Es ist ein Paukenschlag in der Augsburger SPD: Margarete Heinrich, die seit 18 Jahren im Stadtrat sitzt, ist aus der Partei und der Fraktion ausgetreten. Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte sie den Austritt. Sie habe in dieser Woche die Partei- und Fraktionsführung darüber informiert. Nicht nur sie selbst hört bei den Sozialdemokraten auf, sondern die ganze Familie. Auch ihre Mutter und ihre Kinder geben das Parteibuch zurück. Das hat durchaus Symbolkraft: Die Familie ist traditionell der SPD zugewandt, Margarete Heinrichs 2002 gestorbener Vater Horst war langjähriger Landtagsabgeordneter. Sie nennt auch Gründe für den Austritt.
Die Stadträtin sagt, sie könne den neuen Linkskurs der Augsburger SPD nicht mittragen. Sie sagt, die "politische und strategische Ausrichtung" sei aus ihrer Sicht falsch. Die SPD-Führung hatte in dieser Woche dafür gestimmt, dass sich die Sozialdemokraten im Stadtrat mit der Linkspartei zu einer gemeinsamen Fraktion zusammenschließen. SPD-Fraktionschef Florian Freund begründete das Bündnis damit, dass SPD und Linke der Politik gemeinsam eine soziale Handschrift geben wollten. „Diejenigen, die für eine progressive Politik in Augsburg stehen, sollten sich nicht in der Opposition gegenseitig erklären, wer jetzt im letzten Jota recht hat“, sagte Freund. Margarete Heinrich hingegen meint: "Es ist ein Schritt weg von einem gemäßigten politischen Kurs. Das entspricht nicht mehr meinen Werten."
Heinrich sagt, sie habe auch von anderen SPD-Mitgliedern die Rückmeldung erhalten, dass sie mit der Zusammenarbeit mit der Linken nicht einverstanden seien. Sie sagt, sie hätte sich zumindest eine Mitgliederbefragung zu dieser wichtigen Richtungsentscheidung gewünscht, ähnlich wie es bei den Grünen zur geplanten schwarz-grünen Koalition der Fall sei. Heinrich will dennoch Stadtratsmitglied bleiben. Sie hatte sich bei der Wahl im März auf der SPD-Liste sogar einen Platz nach vorne auf Rang drei verbessern können. Einen Übertritt zu einer anderen Partei oder Fraktion plane sie nicht. Heinrich: "Ich werde mich als Einzelstadträtin für die Stadt und ihre Bürger engagieren und weiter für sozialdemokratische Werte stehen."
Die SPD-Stadträtin sitzt seit 2002 im Augsburger Stadtrat
Die 54-jährige Kommunalpolitikerin aus Haunstetten wurde 2002 zum ersten Mal in den Augsburger Stadtrat gewählt. Im nächsten Jahr wäre sie seit 40 Jahren Mitglied in der SPD gewesen. Sie sagt, die ganze Familie habe sich den Austritt nicht leicht gemacht und lange darüber gesprochen.
Heinrich war nach der Kommunalwahl 2014 Fraktionsvorsitzende der Stadtrats-SPD, wurde aber Ende 2018 von Florian Freund an der Spitze der Stadtratsfraktion abgelöst. Offiziell lief der Übergang an der Fraktionsspitze im Einvernehmen, aus der Partei waren aber auch Stimmen zu hören, die es so einschätzten, dass Heinrich aus dem Amt gedrängt worden sei.
SPD-Fraktionschef Florian Freund sagte am Samstag in einer ersten Reaktion: "Margarete Heinrich hat gegenüber der Fraktion bislang noch nicht erklärt, dass sie die Fraktion verlassen möchte. Lediglich am Rande der Stadtratssitzung vergangenen Donnerstag hat sie einen kurzen Satz geäußert, in dem sie diesen Schritt angedeutet hat." Für weitere Gespräche sei sie aber leider nicht erreichbar gewesen. Freund sagt weiter: "Sollten die Meldungen zutreffend sein, bedauern wir diesen Schritt, können ihn aber letztlich nur zur Kenntnis nehmen." Bereits seit einiger Zeit habe man den Eindruck gehabt, dass Margarete Heinrich sich zunehmend zurückziehe. Man habe aber weiter auf sie gesetzt, etwa bei den Überlegungen, welche Ausschüsse sie übernehmen könnte.
Die SPD-Führung fordert den Verzicht auf den Sitz im Stadtrat
Die SPD hat bei der Wahl im März Stimmen und Sitze eingebüßt. Sie verlor vier Sitze im Stadtrat und kam noch auf neun Stadtratsmitglieder. Durch den Zusammenschluss mit der Linken entstand ein Bündnis mit elf Stadtratsmandaten - dieses schrumpft durch Heinrichs Austritt nun aber wieder auf zehn Mandate. Die SPD erwarte, sagt Florian Freund, dass sie nach einem Austritt das Stadtratsmandat zurückgebe und den Weg frei für einen Nachrücker aus den Reihen der SPD mache - das entspreche auch dem Wählerauftrag. Margarete Heinrich sieht das anders. Die Stadtratswahl sei auch eine Persönlichkeitswahl, sagt sie. Und sie betont, auch als Einzelkämpferin für sozialdemokratische Positionen eintreten zu können.
Lesen Sie dazu den Kommentar: Der Austritt ist ein Warnsignal
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