Er klebte nicht an seinem Amt. Alt-OB Kurt Gribl (CSU) beschloss für sich, dass zwei Amtszeiten genug sind. Deshalb hörte er Ende April als Oberbürgermeister der Stadt Augsburg auf. Auch wenn er mit 55 Jahren noch längst nicht im Rentenalter ist. Die Stadt bezahlt Gribl trotzdem schon jetzt ein Ruhegehalt – obwohl sie das nach dem Gesetz nicht zwingend tun müsste. Ein Stadtrat kritisiert das und fordert, die Stadt müsse in finanziellen Krisenzeiten alle Sparmöglichkeiten nutzen, auch bei den Bezügen des ehemaligen Oberbürgermeisters.
Augsburgs Ex-OB Kurt Gribl trat nach zwei Amtszeiten nicht mehr an
Roland Wegner, neu gewählter Stadtrat der V-Partei, argumentiert, die Stadt könne wegen der knappen Kassen, ausgelöst durch die Corona-Krise, derzeit eine Reihe von wichtigen Stellen in der Verwaltung nicht besetzen – etwa im Jugendamt oder beim Baumschutz. Da passe es nicht zusammen, dass die Stadt gleichzeitig dem Alt-OB ein Ruhegehalt zahle, obwohl sie das gar nicht müsse. Wegner beruft sich auf das Gesetz über kommunale Wahlbeamte in Bayern. In dem Gesetz heißt es, dass eine Kommune die Zahlung bis „längstens zur Vollendung des 62. Lebensjahres“ aussetzen kann, wenn sich der Beamte „ohne wichtigen Grund“ nicht zur Wiederwahl gestellt hat oder die Wahl nicht angenommen hat.
Es ist also Auslegungssache. Den Verzicht auf eine erneute Kandidatur hatte Gribl unter anderem damit erklärt, dass in einer sich verändernden Stadtgesellschaft andere Fähigkeiten gefragt seien. Gribl präsentierte als Wunschnachfolgerin Eva Weber (CSU), die die Wahl auch klar gewann. Wie viel Geld sich die Stadt sparen könnte, wenn sie Gribl zunächst kein Ruhegehalt zahlt, ist unklar. Die Stadt macht zur Höhe von Gribls Bezügen auf Nachfrage keine Angaben – mit Verweis auf Arbeitnehmerdatenschutz. Grob abschätzen lässt sich der Betrag, um denen es gehen könnte, aber.
Nur zwei Stadträte sind gegen die Auszahlung des Ruhegehalts
Das Amt des Oberbürgermeisters in Augsburg wird mit Besoldungsstufe B9 vergütet. Das Jahresgehalt (brutto, ohne Zulagen und Sonderzahlungen) liegt aktuell bei 139.204 Euro. Laut Gesetz errechnen sich daraus Versorgungsbezüge von brutto rund 59.370 Euro pro Jahr. Die Stadt könnte sich also rund 375.000 Euro sparen, wenn sie Gribl erst nach dessen 62. Geburtstag das Ruhegehalt zahlt. Die Summe könnte aber auch deutlich kleiner ausfallen, denn andere Einkünfte werden auf die Beamtenrente zumindest teilweise angerechnet. Und Gribl hatte kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt angekündigt, dass er sich eine neue Aufgabe suchen will. Er plane, sagte er im April im Interview mit unserer Redaktion, sich als Berater in der Immobilienbranche selbstständig zu machen.
Um sein Ruhegehalt muss sich Gribl aber ohnehin keine Sorgen machen. Im Stadtrat sprachen sich von 58 Räten, die bei der Abstimmung anwesend waren, nur zwei Räte dafür aus, Gribl die Zahlung erst einmal zu verweigern. Vertreter der Stadtregierung, etwa OB Eva Weber und Ordnungsreferent Frank Pintsch (beide CSU), hatten spürbar verärgert auf Wegners Antrag reagiert. Kurt Gribl selbst sagt auf Anfrage, die Rahmenbedingungen für seine Bezüge seien bereits lange vor Beginn seiner Amtszeit so festgelegt worden. Er betont: „Der Umstand, dass ich das Amt nicht bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres ausgeübt habe, findet Niederschlag in einer entsprechend niedrigeren Bemessung.“ Bis Mitte Juli war Gribl noch als Vorsitzender des bayerischen Städtetags tätig und mit kommunalen Fragen befasst. Gefragt nach seinen konkreten beruflichen Plänen antwortet der Alt-OB: „Für Festlegungen zu künftigen Tätigkeiten ist es zu früh.“
Roland Wegner will die Regierung von Schwaben einschalten
Roland Wegner will sich in der Sache nicht geschlagen geben. Er hat die Regierung von Schwaben eingeschaltet, weil er denkt, dass die Abstimmung im Stadtrat zu kurzfristig angesetzt wurde und die Räte keine Möglichkeit hatten, sich genauer mit dem Thema zu befassen. Der Beschluss, meint er, sei nicht rechtmäßig zustande gekommen.
Einen prominenten Fall, in dem ein Gremium Wegners Sichtweise folgte, ist der Fall von Gabriele Pauli, bekannt als „schöne Landrätin“. Als sie mit 51 aufhörte, beschloss der Fürther Kreistag, sie sei zu jung für eine Pension.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Jörg Heinzle: Ruhegehalt für Kurt Gribl: Man kann dem Alt-OB das Geld gönnen
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