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Augsburg: Mehr Geburten: Hat Corona in Augsburg einen Babyboom ausgelöst?

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Mehr Geburten: Hat Corona in Augsburg einen Babyboom ausgelöst?

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    In Augsburg werden immer mehr Babys geboren. Liegt das auch an der Corona-Pandemie?
    In Augsburg werden immer mehr Babys geboren. Liegt das auch an der Corona-Pandemie? Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa (Symbolbild)

    So viele Geburten wie im Juli gab es im Uniklinikum noch nie. 272 Entbindungen mit 282 Kindern wurden registriert. Das sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr, ordnet Dr. Manuela Franitza, Leiterin Sektion Geburtshilfe und Pränatalmedizin, ein. Seit 35 Jahren sei sie schon an der Klinik, aber so eine hohe Zahl an Geburten in einem Monat habe sie noch nie erlebt.

    Auch im Josefinum, die größte Geburtsklinik in der Region und eines der größten Häuser deutschlandweit, erblicken immer mehr Kinder das Licht der Welt. "Wir können im ersten Halbjahr eine Geburtenzunahme im Vergleich zum Vorjahr von etwas mehr als 100 Geburten registrieren", so Dr. Roman Steierl, Chefarzt Geburtshilfe und Brustzentrum an der KJF Klinik Josefinum. Am meisten Babys wurden 2021 bislang im Juli geboren. Da kamen 333 Kinder zur Welt. Schon in den Jahren zuvor hat sich ein Anstieg abgezeichnet. 2012 waren es noch knapp 2700 Kinder, die im Josefinum geboren wurden, 2016 bereits etwa 3300 Kinder, 2019 und 2020 jeweils über 3600 Kinder.

    Mehr Geburten in Augsburg: Liegt es am Corona-Lockdown?

    Für ganz Deutschland erklärte das Statistische Bundesamt zuletzt den März zum Rekord-Monat. Mit 65.903 Geburten habe man ein Niveau erreicht wie zuletzt vor mehr als 20 Jahren, heißt es in einer Pressemeldung. Außerdem wird spekuliert, inwiefern die Corona-Krise die Geburtenrate in diesem Jahr befeuert haben könnte. Der Anstieg stehe in zeitlichem Zusammenhang mit dem Abflachen der ersten Welle der Corona-Pandemie in Deutschland und den Lockerungen ab Anfang Mai 2020, so die Statistiker. Womöglich haben einige Paare diese wiedergewonnen Freiheit genutzt.

    Ob wirklich Corona hinter den steigenden Geburtenzahlen steckt, wollen die Verantwortlichen in Augsburg nicht bestätigen. "Die Babys, die jetzt im Juli geboren worden sind, könnten rein theoretisch im Zusammenhang mit dem letzten Lockdown stehen", so Dr. Manuela Franitza. Ob Paare die Einschränkungen aber tatsächlich für mehr Zweisamkeit genutzt haben oder ohnehin Familienzuwachs geplant hatten, sei wissenschaftlich nicht zu belegen. Auch im Josefinum schreibt man Corona nur bedingt einen Anteil an den steigenden Zahlen zu: "Die Gründe dafür sind vielfältig, wobei auch der Lockdown seinen Teil dazu beigetragen haben dürfte", so Dr. Roman Steierl.

    Auch an der Uniklinik werden mehr Geburten registriert.
    Auch an der Uniklinik werden mehr Geburten registriert. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Dass die Geburtenzahlen in Augsburg steigen, hat nicht zuletzt auch mit dem Bevölkerungszuwachs in Stadt und Region - die ebenfalls zum Einzugsgebiet der beiden Geburtskliniken gehört- zu tun. Auch die Schließung von Geburtsstationen in Krankenhäusern im Umland dürfte eine Rolle spielen. Dr. Manuela Franitza und ihre Kollegin Dr. Marina Seefried erkennen zudem einen Trend weg von der klassischen Ein-Kind-Familie hin zu zwei und drei Kindern pro Paar. Dass die Zahl der Geburten steigen wird, habe man schon länger absehen können, sagen die beiden Expertinnen. Man rechne auch in Zukunft mit einer anwachsenden Kurve. Darauf habe man sich an der Uniklinik zwar entsprechend eingestellt, dennoch komme man an manchen Tagen räumlich an die Kapazitätsgrenzen im erst 2014 eröffneten Neubau des Mutter-Kind-Zentrums.

    Mit Blick in die Zukunft werden daher kurzfristig flexible Lösungen erarbeitet, um den Entwicklungen gerecht zu werden, beispielsweise ein mobiles Entbindungsbett, das auch auch außerhalb eines Kreißsaals genutzt werden kann. Auch die Umstellung auf ein Beleghebammensystem im Herbst 2020 hat sich in diesem Zusammenhang bewährt, weil die Hebammen nun freiberuflich tätig sind und untereinander regeln, dass ausreichend Personal für anstehende Geburten vorhanden ist, erklärt Dr. Franitza.

    Viele Mütter und Babys in Augsburg: Josefinum plant neuen Entbindungsraum

    Damit man auch in Josefinum den steigenden Geburtenzahlen weiter gerecht wird, wird auch hier gehandelt. "Derzeit ist ein weiterer Entbindungsraum in Planung", berichtet Dr. Roman Steierl. Zudem werde Anfang 2022 eine neue Familienstation eröffnen. Weil mehr Geburten auch mehr Beratung vor der eigentlichen Entbindung bedeutet, haben sich die Geburtskliniken auch hier neu aufgestellt.

    Am Josefinum entsteht ein neuer Entbindungsraum.
    Am Josefinum entsteht ein neuer Entbindungsraum. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Mit Hebammen- oder vorgeburtlichen Sprechstunden wollen sie das Informations- und Vorsorgebedürfnis der werdenden Mütter bedienen. Im Uniklinikum gebe es derzeit längere Wartezeiten für entsprechende Termine. "Wir arbeiten aber bereits mit Hochdruck an einer Verbesserung", verspricht Dr. Manuela Franitza.

    Nach Entbindung: Frauen verlassen die Klinik schon nach wenigen Tagen

    Neben steigenden Geburtenzahlen beobachten die Experten an ihren Kliniken noch eine weitere Entwicklung, die teils mit Corona zu tun hat: Die Aufenthaltsdauer nach der Entbindung habe sich verkürzt. Patientinnen nach einer Spontangeburt bleiben durchschnittlich zwei bis drei Tage stationär, nach Kaiserschnitt durchschnittlich vier Tage, heißt es aus dem Josefinum. Ähnliche Zeiträume nennen auch die Verantwortlichen der Uniklinik. Gerade während Corona erfolgt hier eine rasche Entlassung oft auf Wunsch der Mütter, da Besuche von Verwandten und Geschwisterkindern weiter nur eingeschränkt möglich sind. "Das stellt uns auch vor die Herausforderung, den Mamis binnen weniger Tage alles Nötige zu vermitteln", so Dr. Franitza weiter. Umso wichtiger sei eine gute Nachsorge durch die zuständige Hebamme.

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