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Augsburg: Interview aus der Abschottung: So geht Benedikt Lika mit Corona um

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Interview aus der Abschottung: So geht Benedikt Lika mit Corona um

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    Der Augsburger Stadtrat Benedikt Lika ist digital fit und gut aufgestellt, was ihm die selbst gewählte Isolation etwas erleichtert.
    Der Augsburger Stadtrat Benedikt Lika ist digital fit und gut aufgestellt, was ihm die selbst gewählte Isolation etwas erleichtert. Foto: Peter Fastl

    Das vergangene Jahr begann für Sie trotz der ersten Corona-Welle sehr erfreulich. Sie wurden von den Augsburgern zum zweiten Mal in den Stadtrat gewählt und schafften erneut auf der CSU-Liste einen großen Sprung nach vorne. Was hat das für Sie bedeutet?

    Benedikt Lika: Ich habe mich sehr gefreut, weil mein gutes Abschneiden ein Zeichen war, dass die Augsburgerinnen und Augsburger mich und meine Arbeit im Stadtrat positiv bewerten. Meine Wiederwahl zeigt auch, dass das Thema Inklusion, für das ich stehe, in Augsburg einen großen Stellenwert hat. Leider hat dieses Thema jetzt durch die Corona-Pandemie an Schwung verloren. Menschen mit Behinderung sind wieder unsichtbarer geworden. Aus vermeintlicher Fürsorge werden sie alle als Risikopatienten eingestuft und werden wieder wegverwaltet. Doch bei Weitem nicht jeder Behinderte hat ein höheres Risiko, schwerer zu erkranken als ein Nichtbehinderter seiner Altersgruppe.

    Wie gefährdet fühlen Sie sich?

    Lika: Aufgrund meiner eingeschränkten Lungenkapazität zähle ich bei Erkrankung an Covid-19 objektiv betrachtet zur Risikogruppe. Das ist die einhellige Meinung der mich betreuenden Ärzte. Subjektiv betrachtet ist diese Kategorisierung jedoch eine Belastung, die ich gar nicht so stark an mich heranlassen möchte, da niemand den definitiven Verlauf prognostizieren kann. Das ist das Perfide an Corona. Und eigentlich bin ich ein grundoptimistischer Mensch, der nie vom Schlimmsten ausgeht und aus jeder Situation das Beste zu machen bemüht ist.

    In Ihrem persönlichen Jahresrückblick schreiben Sie aber, dass die zweite Corona-Welle Sie wesentlich härter getroffen hat als die erste. Was ist passiert?

    Lika: Im Sommer war ich noch eifrig und unbeschwert unterwegs, auch in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen. Als im Herbst die Infektionszahlen hochgeschossen sind, habe ich mich in Komplettisolation begeben. Ich verlasse das Haus eigentlich nur noch für die wöchentliche Physiotherapie. Ich habe mich aber nicht ausschließlich aus Angst vor einer Ansteckung dazu entschlossen, sondern weil ich wegen meines Sauerstoffgerätes keinen Mund-Nasen-Schutz tragen kann. Eine Befreiung von der Maskenpflicht wollte ich aber nicht, um als politischer Mandatsträger keine "Angriffsfläche" für die lautstarken Skeptiker zu geben und mich ständig in digitalen und analogen Diskussionen rechtfertigen zu müssen.

    Haben Sie noch persönliche Kontakte in Ihrer selbst gewählten Isolation?

    Lika: Da ich im Elternhaus mein eigenes Reich habe, sehe ich noch meine Eltern und meinen jüngsten Bruder. Auch zwei sehr gute Freunde, von denen ich weiß, dass sie umsichtig mit der aktuellen Situation umgehen, kommen mich besuchen und erleichtern damit die Isolation.

    Was bedeutet diese Abschottung für Sie persönlich? Wie hat sich Ihr Alltag verändert?

    Lika: Da ich ein grundoptimistischer Mensch bin, bedeutet die Abschottung für mich vor allem Entschleunigung. Das hat auch sein Gutes, weil ich nun in dem Rhythmus meinen Alltag gestalten kann, den ich brauche. Jetzt habe ich zum Beispiel mehr Zeit, mit regelmäßigen physiotherapeutischen Übungen etwas für meine Fitness zu tun. Bei den oft gedrängten Terminen vor Corona kam das bisweilen zu kurz. Meine Stadtratsarbeit freilich ist momentan reduziert. Zwar nehme ich an Fraktionssitzungen über Zoom teil, bringe mich und meine Expertise in den Vorbesprechungen ein, lasse mich dann allerdings in den Ausschüssen vertreten. Bei den Stadtratssitzungen fehle ich leider. Ich hoffe, dass wir demnächst entweder die virtuelle Teilnahme durch die bayerische Gemeindeordnung bekommen oder mir zum Beispiel mit einer Art Plexiglaskasten eine Möglichkeit geschaffen wird.

    Was fehlt Ihnen am meisten?

    Lika: Auch wenn ich digital gut ausgestattet und fit bin, fehlen mir die persönlichen Begegnungen und der Austausch mit anderen Menschen. Als Musikwissenschaftler vermisse ich Kulturveranstaltungen wie Konzerte und Theater. Ich stehe daher gerade mit Künstlern in Kontakt, denen die Situation auch in existenzieller Hinsicht schwer zu schaffen macht.

    Tatsächlich stehen viele Existenzen auf dem Spiel. Doch es protestieren auch Tausende Menschen gegen die Corona-Einschränkungen, weil sie sich in ihren Grundrechten eingeschränkt fühlen. Was empfinden Sie, wenn Sie Bilder und Beiträge von den Demonstrationen sehen?

    Lika: Ich muss fast schmunzeln, wie rasch hier von der Einschränkung der Grundrechte die Rede ist, nur weil für einen begrenzten Zeitraum das gewohnte Leben etwas beeinträchtigt ist, weil Clubs, Restaurants und Fitnessstudios geschlossen sind. Menschen mit Behinderung sind oft ein Leben lang in ihren Grundrechten eingeschränkt, etwa wenn es um die freie Schul- oder Berufswahl geht. Oder weil Restaurants, Arztpraxen oder alltägliche Dienstleistungen nicht barrierefrei zugänglich sind.

    Unter den Demonstranten sind viele Impfgegner. Sehnen Sie schon den Tag herbei, an dem Sie gegen das Coronavirus geimpft werden?

    Lika: Ganz ehrlich, ich stecke in einem Zwiespalt, ob ich mich impfen lassen soll. Man hat mir in meinem Leben schon öfters Therapien nahegelegt, die ich abgelehnt habe, und bin damit richtig gelegen. Ich bin nicht gegen die Impfung an sich, werde aber nicht als Erster hier schreien. Ich fände es wichtig, dass der Fokus der Forschung nicht nur auf Impfstoffe, sondern auch auf Medikamente gegen das Virus gelegt wird, um den akut Erkrankten helfen zu können.

    Zu guter Letzt: Wenn für Sie (und uns) wieder ein normaleres Leben möglich ist, auf was freuen Sie sich am meisten?

    Lika: Ich freue mich auf Begegnungen mit Freunden und den Stadtratskollegen und hoffe, dass auch wieder andere Themen wichtig werden. In Augsburg müssen wir beispielsweise den Inklusionsplan fortschreiben, da sind wir noch lange nicht fertig.

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