Der Gerichtstermin ist angesetzt: Am Mittwoch, 24. Mai, steht in München um 11 Uhr eine öffentliche Sitzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an. Es ist mündliche Verhandlung. Die Gewerkschaft Verdi und die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) im Diözesanverband Augsburg klagen gegen die Stadt Augsburg. Im Juristendeutsch wird aufgeführt, dass sich der 22. Senat mit einer Klage „wegen Rechtsverordnungen zur Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen aus Anlass des Europatags und des Turamichelefestes“ zu befassen hat. Übersetzt lautet die Forderung: Innenstadt-Marktsonntage in bekannter Form soll es nicht mehr geben. Gewerkschaft und die kirchliche Organisation erkennen keinen Anlass, um aufgrund der von der Stadt aufgeführten Veranstaltungen Europatag und Turamichelefest Marktsonntage in der Innenstadt zu veranstalten.
Nur auf die Innenstadt bezogen
Veranstalter der Marktsonntage ist die City Initiative Augsburg (CIA). Der Stadtrat hat mehrheitlich entschieden, dass die Innenstadt-Marktsonntage mit einem ausgewiesenen Areal ermöglicht werden. Geschäfte dürfen öffnen. Das Gebiet bezieht sich auf die Innenstadt, wobei dazu auch die City-Galerie gerechnet wird.
Wirtschaftsreferentin Eva Weber ist eine Befürworterin der geltenden Regelung. Sie bestätigt, dass im Handel kontrovers über das Thema gesprochen werde: „Es ist richtig, dass nicht alle Innenstadthändler auf den Marktsonntag Wert legen, weil sie an diesem speziellen Tag keine großen Umsätze machen.“ Dies sei aber zu kurz gedacht: Zum einen sei die Mehrheit des Handels und der Gastronomie „von den Marktsonntagen begeistert und hat durchaus gute Umsätze zu verzeichnen“. Aus ihrer Sicht seien Marktsonntage zudem eine Imagewerbung für die Stadt. Diese Werbung sorge dafür, dass auch an anderen Tagen die Besucherfrequenz ansteige. Eva Weber betont insofern: „Gerade in Zeiten des Online-Handels, wo man 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche einkaufen kann, ist es aus meiner Sicht ein falsches Signal, Marktsonntage zu untersagen.“
CIA-Geschäftsführer Heinz Stinglwagner will die Gerichtsverhandlung vor Ort in München verfolgen. Seine inhaltliche Bewertung mag nicht überraschen. Er tritt dafür ein, dass Marktsonntage beibehalten werden: „Die City sollte sich über jeden Besucher und potenziellen Kunden freuen, was die meisten Händler und Gastronomen auch tun.“ Er würde sich wünschen, dass Handelsverbände und Interessengemeinschaften sich noch stärker für den Erhalt der Marktsonntage einzusetzen. Stinglwagner: „Mir geht es ums Prinzip. Sonntagsarbeit ist keine heilige Kuh mehr, schon lange nicht mehr. Und in Zeiten des Onlinehandels, wo man zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch an jedem Sonn- und Feiertag einkaufen kann, ist das Verbot von Marktsonntagen das komplett falsche Signal.“
Enge Grenzen
KAB-Diözesanpräses Erwin Helmer hält dagegen. Der Gegner der Marktsonntage sagt: „Nach neuer Rechtsprechung sind verkaufsoffene Sonntage in dieser Form eindeutig nicht mehr zulässig, denn sie untergraben den grundgesetzlichen Sonntagsschutz. Sonntag ist und bleibt der Tag des Herrn und der Tag für den Menschen, der Tag der Familien, der Feste, der Feiern, der Tag der Ruhe, der Solidarität und der Gemeinschaft.“
Deshalb seien Ausnahmen von der Sonntagsruhe engen Grenzen unterworfen. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 habe dies bereits bestätigt.
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