Für emotionale Ausbrüche ist der Augsburger Hauptkommissar Helmut Sporer nicht bekannt. Tritt er in der Öffentlichkeit auf, spricht er meist ruhig – und eher einen Tick zu leise. Doch am Dienstagabend kann er irgendwann keine Ruhe mehr bewahren. Sporer sitzt auf der Couch in der TV-Talkshow „Menschen bei Maischberger“, die Diskussion ist live im Ersten zu sehen. Lange beobachtet er die heftige Debatte um die Lage der Frauen im Rotlichtmilieu. Dann mischt er sich ein.
Sporer: Gesetz hilft vor allem den Zuhältern
Helmut Sporer holt tief Luft und sagt: „Was ich hier höre, ist eine Verhöhnung der vielen Opfer.“ Er richtet sich damit direkt an eine Frau, die eigentlich für Frauenrechte eintreten sollte. Die Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation „Terre des femmes“ sitzt im Studio und lobt die Vorzüge des Prostitutionsgesetzes, das vor einem Jahrzehnt eingeführt wurde. Helmut Sporer kann es nicht fassen. Der Leiter des Kommissariats 1 bei der Kripo kennt das Augsburger Rotlichtmilieu seit vielen Jahren. Und er ist sich sicher: Das Gesetz hilft nicht den Frauen, die im Sexgewerbe arbeiten. Es nutzt vor allem den Zuhältern.
Sporer kämpft für eine Reform des Prostitutionsgesetzes
Prostituierte und Prostitution in Augsburg
In Augsburg arbeiten laut Kripo rund 600 Prostituierte.
Die Zahl ist nach dem Verbot des Straßenstrichs in Augsburg vor knapp zwei Jahren leicht gesunken.
Rund 90 Prozent der Frauen kommen aus dem Ausland, die meisten aus Osteuropa.
Sie bleiben in der Regel nur einige Zeit in der Stadt und ziehen dann weiter.
Es gibt in Augsburg ein gutes Dutzend Bordelle und etwa 130 Bordellwohnungen.
Prostitution wurde 2002 durch ein Gesetz in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Verboten ist zwar Ausbeutung von Prostituierten – für die Polizei ist das aber oft schwer nachweisbar.
Für Sporers Ermittler ist es schwieriger geworden, ausgebeuteten Frauen zu helfen und Zuhälter vor Gericht zu bringen. Schon seit Jahren kämpft er für eine Reform des Gesetzes. Bordellchefs dürften gegenüber den Frauen kein Weisungsrecht mehr haben, ist eine seiner Kernforderungen. In einem Papier mit dem Titel „Augsburger Weg“ hat er die Vorschläge zusammengefasst. Wer Helmut Sporer in den vergangenen Jahren in seinem Büro besuchte, der erlebte einen engagierten Beamten – doch man hatte auch den Eindruck, Sporer selbst glaube nicht mehr daran, dass sich noch mal etwas ändere.
Alice Schwarzer stimmt mit Sporer überein
Doch nun hat die Debatte an Fahrt gewonnen. Alice Schwarzer prangerte in ihrer Frauenzeitschrift Emma die Situation der Prostituierten in Deutschland an, von denen die meisten aus armen Verhältnissen in Osteuropa stammen. Helmut Sporer musste in den vergangenen Monaten viele Interviews geben. Die neue Große Koalition auf Bundesebene will sich des Themas annehmen.
Am Dienstagabend bei Talkmasterin Sandra Maischberger zeigt sich, dass Alice Schwarzer den Augsburger Ermittlern genau zugehört hat – und beide derzeit das selbe Anliegen vertreten. Immer wieder nimmt sie Blickkontakt zu Helmut Sporer auf. Mehrmals lobt sie Wissen und Erfahrung des Kommissars. Es sieht so aus, als ob es nicht das letzte Treffen der beiden gewesen ist.