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Augsburg: Jetzt können die Kuka-Aktionäre Flagge zeigen

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Jetzt können die Kuka-Aktionäre Flagge zeigen

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    Verkaufen auch der schwäbische Familienkonzern Voith und die Firmengruppe um Friedhelm Loh ihre Anteile an Midea? (Symbolfoto)
    Verkaufen auch der schwäbische Familienkonzern Voith und die Firmengruppe um Friedhelm Loh ihre Anteile an Midea? (Symbolfoto) Foto: Oliver Berg, dpa

    Herr Leppek, Sie sind nicht nur der Chef der Augsburger IG Metall, Sie sind auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Kuka AG. Angenommen, das Gerücht stimmt und der deutsche Ankeraktionär Voith verkauft nun auch an den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea, der ein Übernahmeangebot vorgelegt hat. Kann dann

    Michael Leppek: Kuka ist ein deutsches Unternehmen und wird das auch bleiben. Es ist ein Unternehmen mit einer großen deutschen Tradition, und daran wird sich auch durch irgendeinen Investor nichts ändern. Wichtig ist nun aber, diese Eigenständigkeit von Kuka in den Verträgen mit Midea langfristig festzuschreiben.

    Welche Folgen hat es, wenn das Unternehmen Voith, das 25,1 Prozent hält, seine Anteile verkauft?

    Leppek: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Wir wissen ja noch gar nicht, ob Voith verkauft. Kuka hat aber auch in der Vergangenheit immer wieder unterschiedliche Aktionärsstrukturen gehabt und ist damit gut gefahren. Wir hatten mit Guy Wyser-Pratte schon einen Finanzinvestor aus den USA und mit Grenzebach ein regionales Familienunternehmen.

    Angenommen, Voith verkauft und der zweite Kuka-Großaktionär Friedhelm Loh auch, dann wird Kuka doch bald ganz in chinesischer Hand sein?

    Chinesische Unternehmen kaufen sich in Firmen in Deutschland ein

    Chinesische Unternehmen kaufen sich seit einigen Jahren in Firmen in Deutschland ein. Beispiele:

    EEW ENERGY: Die chinesische Holding Beijing Enterprises gibt Anfang Februar bekannt, den Spezialisten in der Müllverbrennung EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.

    KRAUSSMAFFEI: Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen - mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.

    KOKI TECHNIK TRANSMISSION SYSTEMS: Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernimmt 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wird nicht genannt.

    HILITE: Avic übernimmt 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.

    TAILORED BLANKS: Der Industriekonzern Thyssenkrupp schließt 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machen beide Seiten keine Angaben.

    KION: 2012 steigt der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kaufen zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigern 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhält der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.

    KION: 2012 steigt der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kaufen zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigern 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhält der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.

    KIEKERT: Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.

    Leppek: Diese Entscheidung liegt ganz in der Verantwortung der Aktionäre. Jetzt können auch die größeren Aktionäre zeigen, ob sie hinter Kuka stehen. Natürlich ist es wichtig, Ankeraktionäre zu haben, die langfristig zu dem Unternehmen halten und vertrauensvoll mit allen Beteiligten zusammenarbeiten.

    Im Gespräch ist auch immer wieder, dass der schweizerische Industriekonzern ABB ein Angebot vorlegt?

    Leppek: Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein anderes Angebot außer das von Midea. Es liegt in der Natur der Sache, dass man lieber aus mehreren Angeboten auswählen würde, aber dies ist bis jetzt nicht der Fall.

    Der Vorstandschef von Kuka, Till Reuter, wird nach Medienberichten im Aufsichtsrat kritisiert, weil er bereits vor dem Übernahmeangebot mit Midea Kontakt gehabt hatte. Hat sich Reuter aus Ihrer Sicht falsch verhalten und ist den Chinesen gegenüber von Anfang an zu aufgeschlossen aufgetreten?

    Leppek: Nein. Aus meiner Sicht werden hier einzelne Worte auf die Goldwaage gelegt. Nein, Kuka-Chef Reuter hat bereits auf der Hauptversammlung unmissverständlich klargemacht, dass jedes Angebot ergebnisoffen geprüft wird. Wenn ihm jetzt vorgeworfen wird, dass er schon im Vorfeld mit den Chinesen Kontakt hatte, dann war das seine Pflicht. Schließlich hatte Midea im Februar angekündigt, die Zehn-Prozent-Schwelle zu überschreiten und weitere Anteile zu erwerben, da gehört es zu den Aufgaben eines Vorstandschefs, mit diesem Aktionär Kontakt aufzunehmen.

    Das Übernahmeangebot der Chinesen schürt Ängste. Wie viel Sorgen müssen sich die Arbeitnehmer bei Kuka aus Ihrer Sicht machen?

    Leppek: Das alles Entscheidende ist nun, dass wir die Arbeitsplatzgarantie, die Midea ja bereits gegeben hat, auf möglichst lange Zeit festschreiben. Und wie gesagt, die Eigenständigkeit von Kuka gilt es in Verträgen zu bewahren und das Know-how zu schützen. Das ist unser gemeinsames Interesse bei Kuka. Auch bezüglich der Datensicherheit müssen entsprechende Vereinbarungen und Vorkehrungen getroffen werden. Ich habe keine Angst vor Investoren. Wichtig ist aber, dass sie langfristig an Kuka interessiert sind und nicht nur auf die Gewinne schielen.

    Die Politik ist alarmiert und macht sich Sorgen, dass mit dem Einstieg der Chinesen Know-how nach Asien abfließen könnte. Sind diese Ängste Ihrer Ansicht nach berechtigt?

    Leppek: Die Sorgen muss man ernst nehmen. Doch diese Diskussionen hätten meiner Meinung nach viel früher geführt werden müssen. Nicht erst dann, wenn sich abzeichnet, dass ein Übernahmeangebot kommt. Dann kommen sie zur Unzeit. Und nicht jeder, der helfen will, hilft wirklich.

    Sie meinen, die Politik hätte sich früher für den Schutz deutscher Technologien einsetzen müssen?

    Leppek: Ja. Denn die Politik hat zugelassen, dass beispielsweise die Kommunikationstechnologie, die Solartechnologie, die Technik für die Windenergie an die Chinesen ging – ohne jeden Aufschrei. Weil Kuka bei der Digitalisierung, der sogenannten Industrie 4.0, die jetzt in aller Munde ist, eine Schlüsselrolle einnimmt, erfolgt nun Widerstand. Doch es darf und wird kein Kuka-Gesetz geben. Die Politik muss sich endlich grundsätzlich entscheiden, welche Werte, welche Schlüsseltechnologien wollen wir wie langfristig absichern. Dass dies über die Rüstungs- und Sicherheitstechnologie hinausgehen muss, ist hoffentlich klar. Wichtig ist vor allem, wie die Politik ihre Schlüsseltechnologien künftig schützt. Doch noch einmal: Kuka darf kein Opfer werden, indem Störfeuer gelegt werden, wenn sich ein Übernahmeangebot abzeichnet.

    Das Übernahmeangebot liegt jetzt aber bereits auf dem Tisch. Wie geht es weiter?

    Leppek: Der Vorstand und der Aufsichtsrat von Kuka werden bis spätestens 30. Juni eine Stellungnahme zu dem vorhandenen Midea-Angebot abgeben. Wir hoffen, dass die Aktionäre diese Stellungnahme auch gründlich durchlesen, weil sie eine Grundlage für ihre Entscheidung sein soll. Dann müssen wir das Votum der Aktionäre abwarten.

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