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Augsburg: Könnte Oberhausen bald zum In-Viertel werden?

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Könnte Oberhausen bald zum In-Viertel werden?

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    Oberhausen ist ein aufstrebender Stadtteil.
    Oberhausen ist ein aufstrebender Stadtteil. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Das Stammhaus der Bäckerei Balletshofer liegt mitten in der Ulmer Straße im Stadtteil Oberhausen. Es ist eines der Traditionsgeschäfte, die sich hier über Jahrzehnte gehalten haben – trotz einiger anderer Veränderungen. Im Lauf der Zeit haben einige alteingesessene Geschäfte aufgegeben, an ihre Stelle traten Dönerläden und Geschäfte für türkische Brautmode. Ein Wandel, wie es ihn in Großstädten oft gibt. Nur: Wie wirkt er sich auf die Bevölkerung im Viertel und auf die wirtschaftliche Lage aus?

    Hans Balletshofer senior hat da eine klare Meinung: Er findet, dass die Ulmer Straße zu den lebhaften Einkaufsstraßen Augsburgs zählt. „Wenn ich durch die Annastraße in der Stadtmitte laufe, sind dort mehr Geschäfte geschlossen, als hier“, merkt der 68-Jährige an. Stark geprägt wird Oberhausen durch seinen hohen Anteil an Migranten: Laut neuester Zahlen aus dem Strukturatlas der Stadt machen Ausländer in Oberhausen knapp 40 Prozent der Bevölkerung aus – mehr als in jedem anderen Stadtteil. Bäckerei-Seniorchef Balletshofer sieht das jedoch entspannt: „Was heute an anderen Nationen da ist, waren früher die Amerikaner.“

    Hans Balletshofer, Hannelore Köppl, Gertraud Baumann und Theo Gandenheimer (von links) brechen eine Lanze für ihren Stadtteil Oberhausen.
    Hans Balletshofer, Hannelore Köppl, Gertraud Baumann und Theo Gandenheimer (von links) brechen eine Lanze für ihren Stadtteil Oberhausen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Sieben von zehn Menschen sind Ausländer oder Deutsche mit Migrationshintergrund

    Oberhausen ist als Multi-Kulti-Viertel Augsburgs bekannt. Im Bezirk „Links der Wertach Nord“ etwa sind sieben von zehn Menschen Ausländer (52,1 Prozent) oder Deutsche mit Migrationshintergrund (19,1 Prozent). „Natürlich haben wir einen hohen Migrantenanteil. Dazu stehen wir auch“, betont Hannelore Köppl. Die 63-Jährige ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Oberhausen. Zusammen mit Schatzmeisterin Gertraud Baumann engagiert sie sich hier auch für das gesellschaftliche Zusammenleben. Migranten gehören für sie in Oberhausen dazu. „Da braucht es eben auch Dönerläden.“ Baumann betont, dass die Ulmer Straße sogar weit über die Stadtgrenzen hinaus für seine vielen Brautmodenläden bekannt sei. „Im Übrigen kaufen hier auch Augsburgerinnen gerne ihre Abendkleider ein.“

    Es ist der Mix an alten deutschen Traditionsgeschäften wie Leder & Trachten Huber oder Bäckerei Balletshofer sowie den türkischen Läden, die auch Stefan Meitinger schätzt. Das habe für ihn großstädtisches Flair. „Die Ulmer Straße könnte man auch in Berlin finden“, sagt der Gastronom, der hier nicht nur das Kneipenlokal „Bob’s“ betreibt. Den angrenzenden Helmut-Haller-Platz, der immer mal wieder als Treffpunkt der Drogenszene in den Blickpunkt gerät, belebt Stefan Meitinger bereits seit vier Jahren mit seiner mehrtägigen Veranstaltung „Sommer im Kiez“. Allein der Titel sagt viel aus, schließlich steht der Begriff Kiez für ein identitätsstiftendes Zugehörigkeitsgefühl der Bevölkerung.

    Viele Oberhausener lieben ihren Stadtteil. Das kann auch Karin Thieme bestätigen. Die 61-Jährige ist Professorin an der Universtität Augsburg und Expertin für geografische Stadtforschung. Thieme sagt, dass Oberhausen sicherlich ein Stadtteil ist, der nach wie vor nicht das beste Image besitzt. "Interessant ist jedoch, dass das Viertel bei den Bürgern, die dort leben, ein positives Innenansehen genießt! Die Menschen dort seien stark verwurzelt. Thieme beobachtet, wie das Viertel immer mehr in den Fokus jüngerer Menschen gerät. "Ich kenne viele Studenten, die hier leben und den Kiez richtig gut finden."

    Die Wohnungen sind billiger als anderswo in Augsburg

    Oberhausen sei nicht die „Belle Etage“ Augsburgs. Die gut verdienende Bevölkerung ziehe eher in den Spickel oder nach Göggingen – dort sind allerdings auch die Wohnungen teurer als in Oberhausen. „Dafür hat Oberhausen eine urbane und bunte Vielfalt, die bei Stadtentwicklungen oft verloren geht“, sagt die Wissenschaftlerin. Sie glaubt, dass sich in Zukunft immer mehr junge und vor allem kreative Menschen für den Stadtteil entscheiden werden. Das liege nicht nur am Ausbau des Gaswerkgeländes, wohin bereits das Theater gezogen ist und künftig auch Künstler eine Heimat für ihre Werkstätten finden. Auch andere Faktoren spielen laut der Professorin eine Rolle.

    Künstler und andere Kreative hätten nicht so viel Geld zur Verfügung wie zum Beispiel Lehrer oder Mediziner. In Oberhausen gebe es noch bezahlbaren Wohnraum. Hinzu kämen industrielle Architektur, die diese Klientel anspreche, und eben das urbane Flair. „Die Möglichkeiten, sich hier zu entfalten, sind vielleicht noch größer als in anderen Stadtteilen.“ Tatsächlich wird Oberhausen in den nächsten Jahren allein durch zwei große Neubaugebiete wachsen.

    Auf dem Zeuna-Stärker-Areal sollen rund 700 Wohnungen für etwa 1500 Menschen entstehen. Auf dem einstigen Cema-Gelände sind 350 Wohnungen geplant. Karin Thieme will keine Zukunftsprognose abgeben. Doch dass sich Oberhausens Charakter ändern könnte, schließt sie nicht aus. „Von einem aufstrebenden Viertel ist der Weg zur Gentrifizierung mit teuren Mieten und Luxuslofts in Industriegebäuden nicht weit.“ Exemplarisch dafür sei die Entwicklung des Textilviertels. „Dinge, die in Oberhausen durch Migranten geprägt wurden, wie etwa die Brautläden in der Ulmer Straße, könnten dann verdrängt werden.“

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Ina Marks: Oberhausens Image wird sich ändern

    Lesen Sie außerdem: Augsburgerin erzählt: Warum mir die Ulmer Straße fremd geworden ist

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