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Augsburg: Ist der Augsburger Ordnungsdienst zu streng?

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Ist der Augsburger Ordnungsdienst zu streng?

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    Der Ordnungsdienst der Stadt hat inzwischen 21 Mitarbeiter.
    Der Ordnungsdienst der Stadt hat inzwischen 21 Mitarbeiter. Foto: Annette Zoepf

    Gunther Gottstein ist nach eigener Einschätzung kein Rowdy. Doch als er vor einiger Zeit die Max-Gutmann-Straße entlangradelte wurde er dort vom Ordnungsdienst vom Rad gezogen und auf eine, wie er sagt, „oberlehrerhafte“ Weise darauf hingewiesen, dass er im verkehrsberuhigten Bereich zu schnell unterwegs sei. Und weil er die Maßnahme nicht ohne Widerworte hinnehmen wollte, gab es obendrauf ein Bußgeld. Immer wieder erreichen die Redaktion Klagen von Lesern, die sich vom städtischen Ordnungsdienst ungerecht oder auch unhöflich behandelt fühlen. Es werden fehlendes Fingerspitzengefühl und scheinbar übertriebene Kontrollen bemängelt. Die Stadtratsfraktion von Pro Augsburg hat zu diesem Thema im Oktober eine Anfrage im Allgemeinen Ausschuss gestellt. Ohne konkrete Beispiele wollte sich Ordnungsreferent Dirk Wurm dazu allerdings nicht äußern, berichtet der Stadtrat Thomas Lis.

    Gunther Gottstein ist immer noch verärgert. „Es stand dort über mehrere Tage ein Großaufgebot von fünf blau uniformierten Mitarbeitern des Ordnungsamtes und winkten fast ununterbrochen gemächlich dahinzuckelnde Fahhradfahrer mit der Kelle raus“, schildert Gottstein die Situation. Sie seien belehrt worden, obwohl das Fahrverhalten eindeutig darauf schließen ließ, dass sie sich vernünftig, verantwortungsbewusst und mit angepasster Geschwindigkeit in der verkehrsberuhigten Zone fortbewegen wollten, schildert der Lehrer an einer Fortbildungseinrichtung für Erwachsene. Das Argument: Wer einen Fußgänger überholt fährt schneller als Schrittgeschwindigkeit.

    Ordnungsamts-Chef nimmt seine Mitarbeiter in Schutz

    Der Chef des Ordnungsamtes, Andreas Bleymaier sagt, seine Mitarbeiter hätten alles richtig gemacht. Vier bis sieben Stundenkilometer seien nach Straßenverkehrsordnung Schrittgeschwindigkeit, schneller dürfe man in diesem Bereich eben nicht fahren. „Wir machen die Gesetze ja nicht, aber wir sind dafür da, dass sie eingehalten werden“, so der Leiter des städtischen Verkehrsüberwachungs- und Ordnungsdienst. Leider käme es immer wieder zu Diskussionen mit Bürgern, die sich von den Kontrollen gegängelt fühlen. „Unsere Mitarbeiter verwarnen die Bürger in neun von zehn Fällen mündlich.“ Nur wenn sich jemand uneinsichtig zeige, gebe es ein Bußgeld. Uneinsichtig bedeutet laut Bleymaier unter anderem auch, wenn man mit den Ordnungsdienstmitarbeitern zu diskutieren anfängt.

    Diskutiert hat auch Vladislav Hirschfeld, als er gemeinsam mit einem Bekannten, einem Ingenieur aus Darmstadt, diesen Sommer um 21 Uhr auf dem Skatepark im Univiertel noch ein Bierchen getrunken hat und wegen „Alkohol auf dem Spielplatz“ verwarnt wurde. 50 Euro kostete ihn der Spaß. „Wir haben uns nach dem Sport noch hingesetzt und etwas getrunken“, berichtet der Grafiker. Plötzlich kamen sechs Mann aus dem Gebüsch und fingen an, uns Paragrafen vorzulesen, erinnert er sich. Weil er nicht alles glaube, was man ihm erzählt, wollte er die genannten Vorschriften mit dem Handy googeln. „Daraufhin wurden die Herren sichtlich nervös und waren gar nicht mehr freundlich“, so Hirschfeld.

    Die konkrete Situation kann Bleymaier nicht mehr nachvollziehen, allerdings habe es zu dieser Zeit erhebliche Beschwerden von Nachbarn über Alkohol und Lärm auf dem Skateplatz gegeben. Aus diesem Grund hätten die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes dort verstärkt kontrolliert. Dass das Ordnungsamt im Sommer in so großen Gruppen unterwegs war, lag an den „Azubis“, die gemeinsam mit ihren erfahrenen Kollegen auf Streife waren. „Tagsüber sind die Streifen in Zweierteams unterwegs, nachts auf der Maxstraße auch mal zu viert“, erklärt der Ordnungsamtschef. „Wir haben jetzt unsere volle Personalstärke erreicht, weshalb so große Gruppen im nächsten Jahr nicht mehr vorkommen sollten“, verspricht Bleymaier.

    Die Anforderungen für die Mitarbeiter im Ordnungsdienst sind gestiegen

    In letzter Zeit habe es einige Neueinstellungen gegeben. 21 Mitarbeiter, davon vier Frauen, arbeiteten jetzt für den Ordnungsdienst. Auswahl und Ausbildung seien anspruchsvoll. „Der Ordnungsdienst von 2005 ist mit dem von 2018 nicht mehr zu vergleichen.“ Bei der Gründung bestanden die Mitarbeiter noch aus Ein-Euro-Jobbern. Mittlerweile bräuchten Bewerber eine abgeschlossene Verwaltungsausbildung oder eine Ausbildung in einem verwaltungsnahen Beruf, auf die dann ein Verwaltungslehrgang draufgesattelt würde. Die eigentliche Ordnungsdienstausbildung dauerte dann noch einmal ein halbes Jahr. Neben rechtlichen Grundlagen, wie dem Ordnungswidrigkeitsrecht oder den städtischen Satzungen, gäbe es auch interkulturelle Schulungen oder Lehrgänge in erster Hilfe. Alle Mitarbeiter hätten eine Ausbildung als „Konfliktmanager“. Teile der Schulung übernimmt die Polizei, wie Sprecher Sigfried Hartmann bestätigt. Themen wie Waffen, Drogen, Strafrechts- und Notwehrgrundsätze vermitteln Beamte der

    In erster Linie setzten die Ordnungsdienstmitarbeiter das Stadtrecht durch, so Bleymaier. Bei der Höhe der Verwarnungen gebe es dabei keinen Spielraum – alles sei genau geregelt. Wer sich weigert, seine Personalien anzugeben, begeht eine Ordnungswidrigkeit – und kann mit bis zu 1000 Euro zur Kasse gebeten werden. Bleymaier kann es als „Privatmann“ verstehen, dass man sich über die eine oder andere Kontrolle ärgert. Aber gerade wenn sich Bürger beispielsweise über Lärmbelästigung beschwerten, sei das Ordnungsamt verpflicht, dem nachzugehen. Und während sich die einen gegängelt fühlten, könnten es für die anderen viel mehr Kontrollen sein.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Wie man sich Ordnungshüter wünscht

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