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Augsburg: Nachfrage steigt: Wie Augsburger Hausärzte beim Impfen vorankommen

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Nachfrage steigt: Wie Augsburger Hausärzte beim Impfen vorankommen

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    Immer mehr Menschen wollen sich eine Auffrischungsimpfung geben lassen. Auch die Nachfrage nach Erstimpfungen steigt. Arztpraxen kommen an ihre Grenzen.
    Immer mehr Menschen wollen sich eine Auffrischungsimpfung geben lassen. Auch die Nachfrage nach Erstimpfungen steigt. Arztpraxen kommen an ihre Grenzen. Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

    Die Corona-Inzidenz in Augsburg erreicht gerade jeden Tag neue Rekorde, in der Uniklinik liegen immer mehr Covid-Patienten. Das hat Effekte aufs Impfen. Vor allem Booster-Impfungen, also eine Auffrischungsimpfung gegen das Virus, würden immer stärker nachgefragt, berichten

    Viele Ärzte winken aktuell aus Zeitgründen ab, wenn man sie zur Situation befragen will. "Wir werden derzeit überrannt", erzählt eine Augsburger Sprechstundenhilfe und bittet um Verständnis dafür, dass der Arzt keine Zeit für ein zusätzliches Telefonat habe. Vor allem in Praxen, in denen nur eine Medizinerin oder ein Mediziner tätig ist, spitzt sich die Lage - wie schon in der ersten Impfwelle im Frühjahr und Sommer - offenbar zu. Eine, die sich Zeit nimmt für ein Interview, ist die Allgemeinärztin Dr. Mariana Malmer. Sie gehört zum Team der Hausärzte am Vincentinum und am Schlössle. "Bei uns steht das Telefon kaum noch still", erzählt sie. Viele Patientinnen und Patienten seien mittlerweile schon ungehalten, weil es nicht sofort mit einem Termin klappe. Doch für manch einen können man eine Impfung erst Ende Dezember oder Anfang Januar anbieten. "Es ist für uns wirklich schwer, allen Anfragen und Wünschen im laufenden Betrieb sofort gerecht zu werden.", erzählt sie.

    Corona in Augsburg: Auch die Logistik hindert Ärzte an unkompliziertem Impfen

    Zum einen steige die Nachfrage nach Erstimpfungen, dazu stehen noch Zweitimpfungen aus und jetzt kommen geballt die Wünsche nach Booster-Impfungen dazu - plus der normale Praxisalltag. Das alles müsse man in einen sinnvollen Ablauf bringen, sagt Mariana Malmer. Das hatte zuletzt auch Dr. Markus Beck, Vorsitzender der Ärztlichen Kreisverbands, geschildert. Seine Patienten alle mit einer Auffrischung zu versorgen bezeichnete er "vorsichtig formuliert als Herausforderung". Teils verweist er Patientinnen und Patienten daher auf das Angebot im Augsburger Impfzentrum und an den mobilen Stationen in mehreren Stadtteilen.

    Dr. Mariana Malmer und ihre Kollegen kämpfen unterdessen nicht nur mit der knappen Zeit, sondern auch mit der Logistik. Zwar sei Impfstoff an sich ausreichend vorhanden, nur eben nicht immer direkt in der Praxis. "Der Impfstoff ist nur einen Monat haltbar, und wir müssen zwei Wochen vorab bestellen. Da ist die Planung, wie viel wir wann brauchen, nicht immer ganz einfach", so die Ärztin. Auch, weil es nach wie vor keine Einzeldosen gibt, sondern pro Flasche sechs Patienten auf einen gemeinsamen Termin koordiniert werden müssen, ergänzt Kollege Dr. Arif Sezer, der seine Praxis in der Innenstadt hat. "Hier sind wir nicht so flexibel. Wäre das anders, könnten wir mehr impfen." Mariana Malmer leiht sich in manchen Fällen daher Impfstoff bei Kollegen und gibt ihn so schnell wie möglich zurück. Nur so sei es möglich, möglichst vielen Patienten gerecht zu werden. Vor allem wenn, sie nicht vor die Entscheidung gestellt werden will, ob nun der junge Patient mit Wunsch nach einer Erstimpfung zuerst bedient wird - oder der ältere mit einer Drittimpfung versorgt werden soll.

    Beschäftigte in Augsburger Arztpraxen sind zunehmend erschöpft

    Ohne die Unterstützung der Impfzentren geht es daher nicht, ist sich Markus Beck sicher. Für ihn gilt: "Jeder der impfen kann, sollte auch impfen." Nur die Ärzte alleine schaffen es nicht. Die Stadt will daher die Kapazitäten des Impfzentrums bis Ende November wieder hochfahren. Rund 1500 Augsburgerinnen und Augsburger pro Tag könnten dann versorgt werden - etwa dreimal so viele wie zuletzt. Auf die Unterstützung des Impfzentrums greift auch Arif Sezer zurück Zuletzt habe er vor allem jene Patienten dorthin verwiesen, die möglichst schnell eine Impfung wollten, weil sie demnächst beispielsweise in die Türkei reisen und geschützt sein wollen. Arif Sezer beobachtet generell eine Zunahme der Nachfrage auch nach Erstimpfungen.

    Meist kämen die Menschen, weil sie in unmittelbarer Umgebung einen schweren oder gar tödlichen Verlauf erlebt haben oder eben reisen wollten. Bei manchen sieht er aber keine Chance, sie noch zum Piks zu bewegen: "Kategorische Impfverweigerer werden nicht mehr zu überzeugen sein. Da kommen sie mit Argumenten nicht weiter", so der Mediziner. Das muss auch Markus Beck immer wieder erleben. Zuletzt habe er eine 78-jährige Patientin gehabt, die aus Sorgen vor Spätfolgen eine Immunisierung weiter ablehnt.

    Auf die Arztpraxen kommt mit der vierten Welle und dem steigenden Interesse an Erst-, Zweit und Drittimpfungen eine weitere Belastungsprobe zu. Arif Sezer sagt, dass er noch gut mit dem steigenden Arbeitsaufkommen zurechtkomme. Allerdings habe er schon vor Corona seine Praxis entsprechend aufgestellt und unter anderem eine Mitarbeiterin eingestellt, die sich ausschließlich um den Telefondienst kümmert. Es gibt auch Praxen, die gezielt alle geimpften Patienten anrufen und nun zur Auffrischungsimpfung einladen. In vielen anderen Praxen dagegen ächzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits unter der steigenden Arbeitsbelastung und der seit Längerem anhaltenden Arbeitsverdichtung. Markus Beck, der rund 4000 Ärzte im Kreis Augsburg vertritt, berichtet von ersten erschöpften Beschäftigten, die ihren Job an den Nagel hängen wollen. Neue Mitarbeiter zu finden, werde zunehmend schwieriger.

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