Der Zeitpuffer für den Bau der Straßenbahngleise westlich des Bahnhofstunnels schmilzt zusammen. Während die Bauarbeiten für den Tunnel, der Fußgänger, die Straßenbahnlinie 3 sowie die geplante Linie 5 unter dem Hauptbahnhof durchleiten soll, im Zeitplan sind (geplante Fertigstellung ist 2023), gibt es nach wie vor noch keine Baugenehmigung für den Gleisanschluss im Westen.
Bei den Stadtwerken hält man die plangemäße Fertigstellung noch für möglich, allerdings klangen die Äußerungen in der Vergangenheit schon zuversichtlicher. Faktisch ist der Zeitplan jetzt äußerst eng. Sollten Genehmigung, Detailplanung, Vergaben und Bau nicht innerhalb der verbleibenden gut zweieinhalb Jahre machbar sein, würde der 230- bis 250-Millionen-Euro-Tunnel zunächst zur Endhaltestelle mit Wendeschleife für die Trams der Linien 4 und 6 werden, aber erst einmal keine Straßenbahnen der Linie 3 und später der Linie 5 durchlassen. Eine unbekannte Größe ist auch eine drohende Klage von Anliegern in der Hörbrotstraße. Sie haben schon angekündigt, rechtlich gegen eine etwaige Genehmigung an dieser Stelle vorzugehen. Auch das könnte für eine Verzögerung sorgen.
Aktuell hat das Genehmigungsverfahren für die Trassenführung vom Tunnelausgang am Sebastian-Buchegger-Platz bis zur Pferseer Luitpoldbrücke noch nicht einmal begonnen. Die Planungen laufen seit Jahren. Zuletzt prüften die Stadtwerke 33 Varianten. Aktuell ist vorgesehen, die Straßenbahnen aus dem Tunnel über die Rosenau- zur Pferseer Straße zu führen. Vor der Luitpoldbrücke zweigt die künftige Linie 5 in die Holzbachstraße ab, die Dreier fährt wie gewohnt weiter nach Stadtbergen. In Gegenrichtung fahren beide Linien ab der Luitpoldbrücke über die Perzheim- und Hörbrotstraße zum Tunneleingang. Die Pferseer Unterführung spielt künftig keine Rolle mehr für den Straßenbahnverkehr. An dieser Vorzugsvariante, auf die man sich nach langem Hin und Her 2016 geeinigt hatte, halten die Stadtwerke nach wie vor fest. Daran hätten auch neue vorgeschlagene Varianten und Diskussionen nichts geändert, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg.
Wo soll die Linie 3 am Augsburger Bahnhof fahren?
Die Frage der richtigen Trassenwahl westlich des Bahnhofstunnels ist seit Jahren umstritten. Denn egal wo die Straßenbahn fährt - der Platz ist knapp und die Verkehrsdichte hoch. Eine Führung durch die Hessenbachstraße wurde seitens Stadt und Stadtwerken zweimal favorisiert und verworfen. Neben der favorisierten Variante durch die Holzbachstraße wurde auch die Trassierung durch die nördliche Rosenaustraße, die wohl den direktesten Weg zur Uniklinik für die Linie 5 ebenen würde, untersucht. Diese Trasse hatte auch die SPD im Wahlkampf unter Berufung auf die Verkehrsexperten Herbert König (früher SPD-Stadtrat in Augsburg und zuletzt Chef der Münchner Verkehrsbetriebe) und Rainer Schnierle (früherer Netzplaner der Stadtwerke) gefordert. Stadt und Stadtwerke hatten hingegen frühzeitig auf einen maroden Kanal unter der Rosenaustraße, der neu gebaut werden müsste, hingewiesen. Auch der Baumbestand an der Rosenaustraße könnte so wohl nicht erhalten werden. Zu diesem Thema sind noch politische Diskussionen absehbar. Der alte Stadtrat hatte zu dem Thema nicht mehr entscheiden wollen und eine vertiefte Prüfung gefordert. Pläne und Gutachten zu Umweltauswirkungen und Lärm füllen inzwischen zig Ordner.
Die Planungen liegen aktuell bei städtischen Behörden zur Stellungnahme. In den kommenden Monaten soll sich der Stadtrat mit dem Thema befassen und sein Okay geben. Im Anschluss würden die Stadtwerke dann bei der Regierung von Schwaben die Unterlagen zur Planfeststellung (Genehmigung) einreichen.
Bei der Linie 5 sind noch einige Fragen offen
Sie betreffen nur den Gleisabschnitt ab dem westlichen Tunnelausgang, der nötig ist, um die Linie 3 nach Stadtbergen auf ihre Strecke in der Pferseer Straße zu bringen. Für die geplante Linie 5 zur Uniklinik geht der Planabschnitt bis zur Bgm.-Ackermann-Brücke, wobei dort bis auf Weiteres noch keine Straßenbahnen fahren werden. Denn die härteste Nuss bei der Linie 5 wird die Führung auf der Bgm.-Ackermann-Straße mit den Kreuzungen an der B17 (die Brücke und die Rampen müssten neu gebaut werden) und der Listle-Kreuzung an der Kriegshaber Straße/Hagenmähderstraße. Hier war zuletzt eine Verbreiterung von vier auf sechs Spuren im Gespräch, um diesen Knotenpunkt leistungsfähig zu halten. Für diesen Abschnitt sind die Planungen noch nicht so weit, dass die Stadtwerke in ein Genehmigungsverfahren gehen könnten. Eine Prognose, wann die Linie 5 zur Uniklinik fahren wird, mag momentan niemand abgeben.
Sollte der westliche Gleisanschluss des Bahnhofstunnels nicht bis August 2023 betriebsbereit sein, verweisen die Stadtwerke darauf, dass der Tunnel mit unterirdischer Straßenbahnhaltestelle unter den Bahnsteigen seine Aufgabe zumindest zum Teil dennoch erfüllen könnte. Über die Straßenbahnlinien 4 und 6, die künftig in der unterirdischen Wendeschleife statt in der Gleisschleife vor Peek & Cloppenburg in der Bahnhofstraße umkehren werden, seien Zug- und städtischer Nahverkehr ab 2023 garantiert verknüpft, so Fergg. "Entscheidend ist die Haltestelle, und die wird benutzbar sein." Mit dem Bahnhofstunnel sollen Eisen- und Straßenbahnverkehr so eng zusammenrücken, dass das Umsteigen nicht mehr als große Barriere wahrgenommen wird. Das soll insbesondere Pendler aus dem Umland zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr bewegen.
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