Als die Stadträte am Donnerstagmorgen um 9 Uhr das Rathaus zur letzten Sitzung vor den Sommerferien betraten, mussten sie sich ihren Weg erst einmal zwischen am Boden liegenden Menschen suchen. Die Aktivisten des Klimacamps, das seit mehreren Wochen neben dem Rathaus steht, wollten mit einer drastischen Mahnwache am Rathauseingang verdeutlichen, wie gefährlich der Klimawandel ist. „Entschuldigen Sie die Störung: Es geht ums Überleben“, stand auf einem Transparent. Die Stadträte hätten die Möglichkeit zu handeln – etwa, was Kohlestrom und die lokale Förderung des Radverkehrs betrifft.
Nach einem ganztägigen Sitzungsmarathon kam dann am Abend das Thema Klimaschutz auch im Stadtrat zur Sprache. Grünen-Umweltreferent Reiner Erben musste sich gegen Kritik aus der Opposition verteidigen, dass die Stadt zu wenig für den Klimaschutz tue. „Sie und Ihre Partei haben versagt“, sagte etwa Roland Wegner (V-Partei) in Richtung von Erben. Die Stadtwerke hätten noch immer Kohlestrom im Energiemix. Das passe nicht in die Zeit. ÖDP-Stadtrat Christian Pettinger sagte, die Stadt habe noch viel Arbeit vor sich.
Debatte zum Klima: Angestoßen von "Augsburg in Bürgerhand"
Angestoßen hatte die Debatte Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand), der mehrere Anträge stellte. Neben einem Verzicht der Stadtwerke auf Kohlestrom und dem Einsatz dezentraler Stromerzeugung über Blockheizkraftwerke fordert Marcon eine Solaroffensive und die Ausrufung des Klimanotstands für Augsburg.
Erben entgegnete, dass die Stadt bereits eine Solaroffensive am Laufen habe, um die Energiemenge zu steigern. Auch bei eigenen Gebäuden wie dem Umweltbildungszentrum oder den neuen Wertstoffhöfen habe man das Thema berücksichtigt. Um den Energieverbrauch bei Häusern zu senken, biete man Eigentümern eine Vor-Ort-Beratung mit der Energiekarawane an. „Das alles ist nicht ausreichend“, gab Umweltreferent Reiner Erben zu, „aber wenn man behauptet, dass wir nichts tun, ist das falsch.“ Erben hatte vor Kurzem bei der Vorstellung des Klimaschutzberichts 2020 angekündigt, dass es in der Fortschreibung im kommenden Jahr, bei der turnusgemäß neue Maßnahmen überdacht werden sollen, weitere Bemühungen für den Klimaschutz geben müsse. „Die Stadt tut schon sehr viel, aber es nicht genug“, sagte auch Grünen-Fraktionschef Peter Rauscher.
Stadt Augsburg will das Klimacamp vorerst nicht loswerden
Die Stadt stehe zum Klimaschutz, sagte Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). Sie bekräftigte auch, dass die Stadt einstweilen keine weiteren Bemühungen unternehmen werde, um das Klimacamp aufzulösen. Wie berichtet sah die Stadt die Merkmale einer Demonstration nicht mehr erfüllt und wollte das Camp räumen. In einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht gingen die Aktivisten erfolgreich gegen den Bescheid vor. Die Stadt will nun das Hauptsacheverfahren im Herbst abwarten, aber keine Beschwerde gegen die Eilentscheidung einlegen.
Mehrheitlich nahmen die Stadträte den Klimaschutzbericht 2020 zur Kenntnis. Einigen Stadträten gehen die Bemühungen nicht weit genug, anderen hingegen zu weit. Gegenstimmen kamen von Augsburg in Bürgerhand, V-Partei, der Satirepartei Die Partei und der AfD. Auch der Klimanotstand für Augsburg wird nicht ausgerufen.
Mehrere Städte in Deutschland haben sich in der Vergangenheit diesen Status gegeben, der allerdings keine konkreten Auswirkungen hat. Der Stadtrat entschied sich im vergangenen Jahr dagegen. Der Begriff suggeriere, dass man nichts tun könne, dabei sei man auf dem richtigen Weg, so Erben. Zudem wollte der Stadtrat keine Symbolpolitik betreiben. Der damalige Beschluss bleibt bestehen. Sozialfraktion, ÖDP, Augsburg in Bürgerhand, V-Partei und Die Partei scheiterten in der Abstimmung über eine Aufhebung dieses Beschlusses.
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