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Augsburg: Insolventes Pflegeheim: Am Haus Marie entsteht ein Mehrfamilienhaus

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Insolventes Pflegeheim: Am Haus Marie entsteht ein Mehrfamilienhaus

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    Das Pflegeheim Haus Marie ist geschlossen. Ein Transparent weist auf die Pläne für das Areal hin.
    Das Pflegeheim Haus Marie ist geschlossen. Ein Transparent weist auf die Pläne für das Areal hin. Foto: Brigitte Mellert

    Ein Banner der Unternehmensgruppe Bricks & Mortar Immobilien weist darauf hin: Auf dem Grundstück Oblatterwallstraße 32 entsteht ein neues Mehrfamilienhaus. Eine Baugenehmigung liege zwar noch nicht vor, aber die Unternehmensgruppe hofft, dass im Oktober mit den Bauarbeiten begonnen werden könne, teilt sie auf Anfrage mit.

    Augsburg: Das übrig gebliebene Personal kümmert sich um die Bewohner

    Es ist ein Grundstück mit Vorgeschichte. Gerade einmal zwei Monate ist es her, dass dort das Haus Marie geschlossen wurde.Die Stadt Augsburg hatte Mitte Januar die Reißleine gezogen und in dem führungslosen Pflegeheim den Betrieb eingestellt. Zuvor war es in der Einrichtung drunter und drüber gegangen: Ein Heimleiter und Geschäftsführer fehlten, die Pflegedienstleitung musste sich in den Krankenstand verabschieden, Mitarbeiter suchten sich aufgrund der Ungewissheit neue Jobs, letztlich kündigten sich auch noch die Gesellschafter der Betreiber-GmbH gegenseitig zum 31. Dezember. Das übrig gebliebene Personal kümmerte sich nach besten Kräften um die verbliebenen Bewohner – ohne zu wissen, wie es weitergehen sollte. Inzwischen ist viel passiert.

    Das Haus Marie in der Jakobervorstadt hatte einen guten Ruf – es wurde lange Zeit von dem als „Pflege-Rebell“ bekannt gewordenen Augsburger Armin Rieger geleitet. Jetzt steht es aber ohne Führung da.
    Das Haus Marie in der Jakobervorstadt hatte einen guten Ruf – es wurde lange Zeit von dem als „Pflege-Rebell“ bekannt gewordenen Augsburger Armin Rieger geleitet. Jetzt steht es aber ohne Führung da. Foto: Bernd Hohlen

    Insolvenzverwalter Georg Stemshorn von der Kanzlei Pluta hat seine Arbeit aufgenommen. Armin Rieger, neben Werner Harlander einer der beiden damaligen Gesellschafter der Pflegeeinrichtung, hatte im Januar gegenüber unserer Zeitung geäußert, er werde einen Insolvenzantrag stellen. Er habe keine Bankvollmacht und wisse nicht, was Sache sei. „Am Ende bin ich wegen Insolvenzverschleppung dran.“

    Das Gericht hat seinem Antrag stattgegeben. „Ein Antrag ist zulässig, wenn der Eröffnungsgrund einer Insolvenz glaubhaft gemacht wird. Das ist in diesem Verfahren der Fall“, erklärt Georg Stemshorn. Seine Aufgabe ist es nun als vorläufiger Insolvenzverwalter, die finanzielle Lage der Gesellschaft zu analysieren. „In den kommenden Wochen werde ich prüfen, ob Insolvenzgründe vorliegen, also eine Zahlungsunfähigkeit und, beziehungsweise oder, eine Überschuldung. Dazu werde ich für das Gericht ein Gutachten erstellen.“ Ziel in jedem Insolvenzverfahren sei es, das bestmögliche Ergebnis für die Gläubiger zu erzielen.

    Fast alle Mitarbeiter haben wieder einen Job

    Gerade die Mitarbeiter litten unter der abrupten Betriebseinstellung – für Januar erhielten sie keinen Lohn mehr, weil sie keine ordentliche Kündigung erhalten hatten, und auch erst einmal keine Zahlungen vom Amt, berichten ehemalige Angestellte. „Bis auf eine Person hat inzwischen jeder einen neuen Job gefunden“, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Ihre Kollegen waren bei Anwälten und bei Gericht, um an ihr Geld zu kommen. Bislang ohne Erfolg.

    Insolvenzverwalter Georg Stemshorn: „Mir liegen derzeit leider noch nicht alle Unterlagen vor. Sobald ich alle Daten für die Lohn- und Gehaltsabrechnungen habe, werde ich schnellstmöglich in die Wege leiten, dass die Mitarbeiter ihre Lohn- und Gehaltsabrechnungen erhalten und einen Vorschuss auf das Insolvenzgeld beantragen können.“ Die Höhe der Insolvenzgeldzahlung richte sich nach dem Nettolohn des Arbeitnehmers. Ein Anspruch bestehe, wenn für den Anspruchszeitraum noch offene Lohnzahlungen ausstehen.

    Stemshorn betont, dass alle Gläubiger in einem Verfahren gleichmäßig behandelt würden: Jeder erhalte die gleiche Quote. „Es ist Vermögen vorhanden, sodass voraussichtlich die Gläubiger einen Teil ihrer Forderungen zurückerhalten werden. Aber zuerst muss ich prüfen, ob Insolvenzgründe vorliegen. Das wird sicherlich mehrere Wochen dauern“, sagt er.

    Das Haus Marie in der Oblatterwallstraße wurde geschlossen. Die Bewohner mussten in andere Einrichtungen verlegt werden.
    Das Haus Marie in der Oblatterwallstraße wurde geschlossen. Die Bewohner mussten in andere Einrichtungen verlegt werden. Foto: Michael Hochgemuth

    25 Bewohner zählte das Haus Marie noch Anfang Januar. Innerhalb kürzester Zeit mussten Angehörige und Betreuer eine neue Bleibe für sie finden. Als die Stadt den Betrieb der Einrichtung einstellte, kamen schließlich noch 13 pflegebedürftige Frauen und Männer im städtischen Haus Lechrain unter. „Um den insgesamt 13 Bewohnern die Eingewöhnung im neuen Haus zu erleichtern, wurden diese in räumlich nahe beieinanderliegenden Wohnbereichen auf einer Etage untergebracht“, berichtet Daniela Frumert von der Altenhilfe. Gerade die Begegnungen zu den Mahlzeiten in der Wohnküche oder bei Aktivitäten würden ihnen ein tägliches Wiedersehen ermöglichen. Im Haus Marie waren schwerst pflegebedürftige Menschen untergebracht, die unter anderem an Demenz litten.

    Augsburg: Umzug pflegebedürftiger Menschen ist Stress für sie

    Solch ein Umzug von pflegebedürftigen und älteren Menschen sei „ohne Frage ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor“, so Daniela Frumert. „Einer der ersten neuen Bewohner vom Haus Marie, der schon im Dezember in das Haus Lechrain einzog, ist aufgrund eines umfänglichen multimorbiden Krankheitsbildes Mitte Februar verstorben“, sagt sie. Mitarbeiter berichten, dass nach der Schließung von Haus Marie inzwischen sechs ehemalige Bewohner nicht mehr leben.

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