Eigentlich sollte am vergangenen Wochenende im buddhistischen Tempel in Dinkelscherben (Kreis Augsburg) ein Gartenfest stattfinden. Noch Mitte Juni hatte der Vorstand des Trägervereins dazu eingeladen. Doch nur wenige Tage später wurde das Fest wieder abgesagt. Den Mitgliedern ist nicht nach Feiern zumute. Der Gründer des Tempels, Zen-Priester Genpo D., ist am Dienstag wegen Kindesmissbrauchs zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt worden.
Genpo D., 62, habe „schwache und hilfsbedürftige“ Opfer ausgewählt, sagte Lenart Hoesch, der Vorsitzende Richter der Jugendkammer des Landgerichts Augsburg. Einige der Kinder seien von den Eltern eigens in seine Obhut gegeben worden. Der Angeklagte hatte gestanden, sieben Jungen im Alter von vier bis 13 Jahren missbraucht zu haben. Teils machte er auch Filme und Fotos von ihnen. Für einige der Missbrauchsopfer war Genpo D. wie ein Vaterersatz. Zwei Brüder im Grundschulalter, deren Vater gestorben ist, hatte er im Rahmen einer Trauerbegleitung kennengelernt. Missbraucht hat er auch einen im Kirchenasyl lebenden 13-jährigen Flüchtlingsjungen, dessen Vater in Tschetschenien ermordet wurde.
Der Trägerverein des Tempels dankt jetzt einer Mutter für ihre Strafanzeige
D., der in Augsburg für sein Engagement für den interreligiösen Dialog bekannt war, hat sich im Prozess mehrfach entschuldigt. Er hat zugesagt, den Opfern insgesamt 35.000 Euro zu zahlen. Die Reue, die D. gezeigt habe, nehme man ihm ab, sagte Richter Hoesch. Bei der Urteilsverkündung schirmte D. sein Gesicht zuerst mit einer Aktenmappe von den Kameras ab. Dann wandte er dem voll besetzen Zuschauerbereich den Rücken zu.
Der Trägerverein des Tempels, die Hakuin-Zen-Gemeinschaft, hat erstmals eine Stellungnahme veröffentlicht. Intern war es nach Informationen unserer Redaktion umstritten, ob sich der Verein äußern soll. In dem Text heißt es nun: „Unser ganzes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien. Ihnen wurde in einer Art und Weise Schmerzen und Leid zugefügt, die wohl ein Leben lang Narben hinterlässt.“ Gedankt wird der Mutter zweier missbrauchter Buben, die mit ihrer Anzeige gegen D. den Fall ins Rollen brachte. Trotz der Krise und mehreren Vereinsaustritten gibt es Bestrebungen, den Tempel zu erhalten. Ein Vorstandsmitglied schreibt in einem internen Brief: „Bis hierher haben wir es geschafft unter größten Schwierigkeiten und enormen Kraftaufwand den Tempel trotz der extrem schwierigen Lage zu erhalten.“
Er sagt, er wurde als Kind selbst von einem katholischen Pfarrer missbraucht
Mit dem Urteil liegt die Jugendkammer zwischen den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Staatsanwältin Birgit Milzarek hatte am vorletzten Prozesstag in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von neun Jahren beantragt. Genpo D. habe "auf üble Weise" das Vertrauen der Kinder und der Eltern für sich missbraucht. Besonders verwerflich ist nach Ansicht der Staatsanwältin, dass D. für einige Opfer wie ein Vaterersatz gewesen sei. Die Geschädigten, sagte sie, seien teils „psychisch abhängig“ von ihm gewesen.
Verteidiger Hermann Kühn hatte eine Strafe von maximal sechs Jahren für angemessen gehalten. Er sagte, D. habe einen schweren Lebensweg hinter sich, er sei unter anderem von seinem Vater schwer misshandelt worden. Dies sei keine Entschuldigung, aber eine Erklärung. Der Angeklagte selbst hatte auch davon berichtet, in seiner Kindheit im oberbayerischen Altötting von einem katholischen Pfarrer missbraucht worden zu sein. Ob Genpo D. das Urteil annehmen wird, blieb zunächst unklar. Er könnte dagegen noch mit einer Revision beim Bundesgerichtshof vorgehen. Es sieht aber derzeit nicht danach aus.