahren ein ernsthaftes Problem", ist er überzeugt. Gesetzliche Auflagen, der Druck der Gesellschaft und der Kunden werde dann ein anderer sein als heute und auch Professor Manfred Uhl, Marketing-Experte an der Hochschule Augsburg, ist sicher: "Nachhaltigkeit zu ignorieren, wäre ein fataler strategischer Fehler." Ein einziges E-Auto im Betrieb als Beitrag für den Umweltschutz zu verkaufen, reiche schon heute nicht mehr aus, um bei der Öffentlichkeit zu punkten. Dieses als "Greenwashing" (zu Deutsch: "grün waschen") bezeichnete Vorgehen werde schnell durchschaut.
Stadt Augsburg will den Klimapakt mit der Wirtschaft
Die Stadt Augsburg weiß, wie wichtig es also ist, die Wirtschaft mit ins Boot zu nehmen, will man die Klimaziele erreichen. Gemeinsam mit verschiedenen Partnern sollen deshalb bereits bestehende Informationsangebote stärker beworben und neue geschaffen werden. Gelingen soll das unter anderem mit dem Klimapakt, den die Stadt gemeinsam mit der Wirtschaft schließen will. Er soll im ersten Quartal 2022 unterschrieben werden.