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Augsburg/Neusäß: Vergewaltigung nach Plärrer-Besuch: Augsburger Gericht lehnt Anklage ab

Augsburg/Neusäß

Vergewaltigung nach Plärrer-Besuch: Augsburger Gericht lehnt Anklage ab

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    Fahndungsplakat am Bahnhof in Neusäß: Nach der Vergewaltigung einer 16-Jährigen im September 2018 suchte die Polizei auch mit einem Phantombild nach dem Täter.
    Fahndungsplakat am Bahnhof in Neusäß: Nach der Vergewaltigung einer 16-Jährigen im September 2018 suchte die Polizei auch mit einem Phantombild nach dem Täter. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Es war ein Fall, der enorme Aufmerksamkeit erregt hatte. Damals, nach der Tat im September 2018, hatte die Polizei große Anstrengungen unternommen, um den Täter zu finden. Die Ermittler veröffentlichten auch ein Phantombild, um Hinweise zum Mann zu bekommen, der im September 2018 eine 16-Jährige nach dem Plärrer-Besuch in der Nähe des Neusässer Bahnhofs attackiert und vergewaltigt hatte. Acht Monate nach der Tat vermeldete die Kripo doch noch einen Ermittlungserfolg, ein damals 37-jähriger Mann kam in Untersuchungshaft. Ende 2019 erhob die Staatsanwaltschaft Augsburg Anklage gegen den Mann. Doch nun bleibt der Fall wohl ungeklärt. Das Landgericht Augsburg hat die Eröffnung des Hauptverfahrens nach Informationen unserer Redaktion abgelehnt. Das heißt konkret: Ein Prozess wird wohl nicht stattfinden. Die Entwicklung hatte sich abgezeichnet.

    Bereits im Mai 2020 war der Tatverdächtige wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Jugendkammer des Landgerichtes hatte damals den Haftbefehl gegen den 37-Jährigen aufgehoben. Hintergrund war das Gutachten eines psychiatrischen Experten, der den Verdächtigen im Gefängnis untersucht hatte. Anwalt Florian Engert sprach gegenüber unserer Redaktion davon, dass sein Mandant an einem sogenannten Schuldwahn leide. Immer, wenn in den Medien über ein aufsehenerregendes Ereignis berichtet werde, beschäftige sich der 37-Jährige mit der Frage, ob er womöglich beteiligt gewesen oder zumindest als Zeuge dabei gewesen sein könnte, sagte Engert. So sei es auch im Fall der Vergewaltigung von Neusäß gewesen.

    Vergewaltigung nach Plärrerbesuch: Prozess in Augsburg platzt

    Der Gutachter kam damals nach Informationen unserer Redaktion zu dem Schluss, dass der Angeschuldigte nicht aussagetüchtig sei – Erlebtes also beispielsweise nicht realitätsgetreu wiedergeben kann und Schilderungen möglicherweise mit Gedanken aus der eigenen Vorstellungswelt verknüpft. Damit brach der Staatsanwaltschaft zugleich das wichtigste Beweismittel weg; die Anklage basierte nämlich auch auf einer Aussage des Mannes, in dem er nach Ansicht der Ermittler mögliches Täterwissen preisgegeben hatte – also Einzelheiten zum Ablauf der Tat, die in der Öffentlichkeit bis dato nicht bekannt gewesen sind. Ein wirkliches Geständnis hatten die Ermittler aber offenbar nicht, ebenso wenig andere Beweise, die den Mann eindeutig überführt hätten, etwa DNA-Spuren. Zudem waren die Aussagen des Verdächtigen nach Informationen unserer Redaktion ziemlich wirr. So berichtete er unter anderem davon, eine ganze Gruppe von Männern habe die 16-Jährige vergewaltigt. Er sei zufällig dazugekommen. Ein anderes Mal soll er geschildert haben, dass er selbst von den anderen Männern auch vergewaltigt worden sei.

    16-Jährige konnte den Täter nicht beschreiben

    Das Opfer, die 16-jährige Jugendliche, war offenbar ein Zufallsopfer gewesen. Gegenüber den Ermittlern hatte sie geschildert, dass sie auf dem Fußweg nach Hause bereits das Gefühl hatte, verfolgt zu werden. Dann sei sie plötzlich von hinten gepackt und zu Boden gestoßen worden. Der Täter habe sie nach unten gedrückt und sie vergewaltigt. Näher beschreiben konnte sie den Vergewaltiger nicht, auch weil sie sein Gesicht nicht gesehen habe.

    Dass ein Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, ist ein eher seltener Schritt, die jetzige Entscheidung der Jugendkammer war angesichts der Entwicklung allerdings keine Überraschung mehr. Der Mann soll für die Zeit in Untersuchungshaft eine Entschädigung erhalten. Die Staatsanwaltschaft kann gegen den Beschluss des Gerichtes noch Rechtsmittel einlegen, dann würde sich das Oberlandesgericht in München mit der Anklage befassen. Die Chance, dass das höher-instanzliche Gericht sie zulässt, gilt in solchen Fällen aber als gering.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über spannende Kriminalfälle in Augsburg an:

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