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Augsburg: Sage um Stoinernen Ma: Wurden Belagerer wirklich mit Brot besiegt?

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Sage um Stoinernen Ma: Wurden Belagerer wirklich mit Brot besiegt?

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    Der Stoinerne Ma steht in einer Nische in der Stadtmauer hoch oben über dem Stadtgraben. Der Gegenstand im linken Arm der Kalksteinfigur soll ein Brotlaib sein.
    Der Stoinerne Ma steht in einer Nische in der Stadtmauer hoch oben über dem Stadtgraben. Der Gegenstand im linken Arm der Kalksteinfigur soll ein Brotlaib sein. Foto: Silvio Wyszengrad

    Etwas versteckt steht er in einer Nische in der historischen Augsburger Stadtmauer. Sein Käppi ist verrutscht, der Gesichtsausdruck grimmig und entschlossen. Der Stoinerne Ma darf so dreinblicken. Schließlich soll er einen Helden darstellen, der für seine mutige Tat nicht nur einen Arm verloren, sondern mit seinem Leben bezahlt hat.

    Um die 1,13 Meter große Figur aus Kalkstein rankt sich eine der bekanntesten Sagen der Fuggerstadt. Viele Schüler bekommen im Heimatkundeunterricht die Geschichte des steinernen Mannes erzählt. Auch Historiker Franz Häußler hat schon in unserer Zeitung über die Sage berichtet. Laut der Erzählversion soll sich am 22. März 1635 Folgendes abgespielt haben:

    In Augsburg herrscht zu der Zeit eine schreckliche Hungersnot. Schon seit Oktober 1634 belagern kaiserliche und bayerische Truppen die Stadt, die zudem von Schweden besetzt ist.

    Der Sage nach kratzt er seine letzten Mehl- und Kleiereste zusammen und bäckt damit einen großen Laib Brot. Dann besteigt Hacker die Stadtmauer und hält das Brot in die Höhe. Er will den Belagerern vorgaukeln, dass die Bürger noch reichlich Vorräte haben. Das ist sein Todesurteil. Die Belagerer schießen. Der Bäcker wird getroffen, verliert den rechten Arm und erliegt seinen schweren Verletzungen.

    Geschichte nicht wahr

    Der Wahrheitsgehalt der Geschichte hält laut Historiker Franz Häußler einer Überprüfung der Tatsachen allerdings nicht stand. „Das ergaben akribische Nachforschungen des 1940 verstorbenen Heimatforschers Eduard Lampart.“ Dieser habe zwar einen Bäcker Conradt Hackher ausfindig machen können, der zu eben dieser Zeit starb – doch sicher nicht auf die erzählte Weise. So lagen die Befestigungen der Schweden weit vor der Stadtmauer und nicht in Schussweite. „An dem genannten 22. März 1635 liefen bereits Verhandlungen zwecks Übergabe der Stadt, die am 24. März erfolgte. Die Belagerer zogen nicht ab, wie es in der Sage heißt, sondern in die Stadt hinein“, so Häußler, der sich auf die Nachforschungen von Lampart bezieht.

    Erst etliche Jahrzehnte nach Ende des Dreißigjährigen Krieges soll sich die Sage um den heldenhaften Bäcker entwickelt haben. Für ihre Entstehung hatte Heimatforscher Lampart folgende Erklärung: Die Erinnerung an die schreckliche Hungersnot, bei der 11903 Menschen starben, blieb bei den Bürgern tief verwurzelt. Erklärungen und Mutmaßungen rankten sich um die damaligen Abläufe. Bürgerschläue, Mut und Kriegsnöte nahmen in einer Steinfigur Gestalt an. Diese stand zunächst am Haus des reichsstädtischen Bauwarts am sogenannten Unteren Graben. Die Einzelteile der Steinfigur stammen aus der Zeit vor 1550. Sie waren vermutlich aus dem 1703 zerstörten Friedhof beim Lueginsland geborgen worden.

    Der Bauwart setzte den Körper ohne Beine, der mit einer Art Brustlatz und einem Harnischschurz versehen ist, auf einen Marmorsockel. Die Augsburger deuteten das schräg sitzende Käppi als Bäckermütze, den Gegenstand am linken Arm als Brotlaib und den fehlenden rechten Arm als „weggeschossen“. Der Stoinerne Ma sei das Denkmal für den Bäcker Konrad Hacker, wurde 1828 behauptet. Anfang des 19. Jahrhunderts kam das Haus in private Hände. Der neue Besitzer entfernte die Steinfigur. Doch die bayerische Stadtkommission ordnete die Wiederaufstellung am alten Platz an.

    Immer wieder beschädigt

    Der Stoinerne Ma wurde immer wieder umgeworfen und beschädigt. X-Mal wurde ihm die Nase abgeschlagen. Er bekam eine aus Eisen. 1930 widerstand die Stadt Augsburg einem Kaufangebot der Reichsorganisation der Steinmetze. Diese bot 30000 Mark, um die Figur als Zunftzeichen in Berlin aufzustellen. Als das Haus zu einer Ruine wurde, bekam der Stoinerne Ma nach einer Generalüberholung 1955 einen neuen Platz: die Nische des Stadtmauerturms hoch oben über dem Stadtgraben. Von dort hat der grimmig und entschlossen dreinblickende Mann aus Stein den Blick auf seinen einstigen Standort.

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