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Augsburg: Ruf nach Änderungen bei Nahverkehrstarifen im AVV wird laut

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Ruf nach Änderungen bei Nahverkehrstarifen im AVV wird laut

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    Mit der Tarifreform von 2018 stieg in Augsburg die Zahl der Abonnenten deutlich, gleichzeitig ging die Zahl der Gelegenheitsfahrer zurück.
    Mit der Tarifreform von 2018 stieg in Augsburg die Zahl der Abonnenten deutlich, gleichzeitig ging die Zahl der Gelegenheitsfahrer zurück. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

    Drei Jahre nach Inkrafttreten der bei vielen Fahrgästen heftig umstrittenen Tarifreform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) gibt es in Teilen der Politik im Raum Augsburg nun die Forderung, das Tarifsystem weiterzuentwickeln. Vor allem aus Reihen von Grünen und SPD, aber auch aus der Augsburger CSU kamen am Mittwoch bei einer gemeinsamen Sitzung von Stadt- und Kreisräten entsprechende Forderungen.

    Der Augsburger CSU-Stadtrat Matthias Fink sagte in Abstimmung mit dem Grünen Koalitionspartner und Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle, dass man sich den Folgen der Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 für Gelegenheitsfahrgäste in Augsburg, dem Wegfall des Seniorenabos und dem coronabedingten Fahrgastschwund stellen müsse. „Wenn wir das wollen, wird es aber nicht ohne mehr Geld gehen“, so Fink. Demnächst werde Schwarz-Grün in Augsburg den Antrag stellen, den Freistaat wegen mehr Förderung für den Nahverkehr in Augsburg und Umland anzugehen. „Denn von den Fahrgästen oder den Kommunen kann das Geld nicht kommen“, so Fink. Besonders die Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 für Barzahler sorgte für Proteste, weil sich für einen Teil der Fahrgäste der Fahrpreis dadurch verdoppelte. Zwar stiegen die Abozahlen in der Stadt deutlich, gleichzeitig kehrten manche Gelegenheitsfahrgäste dem Nahverkehr komplett den Rücken.

    Tarifreform bescherte dem AVV mehr als zwei Prozent mehr Einnahmen

    Die Sitzung in der Neusässer Stadthalle, zu der Stadt und Kreisräte aus Augsburg und den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen am Mittwoch zusammenkamen, geriet zu einer fast zweistündigen Generaldebatte über das Tarifsystem.

    Formal sollte es eigentlich nur darum gehen, die Ergebnisse einer Evaluierung durch ein Beratungsunternehmen im Auftrag des AVV zur Kenntnis zu nehmen. Wie berichtet bewerten die Berater des auf Nahverkehr spezialisierten Unternehmens Civity die Tarifreform als Erfolg, gemessen an den damaligen Zielen. Priorität hatte, mehr Einnahmen für den AVV zu erzielen, um die jährlichen Defizite zu verringern, und die Fahrgastzahlen zu steigern. Die Reform sei „nahezu komplett erfolgreich“, so Civity-Berater Jan Heistermann. Die Einnahmen stiegen in den Jahren 2018 und 2019 (2020 mit der Corona-Pandemie war nicht Untersuchungsgegenstand) um mehr als zwei Prozent, die Fahrgäste legten fünf Prozent mehr Kilometer zurück (die Zahl der Fahrten stieg aber nur um bescheidenere 0,8 Prozent).

    AVV-Aufsichtsrat und Landrat Martin Sailer (CSU) sagte in Richtung der Kritiker, man müsse die damaligen Ziele zum Maßstab der Bewertung machen. In der Tat wurde die Evaluierung fraktionsübergreifend fast einstimmig zur Kenntnis genommen. Gleichwohl räumte Sailer ein, dass man darüber diskutieren könne, ob man aus heutiger Sicht angesichts der Diskussionen um Klimawandel und den Fahrgastschwund durch Corona die Prioritäten wieder gleich setzen würde. Die CSU-Kreisräte Lorenz Müller (Landkreis Augsburg) und Peter Tomaschko (Aichach-Friedberg) wiesen darauf hin, dass man aber auch aufs Geld schauen müsse. „Ich weiß nicht, ob die Ziele aktuell so ganz anders formuliert würden. Es muss jemand geben, der das bezahlt“, so Tomaschko. Die Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg bezuschussen den Nahverkehr mit zehn bzw. acht Millionen Euro pro Jahr, in Augsburg fallen bei den Stadtwerken mehr als 40 Millionen Euro Defizit pro Jahr in der Verkehrssparte an.

    SPD und Grüne fordern Weiterentwicklung der Tarifreform

    Speziell von SPD und Grünen aus Stadt und Land gab es dennoch den dringenden Appell, die Reform nicht so zu lassen, wie sie ist. „Wir brauchen eine Weiterentwicklung“, so der Augsburger Grünen-Stadtrat Matthias Lorentzen. Bei der Reform habe der Fokus auf Abonnenten gelegen, doch wenn nun viele Gelegenheitsfahrgäste den Nahverkehr meiden, müsse man sich Gedanken machen.

    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka sagte, dass Änderungen bei den Tarifen vor allem für bestehende Nutzer von Bedeutung seien.
    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka sagte, dass Änderungen bei den Tarifen vor allem für bestehende Nutzer von Bedeutung seien. Foto: Annette Zöpf (Archivbild)

    Die Maßgabe der Kostenneutralität habe zur Folge gehabt, dass es Gewinner und Verlierer gab. Inzwischen kämen auf den Nahverkehr noch ganz andere Herausforderungen zu. Corona habe viele Berufstätige zu Radlern gemacht, die den Nahverkehr nur im Winter nutzen wollen, gleichzeitig sei Homeoffice mit weniger Bürotagen wohl eine dauerhafte Realität. „Wir verlieren diese Abonnenten jetzt im Moment, weil es sich für sie nicht mehr lohnt. Da müssen wir schnell reagieren“, so Kreisrätin Gabi Olbrich-Krakowitzer (ÖDP; Landkreis Augburg). Ihr Kollegen Harald Güller (SPD) sagte, man müsse sich Gedanken machen, warum es nicht gelungen sei, Bürger, die keinen Nahverkehr nutzen, durch die Reform anzusprechen. „Das wäre ein großes Potenzial“, so Güller.

    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka sagte, dass Änderungen bei den Tarifen vor allem für bestehende Nutzer von Bedeutung seien. „Diejenigen, die eh schon im System waren, wurden zur Mehrnutzung animiert“, so Kisabaka. „Aber jemanden, der eh Auto fährt, wird nicht durch Tarifänderungen gewonnen, sondern durch Änderungen beim Angebot.“ Diese Diskussionen werde man in den kommenden Monaten und Jahren führen müssen. „Die Tarifreform ist nur ein kleiner Teil des Gesamtbildes.

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