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Augsburg: Prozess: Prostituierte betrügt 75-Jährigen und inszeniert ihren Tod

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Prozess: Prostituierte betrügt 75-Jährigen und inszeniert ihren Tod

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    Erst verlor sie ihren Mann, dann ihr Baby: Die Flucht in die Prostitution schien für eine Frau aus Rumänien danach die einzige Chance, ihren Unterhalt zu verdienen. Einen Senior aus dem Raum Augsburg betrog sie um viel Geld.
    Erst verlor sie ihren Mann, dann ihr Baby: Die Flucht in die Prostitution schien für eine Frau aus Rumänien danach die einzige Chance, ihren Unterhalt zu verdienen. Einen Senior aus dem Raum Augsburg betrog sie um viel Geld. Foto: Dedert, dpa (Symbolfoto)

    Marina P.*, 32 Jahre alt, hat eine traurige Geschichte zu erzählen, die manches erklären mag. Sie sitzt an diesem Tag in einem Gerichtssaal im Augsburger Amtsgericht, ihr wird Betrug in Dutzenden Fällen vorgeworfen, eigentlich ist die Sache schnell rum. Ihre Anwälte haben im Prozess einen Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft ausgehandelt, die Angeklagte wird eine Bewährungsstrafe erhalten, sie braucht dafür nicht mehr viel zu tun außer kurz und bündig zu gestehen, was sie auch macht. Als Richter Dominik Wagner die Frau zu ihrer persönlichen Lebenssituation befragt, beginnt sie zu erzählen.

    Sie stamme aus Rumänien, sagt sie, habe dort einen Schulabschluss gemacht, vergleichbar mit der Mittleren Reife in Deutschland. Später habe sie Köchin gelernt und in dem Beruf auch gearbeitet. Sie sei verheiratet gewesen und hochschwanger, als ihr Mann bei einem Unfall gestorben sei. Kurz darauf habe sie ihr Kind verloren. Und sich danach nicht anders zu helfen gewusst, als in die Prostitution zu gehen und im Ausland zu arbeiten, unter anderem in einem Bordell in Augsburg. Offenbar auch, wie in der Verhandlung durchklingt, um andere Familienmitglieder finanziell zu unterstützen. Anwalt Manuel Schwarz, einer ihrer beiden Verteidiger, spricht später im Plädoyer von einer „Ernährer-Position“, in die sich seine Mandantin nach dem Schicksalsschlag gedrängt gefühlt habe.

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    Vielleicht sah sie deshalb Karl S.*, 75 Jahre alt und Witwer und Freier der Prostituierten in Augsburg, als Chance aufs schnelle Geld. Sie brachte den Senior, der im Landkreis Augsburg lebt, jedenfalls um enorme Summen, und das mit immer absurder werdenden Lügengeschichten. Den Ermittlungen der Augsburger Kripo zufolge lernte die Frau den 75-Jährigen im Herbst 2017 kennen, als er ihr Kunde in einem Augsburger Bordell war. Sie gab sich ihm demnach gegenüber als russische Staatsbürgerin mit dem Namen Natascha aus, traf den Senior regelmäßig, erzählte laut Anklage, dass ihre Mutter schwer am Herz erkrankt sei und sie Geld für die Behandlungskosten in St. Petersburg benötige. Später, dass sie selbst Magenkrebs habe und hierfür von Karl S. Geld für die Behandlungskosten benötige. Schließlich, dass ihr Vater in Russland verstorben sei und sie Geld für die Beerdigungskosten brauche.

    Irgendwann meldete sich dann eine „Viktoria“ beim Senior aus dem Raum Augsburg, die sich als Schwester von Marina P. vorstellte. Die 32-Jährige sei verstorben, behauptete die Frau, man benötige Geld für die Beerdigung. Ihr angeblicher Tod hielt Marina P. nicht davon ab, Karl S. im Juli 2019 um Geld für einen Flug nach Deutschland zu bitten. Sie sei am Leben, aber wiederum von ihrer Schwester Viktoria betrogen worden. Alles flog auf, als Nachbarn von Karl S. in Sorgen um den Senior zur Polizei gingen. Im November 2019 kam die Prostituierte in Untersuchungshaft. Bis dahin hatte ihr Karl S. der Anklage zufolge 166.900 Euro gegeben.

    Amtsgericht Augsburg verurteilt Prostituierte zu Bewährungsstrafe

    Verurteilt wird die 32-Jährige, die bislang nicht vorbestraft war, vom Schöffengericht schließlich wegen 23-fachen Betruges, in dem es noch um eine Gesamtsumme von 90.450 Euro ging. Sie erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Das Gericht, Staatsanwalt Andreas Roth und die Verteidigung hatten sich zuvor im Rahmen einer Verfahrensverständigung darauf geeinigt, sich auf die Taten zu beschränken, die sich nach dem 1. Januar 2019 abspielten. Karl S. sagt in der Verhandlung, er habe niemanden gehabt, er sei todtraurig. Sehr viel mehr kann und muss er an diesem Tag nicht sagen, auch da der Sachverhalt durch das Geständnis der Angeklagten feststeht.

    Dass er Opfer eines Betruges geworden war, seine vermeintliche Vertraute ihn angelogen hatte, hatte den betagten Witwer offenbar schockiert. Er sei bei der Vernehmung aus allen Wolken gefallen, sagt ein Kripobeamter im Prozess. Obligatorisch ist die Einziehung der 90.450 Euro Schaden als Wertersatz. Zudem hob das Gericht den Haftbefehl gegen die 32-Jährige auf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. *Namen geändert

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