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Foto: Fotomontage: Silvio Wyszengrad, Markus Rosentreter
Foto: Fotomontage: Silvio Wyszengrad, Markus Rosentreter

Nicht nur die Fahrpläne müssen auf Bahn, Bus und Straßenbahn abgestimmt werden. Auch bei der jetzt beschlossenen Tarifreform im AVV wird es Gewinner und Verlierer geben.

Augsburg
21.06.2017

Neue Tarife für Bus und Tram stehen in der Kritik

Von Stefan Krog

Politiker von SPD und Grünen sehen Probleme beim neuen Ticketangebot des Augsburger Verkehrsverbundes. Trotzdem steht eine politische Mehrheit für die Änderung.

Die Tarifreform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV), die eine Verteuerung der Einzeltickets und teils günstigere Abos bringen wird, ist so gut wie beschlossen: Gestern stimmte eine Mehrheit von Stadt- und Kreisräten aus Augsburg und den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen für den Reformentwurf. Allerdings gab es mehrere Gegenstimmen. „Das wird Ärger bei den Fahrgästen geben. Ich glaube, wir legen uns ein Ei“, sagte etwa Kreisrat Harald Güller (SPD, Landkreis Augsburg).

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Tarifreform im Augsburger Nahverkehr: Das wird sich ändern

Wie berichtet soll die Reform zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Für das Stadtgebiet Augsburg ist ein Kernpunkt, dass die Zonen 10 und 20 für Fahrgäste mit Einzelfahrschein und Streifenkarte zu einer Zone vereinigt werden und eine Fahrt automatisch mit Preisstufe 2 zu veranschlagen ist. Für einen Teil der Fahrgäste bedeutet das eine Preiserhöhung um 100 Prozent. Um diese Härte abzufedern, gibt es künftig ein Kurzstreckenticket, das fünf Haltestellen (inklusive Einstiegshaltestelle) gültig ist.

Als weitere Kompensation ist vorgesehen, ein Sparabo (ab 9 Uhr gültig) fürs ganze Stadtgebiet zum Preis von 30 Euro monatlich anzubieten. Ziel ist es, mehr Gelegenheitsfahrgäste zu Abonnenten zu machen, vor allem indem man die Einzelfahrscheine unattraktiver macht.

Kommunalpolitiker kritisieren Auflösung der Zonen

Allerdings sind nicht alle Politiker von den Überlegungen angetan. Manfred Buhl (FDP, Landkreis Augsburg) sagte, er sehe es kritisch, wenn man die Leute zu einem Abo zwinge, statt den Nahverkehr attraktiver zu machen. „Man erkauft sich die Vereinfachungen mit Verschlechterungen“, so auch SPD-Mann Güller.

Die Problematik, dass die Zonengrenze 10/20 innerhalb Augsburgs für Fahrgäste kompliziert ist, sei nicht dadurch zu lösen, die Grenze abzuschaffen und von den Fahrgästen den doppelten Preis zu verlangen. Stadträtin Margarete Heinrich (SPD, Stadt Augsburg) schlug in eine ähnliche Kerbe. Dass das Seniorenabo und das Sozialticket zugunsten des 9-Uhr-Sparabos für jedermann abgeschafft werden sollen, passe aufgrund der zeitlichen Einschränkung mit der 9-Uhr-Grenze nicht. Zudem seien die Bürger und Fahrgäste im Vorfeld zu wenig beteiligt worden.

Den Grünen geht das Sparabo nicht weit genug. Das vorgestellte Konzept sei der kleinste gemeinsame Nenner, so die Augsburger Grünen-Stadträtin Stephanie Schuhknecht. Gleichwohl sehe man die Tarifreform als „ersten Schritt“, den man mittrage. Die Grünen im Landkreis Aichach-Friedberg lehnen hingegen ab. Auch sie fordern ein 360-Euro-Jahresticket ohne zeitliche Beschränkung. „Das sollte das Ziel sein, auch wenn man dafür Geld in die Hand nehmen muss. Die Reform richtet sich nicht an Pendler, die um 7 oder 8 Uhr in der Arbeit sein müssen“, so Kreisrätin Marion Brülls.

Augsburger Landratsamt: Einnahmen dürfen nicht sinken

Der Knackpunkt in der ganzen Angelegenheit ist, dass die Einnahmen des AVV nicht sinken dürfen, sondern im Gegenteil durch neue Fahrgäste steigen sollen. Man könne nicht nur Wohltaten verteilen, so Walter Michale vom bei der Vorbereitung der Tarifreform federführenden Augsburger Landratsamt. Das 9-Uhr-Abo früher freizugeben, würde zwischen 1,5 und drei Millionen (8.30 Uhr) bzw. 2,5 und fünf Millionen Euro jährlich (8 Uhr) kosten, rechnete Johann von Aweyden von der Firma Mobilité vor, die den Verkehrsverbund bei der Tarifreform berät.

Dass die Tarifzonenzusammenlegung im Stadtgebiet Augsburg nicht nur Beifall finden werde, sei klar, so von Aweyden. Das 9-Uhr-Sparabo, das ein mögliches Alternativangebot ist für Kunden, die vom Kurzstreckenticket nicht profitieren, sei vielleicht nicht interessant für die breite Masse. „Aber man kann damit ein Signal setzen wie die DB oder Ryanair es mit ihren Sparpreisen tun“, so von Aweyden. Abgesehen von Schnäppchen-Tickets seien diese auch teurer.

Nach Tarifreform: Hier könnten Fahrgäste sparen

Am interessantesten dürfte das 9-Uhr-Sparabo in der Stadt Augsburg sein, wo es eine Alternative für Einzelticket- und Streifenkartennutzer ist, die wegen der Zonen-Zusammenlegung mehr zahlen müssten. Bei den Stadtwerken Augsburg, die im AVV den Stadtverkehr in Augsburg bewerkstelligen, ist das 9-Uhr-Abo in seiner jetzigen Form (kostet 40 Euro für zwei Zonen) nicht der große Verkaufsschlager. Von allen Abo-Verkäufen der Stadtwerke macht es gut vier Prozent aus. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass es künftig zehn Euro billiger sei, sagt Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg.

In der gestrigen Sitzung berieten die Fachausschüsse des Augsburger Stadtrats und der Kreistage das Thema gemeinsam vor. Etwa ein Fünftel der Räte stimmte gegen die Reform. Damit ist klar, dass die Mehrheit steht. Vor der Sommerpause werden die Kommunalparlamente sich in ihren Plenumssitzungen noch mit der Thematik befassen.

Bis dahin soll noch geklärt werden, ob es möglich ist, die Monatskarte nicht an den Kalendermonat zu koppeln, wie momentan geplant, sondern einen beliebigen Starttag mit einmonatiger Geltungsdauer zu ermöglichen. Für die Fahrgäste wäre es attraktiv, den AVV könnte es eine sechsstellige Summe kosten.

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