Es ist kein guter Eindruck, den Kunden und Händler am Samstag in Augsburg gewannen: Zum Start des Weihnachtsgeschäfts war in der Innenstadt und in Geschäften deutlich weniger los als in früheren Jahren. Vor der City-Galerie bildeten sich dennoch Schlangen, allerdings nicht wegen der vielen Menschen, sondern wegen der Corona-Pandemie und damit verschärften Regelungen. Wie tief die Einschnitte sind, belegen Zahlen: Eine elektronisch erfasste Zählung von Passanten zeigt, wie wenig gegenüber dem ersten Adventssamstag im Vorjahr los gewesen ist. Am Samstag waren in der Bürgermeister-Fischer-Straße den gesamten Tag über knapp 22.000 Passanten unterwegs, im Vorjahr dagegen fast 53.500 Personen. Dass die Laufkundschaft fehlt, spüren Geschäftsleute in den Kassen. Der Umsatzrückgang, klagen Einige, sei massiv.
Augsburger Händler: Bilder von langen Schlangen vor Geschäften schrecken ab
Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen in der Karolinenstraße, sagt: "Der erste Samstag war schlecht. Der Umsatz lag bei minus 40 Prozent." Die Entwicklung der zurückliegenden Wochen habe sich damit fortgesetzt. Vorwohlt, der zudem in der City-Galerie mit einer Filiale vertreten ist, sieht Bilder von Warteschlangen vor dem Einkaufscenter als nicht unbedingt verkaufsfördernd: "Wir befürchten, dass dies abschreckend wirkt und noch weniger Kunden kommen." Hoffnung mache allerdings, dass die Kunden sehr verständnisvoll seien.
Andreas Gärtner vom schwäbischen Einzelhandelsverband sagt, dass die Bilder von Warteschlangen vor großen Geschäften und in Einkaufscentern nicht überraschend kämen. Der Handelsverband hatte davor gewarnt, die Regelungen für die großen Häuser zu verschärfen. Bundesweit gilt ab 1. Dezember, dass sich in Geschäften mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche umgerechnet ein Kunde auf 20 Quadratmeter aufhalten dürfe. Bei kleineren Geschäften unter 800 Quadratmeter Verkaufsfläche seien es weiterhin zehn Quadratmeter pro Kunde. Wegen der hohen Corona-Fallzahlen im Stadtgebiet hatte die Stadt Augsburg die Verschärfung vorgezogen. Gärtner meint: "Die Bilder nehmen womöglich vielen Menschen die Lust und Freude am Weihnachtseinkauf in der Stadt." Es sei nicht ausgeschlossen, dass mancher Kunde den Einkauf frustriert abgebrochen habe.
Speziell im Modesektor läuft es nicht gut
In der Branche heißt es längst, dass der stationäre Handel von den verschärften Corona-Regelungen massiv getroffen werde. Der Onlinekauf werde profitieren, wobei es für statistische Zahlen noch zu früh sei. Von den Unternehmen, die im Verband organisiert sind, habe er die Rückmeldung erhalten, sagt Gärtner, dass die Umsätze am Wochenende zumindest deutlich besser waren als in den Vorwochen: "Vom Weihnachtsgeschäft wie in den Vorjahren sind wir aber weit entfernt." Dass speziell im Modesektor die Geschäfte nur sehr schleppend laufen, sei ebenfalls bekannt.
Für das Marketing, wozu die Werbung fürs Einkaufen in Augsburg gehört, ist die Abteilung Augsburg Marketing zuständig. Deren Leiter Ekkehard Schmölz sagt: "Schlangen vor den Geschäften waren eher die Ausnahme." Händler sprechen aber auch nach seinen Worten von einem sehr ruhigen ersten Weihnachtssamstag. Die Stimmung sei eher verhalten, viele Verbraucher seien weiterhin sehr verunsichert. Ein Aspekt sei nach den Rückmeldungen von Händlern ebenfalls zu berücksichtigen: Kleine Läden hätten oft das Problem, dass die Leute vor dem Laden lange in der Kälte warten müssen. Zwischen 40 und 50 Prozent seien die Umsätze schlechter gewesen als im Vorjahr.
Ein Unternehmen wertet die Passantenfrequenz in Augsburg aus
Dass es über die Passantenfrequenz in der Innenstadt Zahlenmaterial gibt, liegt am Unternehmen Hystreet. Es wertet bundesweit Daten aus. In Augsburg erfolgen die Zählungen per Sensor in der Annastraße und in der Bürgermeister-Fischer-Straße. In der Bürgermeister-Fischer-Straße, in der unter anderem Wöhrl, Schuh Schmid und Galeria Karstadt Kaufhof angesiedelt sind, ist immer etwas mehr los als im anderen Teilbereich der Fußgängerzone. Die des zurückliegenden Freitags (24.300 Passanten) und Samstags (21.700) waren die höchsten Werte im November.
Um diese Zahlen im Corona-Jahr 2020 einzuordnen, ist ein Blick auf den bislang besucherstärksten Tag in der Bürgermeister-Fischer-Straße nötig: An einem Samstag Mitte Februar wurden 35.900 Personen registriert. Dies war kurz vor den Corona-Einschränkungen, die seit Frühjahr das öffentliche Leben beeinflussen. Der stärkste Tag im Jahr 2019 war ein Freitag. Mehr als 61.000 Personen waren damals unterwegs. Es war der Tag der langen Einkaufsnacht. Sie war auch für vergangenen Freitag eingeplant gewesen. Im Corona-Jahr musste der Termin jedoch ausfallen.
Geschäftsmann richtet Appell an Kunden
Die nochmals verschärften Regelungen im Handel gelten in den nächsten Wochen. Für die Händler sei dies eine große Herausforderung, sagt Verbandsvertreter Gärtner, speziell im stationären Handel. Es müsse trotz aller widriger Umstände gelingen, einladend für den Kunden zu sein: "Viele Betriebe haben bereits neben verstärkten digitalen Angeboten zusätzliche Serviceleistungen wie verlängerte Öffnungszeiten mit Terminvereinbarung sowie Telefon-, Video- und Whatsapp-Beratung eingeführt." Marcus Vorwohlt sieht gegenwärtig wenig Möglichkeiten, aus der vertrackten Situation herauszukommen: "Man kann nur an Kunden appellieren, verstärkt unter der Woche zu kommen."
Zumindest in einem Punkt scheint die Innenstadt seit Freitagabend bei den Passanten gepunktet zu haben. Die Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt stößt auf positive Resonanz, glaubt Schmölz: "Die Idee, hiermit auch ein wenig auf die schwierige Lage des Handels aufmerksam zu machen und gleichzeitig auch die Kundschaft ein wenig aufzumuntern, ist aufgegangen."
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