Die Polizei war vorbereitet. Man wusste vorher nicht, wie viele Menschen zu der Trauerfeier des bei einem Unfall tödlich verunglückten Irakers kommen würden. Schließlich hatte ein großer Auflauf an Trauernden an den zwei Tagen zuvor im Stadtteil Lechhausen Einsatzkräfte auf den Plan gerufen. Deshalb stand am Freitagvormittag ein Auto mit Zivilbeamten am Eingang des Gögginger Friedhofes, um die Lage im Blick zu behalten. Dann kam es anders als vermutet.
Mann aus Lechhausen stirbt bei Unfall
Ein 30-jähriger Mann aus Lechhausen war am Mittwoch bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Wie berichtet, passierte das Unglück in der Nähe von Bliensbach bei Wertingen. Ein 19-jähriger Autofahrer hatte bei einem Überholmanöver das entgegenkommende Auto eines 59-Jährigen übersehen, in dem der 30 Jahre alte Augsburger auf dem Beifahrersitz saß. Er starb bei dem Zusammenstoß. Beide Männer waren auf dem Weg zur Arbeit gewesen.
Trauerfeier in Lechhausen: Tiefe Bestürzung unter den Jesiden
Der getötete Lechhauser und seine Familie zählen zu den Jesiden, die im Irak eine Minderheit sind und von Terroristen des Islamischen Staates verfolgt werden. Nach Informationen unserer Redaktion war der Mann vor 13 Jahren nach Deutschland geflohen, um hier eine sichere Heimat zu finden. Die Familie lebte einige Jahre in München, zuletzt in Augsburg. Der Tod des Mannes hat vor allem unter der jesidischen Gemeinschaft weit über Augsburgs Grenzen hinaus Bestürzung ausgelöst. Deshalb kamen seit Mittwoch so viele Trauernde nach Lechhausen, um den Eltern, der Schwester und den fünf Brüdern ihr Beileid auszusprechen.
In Lechhausen war die Polizei teils mit drei Streifen im Einsatz
Die Polizei war vorübergehend mit drei Streifen in Lechhausen im Einsatz. Die Beamten in ihren neongelben Schutzwesten koordinierten die unablässig eintreffenden Trauernden, die zum Teil bis aus Kiel und Bielefeld angereist waren. Die coronabedingten Mindestabstände mussten eingehalten werden, die Menschen durften nur einzeln zu dem Haus der betroffenen Familie, um ihre Trauer zu bekunden. Teils bildeten sich im Bereich der Klausstraße Warteschlangen schwarz gekleideter Frauen und Männer. Entsprechend alarmiert war man bei der Polizei, was die Trauerfeier am Freitagvormittag auf dem Gögginger Friedhof betraf.
Offenbar schloss man einen großen Andrang nicht aus. Tatsächlich traf aber nur die Familie des Verstorbenen ein. Sie wurde seelsorgerisch begleitet von Amin Elias. Der Augsburger, der, wie er sagt, der Religionsmann jesidischer Christen sei, erklärte, wie diese Abschied von Toten nehmen.
Familie des Verstorbenen auf Gögginger Friedhof unter sich
"Bei uns Jesiden wird drei Tage lang getrauert." In dieser Zeit kämen Freunde und Familienangehörige zum Kondolieren. Der Verstorbene sei sehr beliebt und in einer Gemeinschaft von rund 300 Menschen eingebunden gewesen. So lässt sich auch die große Anteilnahme in Lechhausen erklären. "Er war so ein guter Junge, ein Mensch mit einem großen Herz", so Elias. Weil er selbst befürchtet hatte, dass viele Menschen kommen, und es ein Problem bei der Trauerfeier aufgrund der Corona-Einschränkungen geben könnte, hatte der Religionsmann bereits am Mittwoch auf Facebook einen Beitrag verfasst. Darin habe er darum gebeten, wegen Corona dem Gögginger Friedhof fern zu bleiben und die Hinterbliebenen lieber anzurufen.
So trauerte die Familie des Verstorbenen am Friedhof unter sich. Gemeinsam standen Eltern und Geschwister um den Sarg, strichen mit ihren Händen immer wieder über das Holz, klagten und weinten. Der Leichnam soll in den nächsten Tagen in den Irak überführt und dort bestattet werden.
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