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Augsburg: Michael Wagner: Wie ein Büroangestellter zum Zirkus kam

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Michael Wagner: Wie ein Büroangestellter zum Zirkus kam

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    Michael Wagner war schon als Kind ein Zirkusfan. Nun tritt er bald selbst in der Manege auf.
    Michael Wagner war schon als Kind ein Zirkusfan. Nun tritt er bald selbst in der Manege auf. Foto: Silvio Wyszengrad

    Er steht in der Zirkusmanege, das Scheinwerferlicht ist auf ihn gerichtet. Da zerrt einer der Esel an seiner neuen, weiß-goldfarbenen Jacke und zerreißt sie. Michael Wagner hat das neulich nachts geträumt. So ganz absurd ist der Traum des Augsburgers aber nicht. Er ist eher ein Zeichen für Lampenfieber. Denn Wagner erfüllt sich einen lang gehegten und ungewöhnlichen Wunsch.

    Michael Wagner hat einen soliden Beruf. Täglich pendelt er mit dem Zug nach München. Dort arbeitet der 26-Jährige im Büro einer Krankenkasse. In einigen Tagen schon steht der Augsburger aber in besagter Zirkusmanege. Zusammen mit vier Eseln. Dann tauscht er die seriöse Bürokleidung gegen die neue, weiß-goldfarbene Dompteursjacke. Das alles klingt nicht nur verrückt, es ist verrückt. Seit seiner Kindheit ist es Michael Wagners größter Traum, einen eigenen

    Wagner tritt beim Moskauer Weihnachtscircus auf, der am 23. Dezember auf dem Platz am Kesselhaus (Riedingerstraße) Premiere feiert. Aber das ist längst nicht alles. Der Augsburger hat das Zirkusprogramm zusammengestellt, die vielen internationalen Artisten für die Auftritte ausgesucht. Zudem ist er für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Wie es zu dieser ungewöhnlichen Kooperation kam?

    Schon als Junge vom Zirkus begeistert

    Michael Wagner blickt kurz zurück in die Vergangenheit. Als er als kleiner Junge mit dem Opa in Zirkusvorstellungen ging. Da war er nämlich schon von dieser bunten, andersartigen Welt fasziniert. „Vorher wurde immer Popcorn und Limo gekauft, dann gingen wir in die Vorstellungen.“ Ausgerechnet beim Circus Krone lief es einmal fast schief. „Die Frau an der Kasse sagte, die Vorstellung sei schon ausverkauft“, erinnert sich der Augsburger. „Ich habe so geschrien und geheult, dass die Frau doch noch zwei Karten herausrückte.“

    Wagner findet jeden Zirkus besonders. „Und wenn er nur ein Lama hat.“ Er setzt sich in eine Vorstellung und vergisst ab da alles um sich herum, sagt er. Er hat sogar mal eine Woche lang beim Circus Krone gearbeitet, als der hinter Hamburg gastierte. „Ich machte alles. Fische für die Seelöwen schneiden, aufbauen ... Meine Mutter hatte immer Angst, dass ich mit 18 Jahren weg bin.“ So unbegründet war die Sorge der Mutter nicht. In Zirkuskreisen hatte sich offenbar herumgesprochen, dass es in Augsburg einen Mann gibt, der zirkusnärrisch ist.

    Als Michael Wagner 18 Jahre alt wurde, rief bei ihm der österreichische Nationalzirkus an. Wie der Augsburger erzählt, wollte man ihn als Tierdompteur ausbilden. Er war Feuer und Flamme. Seine Mutter aber brach in Tränen aus. Wagner entschied sich für die Vernunft. Er blieb in der Fuggerstadt, machte eine Ausbildung, lernte irgendwann seine Freundin kennen. Zudem engagiert sich der junge Mann seit rund zehn Jahren bei der Faschingsgesellschaft Hollaria, war vor drei Jahren der Faschingsprinz: Keine Frage, was das Motto da war. Zirkus natürlich. Zum Moskauer Weihnachtscircus kam Wagner über den Tigerdompteur Christian Walliser, für den er die Pressearbeit erledigt. Allein, wie die beiden sich kennenlernten, ist eine Geschichte für sich.

    Kontakt zu Christian Walliser

    Michael Wagner bekam den Unfall des Dompteurs aus Königsbrunn vor acht Jahren mit. Walliser war damals bei einer Show von seinen eigenen Tigern angefallen worden. Er überlebte schwer verletzt. Die Tiger kamen zunächst bei einer Augsburger Spedition unter. „Ich bin oft dorthin gefahren und stand am Zaun, weil ich die Tiere sehen wollte.“ Walliser, damals noch im Rollstuhl, habe seine Mutter gebeten, den Jungen zu fragen, warum er immer da ist. Der Junge, also Michael Wagner, und der Tigerdompteur kamen ins Gespräch. Es entwickelte sich eine Freundschaft. „Letztendlich war das der Einstieg in die Branche. Denn Christian Walliser kennt die Franks vom Moskauer Weihnachtscircus.“ Die Zirkusfamilie meldete sich im Februar bei Wagner und fragte ihn, ob er in Augsburg mithelfen wolle. „Was Besseres hätte mir gar nicht passieren können“, freut dieser sich noch immer.

    Viel hatte er in den vergangenen Monaten neben seinem Beruf zu tun. Etwa die Zirkusnummern aussuchen. Wie Wagner erzählt, bewerben sich Artisten längst mit Videos über Youtube, in denen sie ihr Können präsentieren. Heraus kam ein buntes Programm. „Wir haben Elefanten, Tiger, Pferde, Trapezkünstler, eine Zaubershow, Liveorchester ...“, zählt der 26-Jährige auf. „... und natürlich Popcorn. Das ist wichtig.“ Der Zirkusliebhaber bekam sogar eine eigene Nummer mit Eseln. „Das wird mein erster Auftritt in einem Zirkus. Ich werde vor Aufregung sterben.“ Schließlich haben 1200 Zuschauer in dem Zelt am Kesselhaus Platz.

    Seine Verwandtschaft kommt auf alle Fälle zur Premiere, wie auch seine Arbeitskollegen aus München. Auch wenn sie ihn wegen seiner „Zirkusspinnerei“ schon oft belächelt hätten. „Etwas stolz sind sie jetzt schon.“ Michael Wagner wird mit seiner Esel-Nummer aber nicht jeden Tag zu sehen sein, weil er arbeiten muss. Das minimiert auch das Risiko, dass einer der Grautiere vielleicht doch seine fesche Dompteursjacke anknabbert.

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