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Augsburg: Kultusgemeinde will 20 geschützte Friedhofsbäume fällen lassen

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Kultusgemeinde will 20 geschützte Friedhofsbäume fällen lassen

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    Im Jüdischen Friedhof an der Hooverstraße ist ein ausgewachsenes Wäldchen entstanden. Das ist der Israelitischen Gemeinde ein Dorn im Auge.
    Im Jüdischen Friedhof an der Hooverstraße ist ein ausgewachsenes Wäldchen entstanden. Das ist der Israelitischen Gemeinde ein Dorn im Auge. Foto: Michael Hochgemuth

    Sie sind über Jahrzehnte hinweg gewachsen. Und sie sind besonders schützt. Die Rede ist von etwa 20 Bäumen auf dem alten jüdischen Friedhof an der Hooverstraße im Stadtteil Kriegshaber. Die Israelitische Kultusgemeinde will nun aus religiösen Gründen eine große Fällaktion. Ob es dafür eine Genehmigung der Stadt geben wird, ist aber noch offen. Im Umweltausschuss gab es Zweifel, ob in diesem Fall eine Ausnahme erlaubt sein sollte. Im städtischen Amt für Grünordnung spricht man von einem komplizierten Fall.

    Die Bäume auf dem jüdischen Friedhof sind doppelt geschützt

    Wie Grünamtsleiterin Anette Vedder erläutert, sind 20 Bäume auf dem jüdischen Friedhof sozusagen doppelt geschützt – nicht nur durch die städtische Baumschutzverordnung, sondern auch durch den geltenden Bebauungsplan. Er sieht einen Erhalt des Grüns vor. Das Problem: Bei den Vorschriften im Bebauungsplan sei wohl nicht auf den Ritus Halacha geachtet worden, sagt Vedder. Dieser Ritus sehe vor, dass auf jüdischen Grabstätten keine Bäume stehen dürfen.

    Die Israelitische Kultusgemeinde will aus religiösen Gründen eine große Fällaktion.
    Die Israelitische Kultusgemeinde will aus religiösen Gründen eine große Fällaktion. Foto: Michael Hochgemuth

    Trotz dieser Regel ist auf dem jüdischen Friedhof an der Hooverstraße inzwischen ein ausgewachsenes Wäldchen entstanden. Das hat Gründe. Umweltreferent Reiner Erben sagt, die Israelitische Kultusgemeinde habe sich nach dem Krieg aus verschiedenen Gründen viele Jahre nicht um den alten Friedhof kümmern können. Das hat nun sich geändert. Nach Angaben des Grünamtes gibt es einen Antrag an die Stadt, das gesamte Friedhofswäldchen zu fällen. Dort stehen nicht nur die 20 doppelt geschützten Bäume, sondern insgesamt etwa 40 Bäume.

    Einige Bäume sind nicht mehr standsicher

    Ein Ortstermin ergab nun auch Handlungsbedarf. Einige Bäume wachsen bereits aus den Grabsteinen heraus und beschädigen diese. Einige andere seien krank und nicht mehr standsicher, sagt Vedder. Dass solche Exemplare gefällt werden müssen, sei unstrittig. Hier müsse der Denkmalschutz für den Friedhof beachtet werden.

    Wie es aber mit dem gesamten Wäldchen weitergeht, ist noch offen. Erben sagt, er werde sich in den kommenden Monaten die Grundlagen für eine Entscheidung genau anschauen. „Wir haben noch keine Lösung.“ Der Referent will sich kundig machen, wie andere Kommunen mit dem Halacha-Ritus auf Friedhöfen umgehen.

    Im Umweltausschuss forderten Stadträte quer durch die Parteien umfangreiche Prüfungen, bevor im jüdischen Friedhof an der Hooverstraße mit Baumfällungen Fakten geschaffen werden.
    Im Umweltausschuss forderten Stadträte quer durch die Parteien umfangreiche Prüfungen, bevor im jüdischen Friedhof an der Hooverstraße mit Baumfällungen Fakten geschaffen werden. Foto: Michael Hochgemuth

    Die religiöse Vorschrift werde offenbar auch nicht von allen jüdischen Gemeinden gleich ausgelegt, hieß es im Umweltausschuss. Dazu kommt, dass sich die Israelitische Kultusgemeinde in Augsburg kürzlich für ihre neuen Gräber auf Teilen Neuen Ostfriedhofs in Lechhausen ausdrücklich ein Grundstück mit Bäumen gewünscht habe, sagt der Umweltreferent. Dort müssen die Ruhestätten allerdings so angelegt werden, dass der vorhandene Baumbestand erhalten bleibt.

    Stadträte fordern umfangreiche Prüfungen

    Im Umweltausschuss forderten Stadträte quer durch die Parteien umfangreiche Prüfungen, bevor im jüdischen Friedhof an der Hooverstraße mit Baumfällungen Fakten geschaffen werden. Das Friedhofswäldchen sei eine grüne Oase für Anwohner, so die Grünen. Aus Sicht der SPD müssen Belange des Artenschutzes und die Möglichkeit für Ersatzpflanzungen genauer untersucht werden. Bei der CSU hat man Sorge davor, dass die Stadt mit einer Fällgenehmigung für die Israelitische Kultusgemeinde einen Präzedenzfall schaffen könnte.

    Die Baumschutzverordnung müsse in diesem Fall genauso gehandhabt werden, wie bei anderen privaten Antragstellern. Es sei auch ein Versäumnis der Kultusgemeinde gewesen, die Friedhofsbäume Jahrzehnte lang wachsen zu lassen. Anette Vedder sagt, das Amt für Grünordnung strebe in diesem schwierigen Fall eine Kompromisslösung an. Wenn Bäume auf dem Friedhof gefällt werden müssen, sieht sie Raum für Ersatzpflanzungen entlang der Hooverstraße und am Spielplatz, der im Süden an die Straße angrenzt.

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