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Augsburg: Pflegeheime kämpfen in der Corona-Krise mit vielen Problemen

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Pflegeheime kämpfen in der Corona-Krise mit vielen Problemen

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    Das Personal in den Augsburger Pflegeheimen wird durch Corona vor vielseitige Herausforderungen gestellt. Die Stadt Augsburg bemüht sich, einige Probleme schnell zu lösen.
    Das Personal in den Augsburger Pflegeheimen wird durch Corona vor vielseitige Herausforderungen gestellt. Die Stadt Augsburg bemüht sich, einige Probleme schnell zu lösen. Foto: Felix Frieler, dpa (Symbol)

    So schnell hatte Michaela Weber, Bereichsleiterin bei der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH, nicht damit gerechnet, mit dem Coronavirus konfrontiert zu werden. Doch schon am 28. März war es soweit: Ein Bewohner des Augsburger Caritas-Heims St. Verena zeigte Symptome, am 1. April waren es bereits acht Bewohner, die über typische Symptome der Viruserkrankung klagten. „Am Anfang war alles schwer. Es wurden keine Abstriche gemacht, es gab keine Medikamente“, sagt Michaela Weber. Wie sich die Situation bis heute entwickelt hat.

    Pflegekräfte sind in Corona-Zeiten besonders gefordert. Ältere Menschen gelten als besonders gefährdet - und auch die soziale Isolation macht einigen zu schaffen.
    Pflegekräfte sind in Corona-Zeiten besonders gefordert. Ältere Menschen gelten als besonders gefährdet - und auch die soziale Isolation macht einigen zu schaffen. Foto: dpa (Symbol)

    Die Einrichtung reagierte: Sie richtete einen Covid-Bereich im Seniorenheim St. Verena für die positiv getesteten Bewohner ein. Weber: „In diesem Bereich können die Bewohner in der Kohorte gepflegt werden. Es muss also nicht jedes Mal der Schutzkittel gewechselt werden.“ Anders sieht es im KP1-Bereich aus, wo in der Augsburger Einrichtung Bewohner untergebracht sind, die Symptome zeigen und noch auf ihr Testergebnis warten oder negativ getestet wurden. Dort wechseln die Pflegekräfte in jedem Zimmer ihre komplette Schutzmontur. Weber: „Inzwischen haben sich die Arbeitsabläufe eingespielt. Derzeit befinden sich sechs Bewohner im Covid-Bereich und acht Senioren im KP1-Bereich. Allen geht es entsprechend gut.“

    Pflegeheime in Augsburg beklagen Mangel an Schutzkleidung

    Was den Pflegeeinrichtungen den Alltag allerdings nach wie vor erschwere, sind die Umstände, die die Pandemie mit sich bringe: der Mangel an Schutzkleidung zum Beispiel oder ständig neue Verordnungen und Verfügungen der Ministerien und Ämter. Für Michaela Weber stellt sich die Frage, wie viele Schutzmasken die sozialen Träger vom Katastrophenschutz und von der Stadt Augsburg erhalten werden. Wie die anderen Träger auch, habe die Caritas selber vorgesorgt. „Wenn wir uns nicht selber gekümmert hätten, dann hätten wir jetzt keine.“

    Was das in Zahlen ausmacht, rechnet Michaela Weber vor: „Am Tag werden pro Wohngruppe etwa zehn Schutzmasken benötigt. Sie sind für unsere Pflegekräfte bestimmt, die sich den Bewohner auf eineinhalb Metern nähern, sie waschen, anziehen, füttern. Das macht für eine Einrichtung im Monat 1200 Masken aus, für unsere fünf Augsburger Einrichtungen insgesamt also 6000.“

    Stadt Augsburg bestellt zehn Tonnen Desinfektionsmittel

    Sozialbürgermeister Stefan Kiefer betont auf Anfrage, dass die Bestellung und Verteilung von Schutzmaterial, teilweise vom Freistaat aber auch von der Stadt Augsburg an beispielsweise Heime, Krankenhäuser und Sozialstationen, angelaufen sei, ständig erweitert und verfeinert werde. Kiefer: „Die Stadt hat allein zehn Tonnen an Desinfektionsmitteln geordert. Daneben unzählige Schutzmasken, etwa auch bei der Augsburger Unternehmerin Sina Trinkwalder.“ Die Anliegen der sozialen Träger nehmen er und die Stadt sehr ernst – wöchentlich treffe er sich mit Vertretern zu einem Runden Tisch.

    In den Pflegeheimen und Arztpraxen in Augsburg sind Schutzmasken gefragt.
    In den Pflegeheimen und Arztpraxen in Augsburg sind Schutzmasken gefragt. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbol)

    „Gemeinsam mit Ordnungsreferent Dirk Wurm haben wir uns schon zum dritten Mal mit Vertretern des Gesundheitsamts, den Krankenhäusern und der Altenhilfe getroffen. Dabei diskutieren wir lösungsorientiert die altenhilfespezifischen Herausforderungen der Corona-Epidemie.“ Als ein Ergebnis dieser Treffen wurden nun für die Behandlung von Altenheimbewohnern „Heimärzte“ bestellt. Vertreter der Einrichtungen hatten geklagt, dass Hausärzte oft für ihre Belange nicht erreichbar seien. Durch den Heimarzt soll die Betreuung sichergestellt sein. Kiefer habe bereits gut ein Dutzend, großteils auf konkrete Häuser bezogene Ärzte benannt bekommen, die bereit sind, als „Heimarzt“ zu fungieren.

    Für andere Probleme könne dagegen nicht so schnell eine Lösung gefunden werden. Eckard Rasehorn, Chef der Arbeiterwohlfahrt in Augsburg (AWO), empfindet den Runden Tisch als etwas sehr Positives. „Stadt und Träger ziehen hier an einem Strang. Es ist nur schwer, das auf kommunaler Ebene zu korrigieren, was von oben angeordnet wird.“ Damit meint Rasehorn beispielsweise Aufnahmesperren. Demnach dürften die Einrichtungen derzeit keine neuen Bewohner aufnehmen oder Senioren wieder aufnehmen, die zwischenzeitlich im Krankenhaus behandelt wurden, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Personen 14 Tage in Quarantäne untergebracht werden können.

    Pflege in Augsburg: Demenz-Patienten bleiben nicht im Zimmer

    „Demente Personen bleiben in Quarantäne nun einmal nicht einfach auf ihrem Zimmer. Da wurde die Verordnung nicht zu Ende gedacht. Eigentlich müsste man die Personen in das Zimmer sperren. Das ist nicht schön und auch nicht erlaubt, aber anders nicht umzusetzen“, betont Rasehorn. Sozialreferent Kiefer bestätigt das Problem. „Die Krankenhäuser befinden sich in einem Dilemma. Sie können demente Senioren, die keinen Behandlungsbedarf mehr haben, derzeit nicht zurückverlegen lassen, weil die Quarantäne nicht gewährleistet ist. Das mindert ihre Bettenkapazität.“

    Dieser Rückstau könnte in Bayern durch „Not-Altenheime“ gelöst werden, beispielsweise in Reha-Kliniken, so Kiefer. Derzeit würden Einrichtungen in Schwaben geprüft, ob sie sich dafür eignen. Rasehorn und Weber kritisieren zudem, dass nach wie vor Testergebnisse lange auf sich warten lassen. „Mitarbeiter können inzwischen an sich selber einen Abstrich vornehmen. Wir arbeiten nun mit lokalen Laboren zusammen. Da sind die Ergebnisse binnen 24 Stunden da“, berichtet Michaela Weber. Bei Bewohnern sei die Vorgehensweise eine andere. „Ihre Abstriche werden vom Gesundheitsamt koordiniert. Da wartet man Tage auf das Ergebnis“, sagt Rasehorn. Er spricht sich für regelmäßige „Reihentestungen“ aus, also die Testung sämtlicher Bewohner und Mitarbeiter einer Einrichtung.

    AWO-Vorsitzender Münzenrieder: Corona-Tests sind "das A und O"

    Wie wichtig Testungen sind, bestätigt Schwabens AWO-Vorsitzender Heinz Münzenrieder: „Sie sind das A und O, damit es besser läuft.“ Vor über zwei Wochen war bekannt worden, dass drei Bewohner des AWO-Seniorenheims Göggingen positiv auf das Virus getestet wurden. Inzwischen hat sich nach seinen Angaben die „Lage entspannt“. Die Bewohner sein erst wieder „durchgetestet“ worden. Zwei Bewohner, die noch infiziert sind, werden isoliert betreut. „Eine Mitarbeiterin, die am Virus erkrankt ist, ist zu Hause.“

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