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Augsburg-Kriegshaber: Pfarrer Tiggemann nimmt Abschied von Kriegshaber

Augsburg-Kriegshaber

Pfarrer Tiggemann nimmt Abschied von Kriegshaber

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    Pfarrer Dietrich Tiggemann verabschiedet sich von seiner Gemeinde St. Thomas in Kriegshaber.
    Pfarrer Dietrich Tiggemann verabschiedet sich von seiner Gemeinde St. Thomas in Kriegshaber. Foto: Lea Binzer

    Dietrich Tiggemann hat viel zu sagen. Nicht nur bei seinen wohl formulierten und raumdurchdringenden Predigten erreicht der evangelische Pfarrer seine Zuhörer, sondern auch bei einer Unterhaltung nur zu zweit. Ganz entspannt sitzt der 63-Jährige an diesem Nachmittag im Pfarrgarten von St. Thomas und genießt den Altweibersommer. Nur noch wenige Arbeitstage trennen den überzeugten Bartträger von seinem Ruhestand, den er "aus gesundheitlichen Gründen" etwas früher als vorgesehen antritt.

    Kriegshaber Gemeinde hat den Pfarrer unterstützt

    Auch wenn er gerade wie das blühende Leben aussieht, hat Tiggemann schwere Zeiten hinter sich: Vor sechs Jahren wurde der gebürtige Niedersachse aus der Bahn geworfen. Ein Burn-out zwang ihn zu einer längeren Pause. Der Pfarrer ging mit seinen psychischen Problemen ganz offen um und ist seinen Gemeindemitgliedern heute noch dankbar für ihr Verhalten damals: "Sie haben mich unfassbar toll getragen", sagt er gerührt.

    Weil er nun gemerkt habe, dass er wieder stärker in das Laufrad des vollgepackten Alltags gerät, habe er sich für einen frühzeitigen Ruhestand entschieden. "Ich betrachte den Ruhestand als neuen Lebensabschnitt, den man nicht erst antreten sollte, wenn man schon kaputt ist", sagt er.

    Tiggemann bleibt in Augsburg, zieht aber nach Pfersee

    Tiggemanns Abschied von St. Thomas am 4. Oktober wird auch ein Abschied von Kriegshaber. Der Pfarrer zieht mit seiner Frau Daniela, die am Theater arbeitet, ganz bewusst aus dem Stadtteil weg, damit sein Nachfolger nicht mit einem "Schattenpfarrer" leben müsse. Das benachbarte Pfersee wird die neue Heimat des Ehepaars, das zwei erwachsene Töchter hat. In Pfersee will sich der Neu-Ruheständler ein dreiviertel Jahr Zeit nehmen, um Abstand zu gewinnen und in diese neue Phase hineinzuwachsen.

    Erst dann möchte er schauen, wie er seine Zeit gestalten will. Dass er seine musischen Hobbys (als Chorsänger und Trompeter) weiter pflegen wird, ist gut möglich. Ebenso kann sich Tiggemann vorstellen, zu gegebener Zeit in einer evangelischen Gemeinde als Urlaubsvertretung einen Gottesdienst zu halten.

    Der 63-Jährige legt sein Pfarrer-Dasein nicht ab, nur weil er den aktiven Dienst beendet. "Ich würde es wieder machen, auch wenn ich ursprünglich wie mein Vater Arzt werden wollte", betont er. Dabei hat die evangelische Kirche, ebenso wie die katholische, mit Problemen wie Pfarrermangel und leeren Kirchen zu kämpfen. Nicht erst seit Corona predigt Dietrich Tiggemann vor nur spärlich gefüllten Kirchenbänken. Er bedauert dies, sieht jedoch gleichzeitig eine Zukunft für die evangelische Kirche, wenn es gelingt, neue Strukturen aufzubauen. Dazu gehört für den Protestanten die starke Einbindung von Laien. "Mit der alten Pfarrherrlichkeit ist es vorbei."

    Stolz auf die selbstbewussten Laien in St. Thomas

    In St. Thomas sei in den vergangenen Jahren hier einiges auf den Weg gebracht worden, viele Gemeindemitglieder hätten sich mit ihren Begabungen einbringen können. So ist es Tiggemann gar nicht bang, dass auf St. Thomas eine mindestens halbjährige Vakanz zukommt. Zum einen werde sie von Pfarrer Adam Weiner aus Stadtbergen begleitet, zum anderen könnten die Laien auch viele pastorale Aufgaben (mit Ausnahme der Taufe und des Abendmahls) selbst übernehmen. "Die Gemeinde hat sich kräftig selbstbewusst gemacht", betont er. Im Übrigen ist er davon überzeugt, dass St. Thomas eine Pause zwischen zwei Pfarrern gut tue.

    Ausdrücklich betont der Protestant das gute Verhältnis zum katholischen Kollegen Gerhard Groll in Kriegshaber, mit dem er unter anderem den Stadtteiltreff CCKT geleitet hat. "Es gab nie einen Konflikt zwischen uns, was nicht selbstverständlich ist", erwidert Groll das Kompliment. Im Gegenteil: Man habe des Öfteren gemeinsam nachgedacht und strategische Überlegungen angestellt - und sich gegenseitig den Rücken gestärkt. Groll spielt damit auf die Zeit an, in der er mit seiner Gemeinde Heiligste Dreifaltigkeit wegen des angedachten Abbruchs des Pfarrheims aneinandergeriet. Auf der anderen Seite habe er seinem evangelischen Kollegen vor einigen Jahren bei seinem Konflikt mit Teilen des Projektteams von "Nicht nur ein Ma(h)l" beigestanden.

    Das Pilgern tut dem Augsburger Pfarrer gut

    Diese Querelen scheinen Dietrich Tiggemann nichts mehr anhaben zu können. Die guten Gespräche und Erinnerungen überwiegen und die Freude auf das, was kommt. Der 63-Jährige hat während seiner Burn-out-Auszeit das Pilgern für sich entdeckt und abseits der Massenrouten noch einige Touren vor, gerade in Deutschland. Die Kombination aus körperlicher und geistiger Bewegung tue ihm gut. "Solange mir die Kräfte gegeben sind, will ich dranbleiben", sagt Tiggemann.

    Abschied: Pfarrer Dietrich Tiggemann wird am Sonntag, 4. Oktober, um 15 Uhr mit einem Gottesdienst in St. Thomas verabschiedet. Aufgrund der Corona-Situation ist dies nur in einem kleinen, überschaubaren Rahmen möglich - ohne Fest oder Empfang.

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