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Augsburg: Kripo prüft: Hätte sich das tödliche Spielplatz-Unglück verhindern lassen?

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Kripo prüft: Hätte sich das tödliche Spielplatz-Unglück verhindern lassen?

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    Der Spielplatz ist jetzt abgesperrt, jemand hat ein Kuscheltier abgelegt: Am Samstag fiel ein Baum auf diesem Spielplatz in Augsburg auf eine Mutter und ihr Kind.
    Der Spielplatz ist jetzt abgesperrt, jemand hat ein Kuscheltier abgelegt: Am Samstag fiel ein Baum auf diesem Spielplatz in Augsburg auf eine Mutter und ihr Kind. Foto: Silvio Wyszengrad

    Eine Familie spielt sorglos auf einem Spielplatz in Augsburg, als plötzlich ein Baum auf Mutter und Kind fällt. Ein knapp zweijähriges Mädchen stirbt Stunden später in der Uniklinik. Die Frage nach dem Warum bleibt vorerst bestehen. Ein Baumsachverständiger unterstützt nun die Ermittlungen der Augsburger Kriminalpolizei. Doch wie kommt ein Baumgutachten überhaupt zustande – und auf was schauen die Experten?

    Georges Lesnino ist seit fast 30 Jahren als Baumgutachter tätig.
    Georges Lesnino ist seit fast 30 Jahren als Baumgutachter tätig. Foto: Lesnino

    Georges Lesnino ist Diplom-Forstwirt und hat fast 30 Jahre Erfahrung als Baumgutachter im In- und Ausland. Der Baumexperte ist vor allem in Bayern tätig. Er weiß: Insbesondere Bäume auf Spielplätzen werden besonders akribisch auf ihre Verkehrssicherheit kontrolliert. Wenn der zuständige Baumkontrolleur einen Verdacht hegt, erfolge eine Meldung und ein Baumsachverständige komme in der Regel ins Spiel. Alle fünf Jahre prüft und bestellt die Industrie- und Handelskammer Sachverständige, die die Verkehrssicherheit von Bäumen auf öffentlichen und privaten Orten kontrollieren, erklärt des Experte.

    Das sagt ein Baumgutachter zum tödlichen Unfall auf dem Spielplatz

    Lesnino geht dabei wie alle zertifizierten Baumgutachter nach der Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft für Landschaftsentwicklung und Landbau (FLL) vor: „Bei der Baumkontrolle gehe ich zunächst visuell vor“, erklärt der Gutachter aus Petershausen im Landkreis Dachau. Weise die Rinde zum Beispiel Wachstums- oder Strukturanomalien auf oder klinge der Stamm hohl, könne er von innen verfault und damit instabil sein. Aufwendige Technik wie ein Schalltomografie-Gerät bringe dann die Gewissheit über den Zustand des Baumes ans Licht. Der Gutachter entscheidet, ob und unter welchen Bedingungen der Baum verkehrssicher ist.

    Nach dem tödlichen Unfall in Augsburg-Oberhausen sperrte die Polizei den Spielplatz.
    Nach dem tödlichen Unfall in Augsburg-Oberhausen sperrte die Polizei den Spielplatz. Foto: Annette Zoepf

    Dabei sei es häufig gar nicht notwendig, Bäume gänzlich zu entfernen. Auch ein Rückschnitt der Baumkrone könne ausreichen, sagt Lesnino, der vielerlei Gefahrenquellen kennt: „Wurzeln werden manchmal durch Baustellen oder Straßenerneuerungen beschädigt.“ Unwetter können selbst gesunde Bäume entwurzeln und Folgeschäden von Stürmen machten sich zum Teil erst bei der nächsten Belastung bemerkbar. Eine unbemerkte Fäulnis ist seiner Erfahrung nach ebenfalls ein häufiger Grund.

    Im Prinzip könne jeder Baum umfallen, doch bei einer Art kommt dies nach Angaben von Lesnino häufiger vor: „Die Fichte ist das Paradebeispiel. Sie bildet ein oberflächliches Wurzelsystem und ist besonders anfällig.“ Bei dem tödlichen Unglück im Augsburger Stadtteil Oberhausen handelte es sich jedoch um einen Ahorn. In seinen Berufsjahren als Gutachter sei er bisher nur einmal mit einem Todesfall konfrontiert worden, Tragödien wie der Fall aus Augsburg sind seines Erachtens sehr selten.

    Gefahr durch umstürzende Bäume: Wie kam es zum Spielplatz-Unfall?

    Generell sollte man Parkanlagen und Wälder bei und nach Stürmen meiden. Wenn Bäume sehr genau kontrolliert werden, wie es auf öffentlichen Spielplätzen der Fall sei, bekräftigt Lesnino, könne man dagegen davon ausgehen, dass man in Sicherheit sei. Für das verstorbene Mädchen und ihre Familie traf dies am vergangenen Samstag nicht zu. Ein Sachverständiger wird den Ermittlern der Kriminalpolizei nun dabei helfen, herauszufinden, ob und warum der Baum offensichtlich eine Gefahr darstellte. Bislang lässt sich darüber nur spekulieren.

    Ein Unwetter hatte zuletzt mehrere Bäume in der Stadt umgerissen - unter anderem am Königsplatz.
    Ein Unwetter hatte zuletzt mehrere Bäume in der Stadt umgerissen - unter anderem am Königsplatz. Foto: Jörg Heinzle (Archivbild)

    Kürzlich erst waren bei einem Gewitter mit starken Böen eine Reihe von Bäume in Augsburg umgerissen worden – unter anderem am Königsplatz, wo ein Baum während des Unwetters auf eine Parkbank stürzte, auf der keiner saß. In direkter Nähe zum Spielplatz mit dem jetzt umgestürzten Baum gibt es derzeit auch eine Baustelle. Ein Sprecher der Augsburger Polizei sagt, man ermittle derzeit in alle Richtung. Es gebe weder einen konkreten Beschuldigten noch einen Tatvorwurf. Die Ermittler prüfen aber, ob alle Vorschriften eingehalten worden sind. Dem Gutachten komme bei den Ermittlungen eine „große Bedeutung“ zu.

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