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Augsburg: Pflege-Missstand: Stadt im Streit mit Altenheim

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Pflege-Missstand: Stadt im Streit mit Altenheim

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    Symbolbild Foto: DPA

    Die H+R Senioren Heimbetriebgesellschaft hat drei Altenheime in Bayern. Eines liegt in Inzell und steht Medienberichten zufolge vor der Schließung. Das Landratsamt Traunstein hat sie angeordnet – wegen Pflegemängeln. Das Heim in Schliersee geriet ebenfalls wegen Missständen in die Schlagzeilen. Die Heimaufsicht stellte dort Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung. Das dritte Haus steht im Augsburger Stadtteil Oberhausen. Es wurde 2009 in der Ebnerstraße eröffnet. Im Juni 2011 ergaben Prüfungen der Heimaufsicht auch hier Missstände in der Pflege und eklatanten Personalmangel (AZ berichtete).

    Gesundheitsreferent will notfalls vor Gericht gehen

    Das städtische Gesundheitsamt erließ daraufhin Auflagen, nämlich einen Aufnahmestopp, eine Reduzierung der Plätze und Einstellung von Personal. Der Betreiber hat nach Angaben des städtischen Gesundheitsreferenten Dr. Volker Ullrich Widerspruch eingelegt. Die Stadt will jedoch hart bleiben und das Thema notfalls vor Gericht ausfechten. Ullrich: „Wir haben eine Verpflichtung gegenüber den alten Menschen. Das Thema brennt uns auf den Nägeln.“

    Aufgekommen waren die Missstände, nachdem sich Personal an die Heimaufsicht gewandt hatte. Mitarbeiterinnen sprachen auch gegenüber unserer Zeitung von „katastrophalen Zuständen“ in dem 140-Betten-Haus. Der Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Ulrich Storr, sagte damals, dass es Bewohner gebe, deren Katheder monatelang nicht ausgetauscht wurde.

    Dem Augsburger Heim droht laut Ullrich im Moment keine Schließung. „Bisher ist sie nicht angezeigt.“ Es habe jedoch mehrere Auflagen gegeben, um „ordnungsgemäße Pflege“ sicherzustellen. Bis dahin dürfe das Haus keine weiteren Senioren aufnehmen. Außerdem habe es sechs Senioren an andere Heime abgeben müssen. Eine der Auflagen lautet, dass die Pflege „durch ausreichend geschultes und dauerhaft eingestelltes Personal“ gewährleistet sein muss. Mittlerweile sucht H+R per Zeitungsanzeigen nach Mitarbeitern.

    Laut Ullrich kontrolliert die Heimaufsicht das Haus regelmäßig. Ebenfalls immer wieder vor Ort ist der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser hatte dem Heim am 22. Juni die Gesamtnote 2,7 und die Pflegenote 3,3 gegeben. Dr. Ottilie Randzio vom MDK erläutert: „Das ist sehr schlecht.“ Die Noten gehen nur von 1 bis 5; der Notendurchschnitt aller bayerischen Heime liege bei 1,6. Randzios Ansicht nach bestehen zwischen der Qualität der drei bayerischen Heime „keine wesentlichen Unterschiede“. Probleme seien die hohe Fluktuation des Personals sowie Ernährung, Medikamente und Wundversorgung der alten Menschen. Eine Schließung komme selten vor. Man versuche in der Regel zuerst, die Qualität des Heims zu verbessern. Das geschehe unter anderem durch Führungswechsel.

    In der Tat ging auch die frühere Leiterin des Hauses in der Ebnerstraße, nachdem die Mängel bekannt geworden waren. Ihr Nachfolger war ab 1. Juli Rolf Juschkewitz (62 Jahre). Er war zuvor Inhaber eines privaten Pflegedienstes in Rheinland-Pfalz, den er verkaufte. Doch auch er hat bereits wieder gekündigt, wie er dem Augsburger Magazin Älter werden sagte: Seine anfängliche Euphorie sei schnell wieder verflogen. „Ich weiß, wie man einen Betrieb führt und damit umgeht“, sagte er. Am Mittwoch hatte er seinen letzten Arbeitstag.

    Noten des Pflege-TÜV dürfen nicht veröffentlich werden

    Die Noten der beiden anderen Heime von H+R in Bayern sind zurzeit im Internet nicht einsehbar. Die AOK, die die MDK-Transparenzberichte in ihrem „Pflegenavigator“ veröffentlicht, teilte auf AZ-Anfrage mit, das Heim sei rechtlich dagegen vorgegangen. Bis das Gericht entscheidet, dürfe der Transparenzbericht nicht veröffentlicht werden.

    Gegen einen Mitarbeiter des MDK und einen Fernsehjournalisten ging H+R mit Unterlassungsklagen vor, erfuhr die AZ. „Das Einzige, was bei H+R funktioniert, ist die Rechtsabteilung“, kommentiert dies ein Pflegeexperte.

    Gegenüber der Augsburger Allgemeinen wollte Rosemarie Rose, Geschäftsführerin von H+R, gar nichts sagen. „Wir geben keine Auskünfte zu heiminternen Angelegenheiten.“

    Auf der Internetseite von H+R steht als einer der ersten Sätze: „Bei uns werden Sie sich wohlfühlen.“

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