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Augsburg: Schädlingsbekämpfer rücken Ratten in Augsburg auf den Pelz

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Schädlingsbekämpfer rücken Ratten in Augsburg auf den Pelz

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    In Augsburg gibt es mehr Wanderratten als Einwohner.
    In Augsburg gibt es mehr Wanderratten als Einwohner. Foto: Staatssammlung, dpa

    Woran erkennt man ein Rattenloch? Ganz einfach, sagt Karlheinz Prestel. Aus einer runden Öffnung im Erdreich führt eine deutliche Spur hinaus ins Freie. Sie sieht aus wie ein kleiner ausgetretener Trampelpfad durchs Gras. Prestel kennt sich aus mit typischen Spuren. Er ist professioneller Schädlingsbekämpfer und regelmäßig in Augsburg unterwegs. Fachleute wie er kümmern sich darum, dass Ratten nicht überhandnehmen. Mehrere Firmen sind im Stadtgebiet im Einsatz. Denn Ratten gibt es in Augsburg wohl deutlich mehr als Einwohner.

    Schädlingsbekämpfer sucht nach Rattenlöchern

    Wir treffen Prestel bei einem Einsatz an einem der schönsten Orte in Augsburg, am Stadtgraben beim Fünfgratturm. Die Natur am historischen Kanal nahe der Kahnfahrt ist idyllisch. Große Bäume lassen ihre Zweige ins Wasser hängen. Enten schwimmen gemütlich herum. Doch am Rand des Stadtgrabens, zwischen Baumwurzeln und unter kleinen Brücken, fühlen sich auch Tiere wohl, die bei Anwohnern für Unruhe und Ärger sorgen: Wanderratten. Für Schädlingsbekämpfer Prestel ist der Stadtbach zwischen Kahnfahrt und Rotem Tor ein häufiger Einsatzbereich. Alle drei Monate geht er im Auftrag der Stadt die Strecke ab, um am Ufer nach Rattenlöchern zu suchen.

    Schädlingsbekämpfer Karlheinz Prestel bringt am Stadtgraben ein Schild an. Darauf wird vor Rattenködern gewarnt, die er gerade auslegt.
    Schädlingsbekämpfer Karlheinz Prestel bringt am Stadtgraben ein Schild an. Darauf wird vor Rattenködern gewarnt, die er gerade auslegt. Foto: Annette Zoepf

    Immer wenn er unterwegs ist, hat er einen großen weißen Plastikeimer dabei. Daraus holt er kleine braune Klötzchen mit Gift hervor, die er tief in die Löcher steckt. Gleich anschließend greift Prestel in eine große Tragetasche mit Warntafeln. Die Schilder befestigt er gut sichtbar an Bäumen oder Pfosten in der Umgebung. „Vorsicht Rattenköder. Vergiftungsgefahr.“ Neben der Warnung ist vorsichtshalber auch die Nummer des Giftnotrufs München vermerkt – und das richtige Gegengift. Viele Passanten laufen vorbei, während der Schädlingsbekämpfer seiner Arbeit nachgeht. Weil Prestel neutrale Freizeitkleidung ohne Firmenlogo trägt, fällt kaum jemandem auf, womit er beschäftigt ist. Nur mit aufmerksamen Hundebesitzern hat er manchmal Diskussionen.

    Halbwissen aus dem Internet

    Sie machen sich Sorgen, dass ihr Vierbeiner versehentlich einen Rattenköder schlucken könnte. In solchen Fällen erkläre er dann die strengen Vorschriften und Kontrollen, die für seine Arbeit gelten, sagt Prestel. „Man will ausschließen, dass Hunde oder andere Tiere mit dem Gift in Berührung kommen.“ Nicht alle Passanten lassen sich überzeugen. Schwierig werde es, wenn Hundehalter Halbwissen aus dem Internet hätten, erzählt Prestel, dann seien die Gespräche oft schwierig.

    Prestel: Wenn nichts getan wird, besteht die Gefahr, dass Wanderratten zur Plage werden.
    Prestel: Wenn nichts getan wird, besteht die Gefahr, dass Wanderratten zur Plage werden. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa (Symbol)

    Apropos Gift: Im Gegensatz zu früher dürfen Schädlingsbekämpfer heute keine schnell wirkenden Stoffe mehr verwenden. Heutzutage setzen sie Mittel mit Blutgerinnungshemmern ein. Damit werden Ratten langsam schwächer und sterben in der Regel in ihrem Bau. „Das ist die schonendere und effektivere Methode“, sagt Prestel. Ein weiterer Vorteil: So können Ratten nicht zur giftigen Beute von Greifvögeln oder anderen Wildtieren werden. Aber auch diese Mittel dürfen nach seinen Angaben nur geprüfte Fachleute kaufen und anwenden.

    Mehr als 700.000 Wanderratten in Augsburg

    Aber muss man Ratten überhaupt vergiften? Könnte man sie nicht leben lassen wie andere Tiere? Prestel sagt, wenn nichts getan werde, bestehe die Gefahr, dass Wanderratten zur Plage werden. Denn in Städten gibt es ohnehin sehr viele. Wie groß die Zahl in Augsburg ist, weiß keiner genau. Die Tiere leben im Verborgenen, meist in der Kanalisation, sodass man sie nicht zählen kann. Fachleute schätzen aber, dass in deutschen Städten auf jeden Einwohner 2,5 Ratten kommen. Das wären bei rund 300.000 Einwohnern in Augsburg mehr als 700.000 Wanderratten.

    Und auch in Augsburg gibt es Stellen, an denen sich die Tiere besonders stark vermehren und zum Problem werden. Prestel sagt, dass dahinter sehr oft Menschen stecken, die damit großen Schaden anrichten. Aus falsch verstandener Tierliebe würden beispielsweise im öffentlichen Raum Enten oder Tauben gefüttert. Tatsächlich profitieren von den Essensresten aber vor allem Ratten.

    Als eine Problemzone gilt seit Jahren der Bereich am Stadtbach beim Jakobertor. Eine Anwohnerin erzählt, dass dort Ratten sogar tagsüber auf Gehwegen zu sehen sind. Oder sie laufen in der kleinen Grünanlage zwischen Tauben herum, die nach Futter picken. Das ist auch an diesem Tag reichlich vorhanden. Auf dem Boden liegen Körner und Haferflocken. „Eine ältere Frau aus der Nachbarschaft füttert die Vögel regelmäßig“, weiß Prestel von Anwohnern. „Das ist es genau, was Ratten anzieht.“ Die Frau sei davon aber nicht abzubringen.

    Wenn die Ratte auf Überraschungseier steht

    Am Jakobertor muss der Schädlingsbekämpfer oft eingreifen, damit Ratten nicht überhandnehmen. Anwohner schlagen relativ häufig Alarm bei der Stadt, auch weil die Tiere als Überträger von Krankheiten gelten. Fragt man Prestel, empfindet er keine Abscheu oder Furcht – eher schon Respekt. Ratten seien sehr intelligente und mutige Individuen, sagt er, das habe er bei seiner Arbeit schon öfter feststellen können. Der Schädlingsbekämpfer kann sich etwa an einen Fall in einem Supermarkt erinnern, wo sich Ratten eingenistet und dann auf bestimmte Lebensmittel spezialisiert hatten. Die eine fraß nur Avocados, eine andere nur Überraschungseier.

    Prestel ist nicht nur im Auftrag der Stadt unterwegs. Er und andere Schädlingsbekämpfer in Augsburg werden auch von Firmen und Privatleuten zu Hilfe gerufen. In vielen Fällen hätten die Probleme mit Ratten nichts mit mangelnder Hygiene zu tun, erzählt der 55-Jährige mit 26 Jahren Erfahrung in diesem Beruf. Es können auch ganz andere Gründe dahinter stecken, wenn sich die Tiere plötzlich unkontrolliert an der falschen Stelle vermehren.

    Einmal wurde Prestel in eine Augsburger Wohnanlage gerufen. Eine Bewohnerin war drei Monate verreist. Als als sie zurückkam, war ihre sehr gepflegte Wohnung voller Ratten. Die Tiere seien durch die Toilette in die Wohnung im dritten Stockwerk eingedrungen, erzählt Prestel. Der Klodeckel sei die ganze Zeit über offen gestanden. „Wir haben mehr als ein Dutzend Ratten gefangen.“

    Lesen Sie dazu auch: Nehmen die Ratten in Augsburg überhand?

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