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Augsburg: Lichtermarsch der "Corona-Gegner": Protest-Plakate und viel Kritik

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Lichtermarsch der "Corona-Gegner": Protest-Plakate und viel Kritik

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    In Begleitung der Polizei zogen dutzende Teilnehmer bei zwei Lichtermärschen durch Augsburg. Organisiert hatte diese die Bewegung "Grundrechte wahren", die die aktuellen Corona-Maßnahmen ablehnt.
    In Begleitung der Polizei zogen dutzende Teilnehmer bei zwei Lichtermärschen durch Augsburg. Organisiert hatte diese die Bewegung "Grundrechte wahren", die die aktuellen Corona-Maßnahmen ablehnt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wegen Corona sind in Augsburg sämtliche St. Martins-Umzüge abgesagt worden. Und trotzdem zogen am frühen Mittwochabend zwei Lichterprozessionen durch die Stadt. Zu den Kundgebungen hatte die Bewegung "Grundrechte wahren" aufgerufen, die in den vergangenen Monaten immer wieder Demonstrationen gegen

    Kritik an Organisatoren des Lichtermarschs in Augsburg

    Am Caritas-Seniorenzentrum St. Verena am Kappelberg im Ulrichsviertel wurde extra die Schranke zum Innenhof heruntergelassen. An ihr hängen Schilder. "Wir in der CAB bekämpfen mit aller Kraft Covid-19! Corona-Leugner sind uns dabei keine Hilfe", hat die Caritas darauf gedruckt. Die Einrichtung positioniert sich damit sichtbar gegen den Lichtermarsch. Die Bewegung "Grundrechte wahren" will nach eigenen Angaben mit der Aktion ein Zeichen setzen für Frieden und Menschenwürde, für alle Menschen, insbesondere für Kinder und Senioren - "für die Schwächsten unserer Gesellschaft". Kritiker sehen das anders.

    Die Organisatoren der Bewegung sehen St. Martin als gute Gelegenheit, "dass die Kinder rauskommen und Spaß haben", sagte Alexander Linder von "Grundrechte wahren" bereits im Vorfeld. Es sind rund 60 Eltern mit kleinen Kindern, Rentner und junge Leute, die gegen 17 Uhr vor St. Verena eintreffen, um von dort loszuziehen. Etwa 20 Polizeibeamte begleiten sie. Viele der Teilnehmer haben Lampions, Kerzen und Lichterketten dabei. Warum sie gekommen sind?

    Das sagen die Teilnehmer des Umzugs zu den Corona-Maßnahmen

    "Mir geht es nicht um die Corona-Maßnahmen, sondern um unsere Grundrechte, meint ein Teilnehmer. Mehr möchte er nicht sagen. "Ich will keine Bevormundung durch die Politiker. Mit 66 Jahren gehöre ich selbst zur Risikogruppe, aber ich will selbst entscheiden, was gut für mich ist", sagt ein weiterer Mann. Er werde so lange an diesen Veranstaltungen teilnehmen, "bis dieser unselige Maskenzwang für die Kinder vorbei ist." Eine Teilnehmerin des Lichtermarsches kritisiert, dass die Menschen in den Altersheimen vereinsamen. Eine weitere Frau sieht das genauso. "Ich finde gut, dass wir hier etwas für die Senioren tun, denn sie werden von der Gesellschaft vernachlässigt", sagt sie erregt. "Den Senioren wird nicht geholfen, sie werden eingesperrt und isoliert."

    An der Aktion beteiligten sich auch Eltern mit ihren Kindern.
    An der Aktion beteiligten sich auch Eltern mit ihren Kindern. Foto: Silvio Wyszengrad

    Eigentlich wollen die Veranstalter mit den Teilnehmern des Lichtermarsches schon vor dem Seniorenzentrum St. Verena erste Lieder anstimmen. Doch die Polizei untersagt es ihnen aus einem bestimmten Grund. Es handele sich hier um eine öffentliche Meinungskundgebung, die einen überwiegenden Versammlungscharakter haben muss, erklärt Robert Kühnel, Einsatzleiter der

    Anwohner, wie Uwe Rachuth, halten solch ein Plakat auch in die Höhe, als der Lichterzug an ihnen vorbeigeht. "Die Bewegung ist gegen Corona-Vorsichtsmaßnahmen, wir aber sind dafür", sagt der 64-Jährige, der auch im Vorstand des Bürgervereins "Ulrichsviertel" ist. Der Verein stecke aber nicht hinter der Plakat-Aktion, betont er. Diese sei allein auf private Initiative von Anwohnern erfolgt. "Wir denken, dass bei vollen Krankenhäusern, Klinikpersonal am Anschlag und großen Ängsten bei vielen Angehörigen der Risikogruppen ein wenig Rücksicht durch das Tragen einer Maske und Abstand halten durchaus nicht zu viel verlangt ist", sagt er im Namen der beteiligten Bürger. Auch das wolle man mit den Plakaten zum Ausdruck bringen.

    Kirche äußert Unverständnis für die Aktion der Bewegung "Grundrechte wahren"

    Stefan Kiefer ist ebenfalls zum Seniorenzentrum St. Verena gekommen. Der ehemalige Sozialreferent der Stadt (SPD) arbeitet inzwischen auch als Anwalt für den Caritasverband für die Diözese Augsburg (CAB). Er hat eine deutliche Meinung zu dem Lichtermarsch. "In der CAB aber auch in der Altenhilfe besteht Ablehnung gegenüber einer Demo, die die Corona-Situation leugnet", so der Jurist. "Gerade wir in der Altenhilfe, aber auch in der Behindertenhilfe, kämpfen massiv mit den Auswirkungen des Virus." Auch Sterbefälle mit oder an Corona seien inzwischen immer wieder im Bereich der Altenhilfe zu beklagen, trotz aller Schutzvorkehrungen. "Mir dreht sich der Magen um, wenn Corona-Leugner sich 'schützend' an alte Menschen richten wollen."

    Unverständnis für die Kundgebung herrscht auch auf Seiten der Kirche. Bernhard Offenberger, Pfarrer an Evangelisch St. Ulrich, hatte bereits einen Tag vorher in einer Mail die Veranstaltung kritisiert. Die Bewegung versuche, alte und unwissende Menschen für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren, befand der Geistliche. "Dass diese Gruppe gerade für das Leben älterer Menschen wenig Respekt hat, zeige seines Erachtens ihr rücksichtsloses Verhalten in dieser außergewöhnlich schwierigen Lage.

    Vor dem Sparkassen-Altenheim in der Baumgarten-Straße, wo Endstation ist, singen die Teilnehmer des Lichtermarsches dann doch noch ein Martins-Lied. Darauf haben sie sich mit der Polizei, die den Zug mit Blaulicht durch die Innenstadt geleitete, verständigt.

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