Die Idee klingt simpel: Man schiebt eine mit Solarzellen bestickte Dünnschichtfolie in eine Glasröhre und versiegelt die Konstruktion mit einem Verschluss, der den über die Solarzellen erzeugten Strom nach außen ableitet. Schaltet man mehrere dieser Röhren hintereinander, erhält man ein ein mal zwei Meter großes Solarmodul, das Vorteile gegenüber Mitbewerbern bringt: Es ist deutlich leichter als bisherige Konstruktionen und dazu licht-, wasser- sowie winddurchlässig. Gerade im Bereich der Agro-Photovoltaik könnte dieses Produkt deshalb weltweit Abnehmer finden.
Die Tubesolar AG ist an der Börse notiert
Entwickelt und gebaut werden diese Solarmodule von der Augsburger Tubesolar AG. Doch die Idee stammt ursprünglich von Beschäftigten des ehemaligen Lampenherstellers Ledvance (früher Osram). Dort hat man schon vor einigen Jahren am Standort Augsburg begonnen, diese Technologie zu entwickeln. Weil das Projekt bis zur Standortschließung nicht zur Marktreife kam, sicherte sich der ehemalige Osram-Mitarbeiter Jürgen Gallina zusammen mit dem Finanzexperten Reiner Egner die Patente für die neue Art von Solarmodulen von Osram/Ledvance und übernahm Mitarbeiter der entsprechenden Abteilung. Ende 2019 wurde schließlich das Spin-off Tubesolar AG gegründet – mit Sitz in den Hallen der ehemaligen Leuchtstoffröhrenfertigung von Ledvance an der Berliner Allee.
Unter den Modulen könnten Tiere grasen und Pflanzen wachsen
„Dieses Projekt ist das beste Beispiel dafür, wie man mit Experten und einem pfiffigen Team aus einer alten Technologie eine neue entwickeln kann“, sagt Reiner Egner. Derzeit sind die Augsburger die einzigen am Markt, die diese Art von Solarmodulen anbieten. Der Vorteil ist im Schlagwort Agro-Photovoltaik zu sehen: Weil die Tubesolar-Module so leicht sind, lassen sie sich deutlich unkomplizierter als bisher übliche Modelle aufständern und in größeren Höhen beispielsweise über landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen aufbauen.
„Weil unsere Module licht- und wasserdurchlässig sind, können sie drunter weiter Gemüse oder Wein anbauen oder Tiere grasen lassen. Landwirtschaftliche Flächen können so doppelt genutzt werden“, erklärt Gallina die Vorteile. Weil immer mehr Bundesländer bald eine Photovoltaik-Pflicht vor allem für gewerblich genutzte Neubauten einführen wollen, eröffnet sich ein weiterer Absatzmarkt. Wieder seien das niedrige Gewicht und die Durchlässigkeit Vorteile. Tubesolar-Module stellen geringere Anforderungen an die Traglast von Dächern und können auch über begrünte Flächen gesetzt werden.
Die Geschäftsführer sind überzeugt, mit dieser Idee weltweit Erfolg haben zu können. Ziel sei die Expansion und ein Anstieg der Mitarbeiterzahlen von derzeit 37 auf etwa 250 Beschäftigte innerhalb kürzerer Zeit. Standort des Unternehmens soll Augsburg bleiben.
Wirtschaftsminister Aiwanger bringt 10,8 Millionen Euro Förderung mit
Die Idee von Tubesolar hat den Freistaat Bayern überzeugt, der aktuell immer wieder innovative Projekte fördert. Tubesolar erhält nun zusätzlich zu den bereits 100 Millionen Euro für verschiedene Projekte in Augsburg eine Förderung von rund 10,8 Millionen Euro. Das ist mehr Geld als zuletzt MAN Energy Solutions für die Entwicklung eines Wasserstoff-Elektrolyseus zugesagt bekommen hat (rund fünf Millionen Euro). Bei einem Werksbesuch am Mittwoch sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger: „Bei Tubesolar konnten wir alle Fördergrenzen voll ausschöpfen. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Produkt große Chancen auf Erfolg haben wird.“
Dafür will Tubesolar auch stehen und schnell wachsen. Noch werden die Solarmodule in Handfertigung hergestellt, um herauszufinden, wie man exakt vorgehen und welche Ansprüche eine hoch automatische Fertigung erfüllen muss, sagt Jürgen Gallina. Diese ist das Ziel und soll im ersten Quartal 2021 an den Start gehen. Dann will man auch erste Pilotanlagen testen. Ab Sommer 2021 wäre man dann bereit, erste Kunden zu beliefern. Interessenten gebe es schon, so Reiner Egner.
Lesen Sie auch:
- Solarstromanlage: So wird die Umsatzsteuer erstattet
- Betreibern von Solarstromanlagen kann Bußgeld drohen
- Söders 100 Millionen für Augsburg: Wohin das Geld fließt
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.