Im Stadtrat mehren sich die Stimmen, die die von der Stadt beabsichtigte Verkürzung von Plenumssitzungen angesichts der Corona-Fallzahlen kritisieren. Neben Einzelstadträten übt die Sozialfraktion Kritik, und auch bei den Grünen als Koalitionspartner scheinen sich Bedenken zu regen.
Wie berichtet plant die Stadtverwaltung, den Stadtrat am kommenden Donnerstag nur noch zu den Tagesordnungspunkten tagen zu lassen, die aus rechtlichen Gründen zwingend von allen 60 Räten beraten werden müssen. Dabei geht es unter anderem um den Nachtragshaushalt für 2020. Alle anderen Punkte der Tagesordnung, etwa das Winterkonzept für öffentliche Veranstaltungen in der Corona-Zeit, sollen im Anschluss an die Stadtratssitzung, die möglichst kurz ausfallen soll, vom Hauptausschuss mit 17 Mitgliedern beraten und beschlossen werden. Dieser Ausschuss ist gemäß der Sitzverteilung im Stadtrat besetzt. Mit diesem Vorgehen will die Stadt das Infektionsrisiko senken. Die Referentenriege wird der Sitzung zum Teil wohl nur via Internet zugeschaltet, um zu verhindern, dass im Fall einer nachträglich festgestellten Infektion eines Teilnehmers die Stadtspitze durch Quarantäne oder Erkrankung handlungsunfähig wird.
Das Vorgehen war einstimmig verabschiedet – zumindest im Prinzip
Dieses Vorgehen im Fall verschärften Infektionsgeschehens hatte der Stadtrat im Mai einstimmig gebilligt. Die Entscheidung, ob der Stadtrat als Ganzes im Pandemie- oder Katastrophenfall nicht mehr tagen kann, liegt bei Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), die im Einvernehmen mit der Regierung von Schwaben als Kommunalaufsicht handeln muss. Allerdings sehen mehrere Stadträte die Voraussetzungen für das Einsetzen des Hauptausschusses als Ersatz für den Stadtrat noch nicht als gegeben an.
"Nicht gerechtfertigt, den Stadtrat zu verkleinern"
WSA-Stadtrat Peter Grab sagt, dass jetzt eine andere Situation herrsche als noch im Frühjahr, als die Erkenntnisse zu Corona noch begrenzt waren. "Nach aktuellem Stand ist es überhaupt nicht gerechtfertigt, den Stadtrat zu verkleinern und damit das Ausüben der demokratischen Rechte aller Stadträte zu verhindern", so Grab. Solange Kinder in der Schule seien, Erwachsene arbeiteten und die Trams zu Stoßzeiten voll seien, sei der Ausschluss von Stadträten von Entscheidungen eine unverhältnismäßige Einschränkung der Grundrechte. Dies betreffe nicht nur ihn als Einzelstadtrat (die WSA ist im Hauptausschuss aus Proporzgründen nicht vertreten), sondern alle 43 Räte, die nicht im Ausschuss sitzen.
Auch aus der Sozialfraktion als größter Oppositionsfraktion kommt Widerspruch. Dass der Infektionsschutz möglichst sichergestellt sein müsse, stehe außer Frage, so Fraktionschef Florian Freund (SPD). "Zu Anfang der Pandemie hat der Stadtrat unter strengen Auflagen im Kongress am Park seine Sitzungen abgehalten. Weshalb dies jetzt nicht möglich sein soll, erschließt sich uns in keiner Weise.“ Die Grünen haben sich bisher nicht in der Angelegenheit positioniert, allerdings scheint es auch hier Diskussionen zu geben, ob nicht eine andere Örtlichkeit als der relativ beengte Obere Fletz im Rathaus in Frage kommen könnte, um den Stadtrat als Plenum relativ risikolos tagen lassen zu können.
Stadt: Rathaus ist risikoloser als das Messegelände
Bei der Stadt winkt man ab. Das Gesundheitsamt habe klar gesagt, dass eine kurze Plenumssitzung im Oberen Fletz mit anschließendem Hauptausschuss weniger Risiken berge als eine lange Plenumssitzung etwa im Messegelände, so die Pressestelle. Die Zahl der Kontakte werde bei der zweigeteilten Sitzung wohl geringer ausfallen und kürzer sein. Zudem lasse sich das Rathaus querlüften, was bei einer Messehalle schwierig sei.
Grundsätzlich verweist die Stadt darauf, dass das Vorgehen einen möglichst geringen Einschnitt in die Tätigkeit des Stadtrats darstellen soll. "Die Infektionslage ist derzeit kritischer als im März, als die Sitzungen gänzlich abgesagt wurden", heißt es auf Anfrage unserer Redaktion. Insofern sei das geplante Vorgehen das mildere Mittel gegenüber einer gänzlichen Absage.
Die Übertragung von Entscheidungen an den Hauptausschuss sei mit der Regierung von Schwaben eng abgestimmt. "Andere Großstädte planen gerade die Einführung eines Hauptausschusses nach Augsburger Vorbild", heißt es in der Stellungnahme. Insgesamt habe man eine Verantwortung gegenüber den Stadtratsmitgliedern und anderen Sitzungsteilnehmern.
Lesen Sie dazu einen Kommentar von Stefan Krog: Stadtratssitzungen: Es muss eine bessere Lösung geben
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