Die geplante „geflügelte Trassenführung“ der Linie 5 in Bahnhofsnähe wird auch von einigen städtischen Behörden nicht unkritisch gesehen. Das geht aus den Stellungnahmen der städtischen Ämter zu dem Verkehrsprojekt der Stadtwerke Augsburg hervor. Der Stadtrat hatte sich im Dezember für eine „geflügelte Trasse“ durch Rosenau-/Pferseer Straße stadtauswärts und durch Perzheim-/Hörbrotstraße stadteinwärts entschieden. Die Opposition nahm die fachlichen Stellungnahmen, die im Zuge einer Planfeststellung obligatorisch eingeholt werden, zum Anlass, die von Stadtwerken und Stadtregierung gemeinsam vorgestellte Trassenführung zu kritisieren. „Wir fühlen uns durch die Stellungnahmen in unserer Variante sehr bestätigt“, so Sozialfraktions-Stadtrat Gregor Lang. Die Sozialfraktion hatte eine Trassierung der Linie 5 in beide Richtungen durch die südliche und nördliche Rosenaustraße befürwortet.
Die einzelnen Ämter geben ihre Bewertungen für ihren Fachbereich und für die favorisierte Trasse ab und vergleichen in der Regel nicht unterschiedliche Linienführungen. Die Regierung von Schwaben kann auf die Anmerkungen eingehen, indem sie etwa Ersatzmaßnahmen oder Präzisierungen fordert, ohne das ganze Vorhaben zu kippen.
Linie 5 in Augsburg: Eingriff in Grünanlage wird kritisch gesehen
Thematisiert wurden die Stellungnahmen der Ämter zuletzt im Bauausschuss des Stadtrats. Demnach sehen Grünamt und Naturschutzbehörde die Eingriffe ins Grün entlang der Holzbachstraße (die Tram soll hier teils im Straßenraum, teils in der Grünanlage geführt werden) kritisch. Aus fachlicher Sicht beurteile man „die übergeordnete Biotopverbundfunktion und den Erholungsaspekt der Wertachgrünanlagen etwas höher“ als die Kastanienallee in der Rosenaustraße, heißt es. Hinsichtlich der Fledermauspopulation sei aufgrund eines Gutachtens die Rosenaustraße besser geeignet. Das Grünamt regt an, Ersatzpflanzungen für die Bäume südlich der Kleingärten an der Perzheimwiese zwischen Stadionstraße und Wertachkanal vorzunehmen, um den Grünverbund in den Wertachauen nicht zu schwächen. Zudem müsse man sich Gedanken machen, wie der Eingriff in den Spielplatz ausgeglichen wird.
Auch das Tiefbauamt merkt an, dass mit der Trassenwahl 120 Stellplätze verloren gehen werden. Das vorgesehene Bewohnerparken in dem Viertel sei „kein Allheilmittel“, heißt es in der Stellungnahme. Nötig sei ein Konzept, wie man mit dem künftig halbierten Parkraum in den betreffenden Straßen im Rosenau- und Thelottviertel umgehen wolle. Zudem haben die Verkehrsplaner eine Reihe von Bedenken hinsichtlich der Verkehrsführung an einzelnen Kreuzungen und Konflikten zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmern und geben entsprechende Anregungen. In einigen Abschnitten wird eine Entzerrung zwischen Fußgängern und Radlern für nötig erachtet.
Zustimmung zur Trassenführung der Straßenbahn
Die Sozialfraktion verweigerte mit ihren zwei Stimmen die Zustimmung dazu, dass die Stellungnahmen ins Genehmigungsverfahren bei der Regierung von Schwaben gehen. „Einzelne Fachdienststellen kommen zum Ergebnis, dass die Rosenaustraße die bessere Variante ist“, interpretierte Fraktionschef Florian Freund die Stellungnahmen. Die Fraktion Bürgerliche Mitte, die im Grundsatz ebenfalls die Rosenaustraße befürwortet, gab hingegen ihre Zustimmung. „Auch wenn ich die Trasse ablehne, stimme ich zu, weil die Stellungnahmen der Behörden in sich schlüssig sind“, so Stadträtin Beate Schabert-Zeidler.
Der Stadtrat hatte im Dezember nach langem Ringen mehrheitlich für eine „geflügelte Trasse“ in Bahnhofsnähe gestimmt, auch wenn Fahrzeit und Kosten etwas höher liegen. Bei der von der Opposition geforderten Führung durch die Rosenaustraße hatte die Stadt Vorbehalte, unter anderem was den Erhalt der dortigen Kastanienallee betrifft. Die Sozialfraktion war hingegen der Auffassung, dass die Bäume dort erhalten bleiben könnten. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) wies im Vorfeld der Entscheidung darauf hin, dass eine Trassenführung im dicht bebauten städtischen Bereich immer Betroffenheiten auslöse. Letztlich gehe es um eine Abwägung, weil keine Route ohne Nachteile sei.
Bürgerforum Thelottviertel: Eine Klage ist schon angekündigt
Die Planunterlagen liegen nun bei der Regierung von Schwaben zur Überprüfung und Genehmigung. Neben den Stellungnahmen der Behörden werden in die Bewertung auch Einwendungen von Anliegern einfließen. Das „Bürgerforum Thelottviertel“ stellte bereits eine Klage in Aussicht, sollte die Trasse genehmigt werden. Mit dem Ende des Planfeststellungsverfahrens ist vermutlich im Lauf des Jahres 2022 zu rechnen. Die Stadtwerke gehen davon aus, 2026 das Teilstück der Tramtrasse in Bahnhofsnähe fertig zu haben. Für den weiteren Verlauf der Linie 5 entlang der Bgm.-Ackermann-Straße sind noch diverse Fragen offen, etwa wie die Knotenpunkte gestaltet werden sollen. Die Fertigstellung des ersten Teilstücks ist auch die Voraussetzung dafür, dass die bestehende Straßenbahnlinie 3 den 2023 fertiggestellten Bahnhofstunnel durchquert. Sie wird bis dahin noch den bisherigen Weg durch die Pferseer Unterführung nehmen müssen.
Lesen Sie auch:
- Durchbruch beim Augsburger Bahnhofstunnel nach acht Jahren
- Bei der Verlängerung der Linie 3 nach Königsbrunn geht es voran