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Augsburg: In Oberhausen wächst die Wut auf die Stadt Augsburg

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In Oberhausen wächst die Wut auf die Stadt Augsburg

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    Unter diesen Dächern braut sich Unmut zusammen: Rechts im Bild ist die Bahnlinie mit dem Oberhauser Bahnhof unten zu erkennen, links ist die Ulmer Straße mit der Tram zu sehen.
    Unter diesen Dächern braut sich Unmut zusammen: Rechts im Bild ist die Bahnlinie mit dem Oberhauser Bahnhof unten zu erkennen, links ist die Ulmer Straße mit der Tram zu sehen. Foto: Ulrich Wagner

    Der Widerstand von Eigentümern in Oberhausen, die 20 Jahre nach der Sanierung ihres Stadtviertels südlich der Ulmer Straße von der Stadt zur Kasse gebeten werden, wächst. Inzwischen waren die ersten Eigentümer beim Anwalt, um die Gutachten der Stadt überprüfen zu lassen. Zudem gab es eine erste Unterschriftensammlung, um die Rathausfraktionen aufmerksam zu machen. Unter Umständen wolle man auch Flugblätter in Briefkästen werfen und eine Versammlung aller Eigentümer organisieren, sagt Anwohnerin Lydia Schalk.

    Wie berichtet hat die Stadt vor einigen Wochen damit begonnen, die ersten Wohnungs- und Hauseigentümer anzuschreiben. Sie werden darauf hingewiesen, dass sie für die öffentlich finanzierte Stadtteilsanierung aus den 80er/90er-Jahren mitzuzahlen haben. Grundlage ist ein Wertgutachten, das für jedes Grundstück erstellt wird. In diesem Gutachten heißt es unter anderem, die Sanierung habe zu einer Wertsteigerung der Grundstücke von in der Regel zwölf Prozent geführt.

    Allerdings wird diese Rechnung von vielen Eigentümern angezweifelt. „Direkt bei mir vor dem Haus sieht es aus wie vor 20 Jahren“, sagt etwa Daniel Lux. Die nächste sanierte Straße sei mehr als 100 Meter entfernt. „Ich bin der Meinung, dass das Haus bei einem Verkauf den gleichen Wert erzielen würde, egal ob die Ulmer Straße saniert wurde oder nicht.“ Er werde nun wohl seine Mieter auf eine Mieterhöhung vorbereiten müssen.

    Oberhausen ist ein Viertel mit Problemen

    Auch Lydia Schalks Haus, in dem die Kinder ein Stockwerk bewohnen, liegt nicht direkt an einer sanierten Straße. In ihrem Fall hat die Stadt 25.000 Euro an Sanierungsvorteil berechnet, die sie und ihre Familie als Alleineigentümer tragen müssen. „Aber die behauptete Wertsteigerung stimmt mit der Realität nicht überein.“ Oberhausen sei nach wie vor ein Viertel mit Problemen. Sie verweist darauf, dass es auch in sanierten Straßen verfallende Häuser gibt. Ein Anzeichen für Wertsteigerung sei das kaum. „Und die Krönung wäre es gewesen, wenn die Stadt den Süchtigentreff wie zuerst geplant in die Dinglerstraße mitten ins Sanierungsgebiet gesetzt hätte und dann Geld für die Wertsteigerung verlangt“, so Schalk.

    Die Stadt hält mit Verweis aufs Baugesetzbuch daran fest, dass sie sogar verpflichtet sei, einen Ausgleichsbeitrag zu verlangen. Die Wertsteigerung werde für jedes Grundstück einzeln ermittelt, so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Dass die Abrechnung mehr als 20 Jahre nach der Sanierung kommt, liege daran, dass es lange gedauert habe, das Maßnahmenpaket umzusetzen. Die positiven Folgen der Stadtteilsanierung hielten bis heute an. „Dies lässt sich nicht nur in der Altstadt, sondern auch in Oberhausen gut beobachten. Es ist davon auszugehen, dass viele Eigentümer ihre Immobilie dort nicht erworben hätten, wenn die öffentliche Hand zuvor nichts zur Aufwertung des Gebiets unternommen hätte“, so Merkle. Die Stadt hatte in Oberhausen, das vor 30 Jahren massive Probleme hatte, in den 80er und 90er Jahren zusammen mit der Städtebauförderung rund sechs Millionen Euro investiert, um das Wohnumfeld zu verbessern: Die Ulmer Straße wurde neu gestaltet, Nebenstraßen verkehrsberuhigt, gepflastert und begrünt, eine Tiefgarage für Anwohner gebaut.

    Anwohnerbeteiligung liegt unter dem Investitionsbetrag

    Die Einnahmen durch die Anwohnerbeteiligung, betont Merkle, lägen deutlich unter dem Investitionsbetrag. Denn im Viertel wird schon gerechnet. Von mehreren Grundstücken ist bekannt, dass 25.000 Euro und mehr an Wertsteigerung berechnet sind – hochgerechnet ergäbe das einen Betrag von neun Millionen Euro. Der Durchschnittswert liege, auch wenn man erst am Anfang der Abrechnung stehe, aber niedriger, so Merkle.

    Auch beim Eigentümerverband Haus und Grund haben sich schon mehrere Mitglieder gemeldet, sagt Geschäftsführerin Gabriele Seidenspinner. Sie rät den Mitgliedern, momentan abzuwarten. Denn die Info-Briefe der Stadt sind noch keine Zahlungsaufforderungen. Wer bis zum Mai 2019 zahlt, bekommt zehn Prozent Abschlag. Die Bescheide werden dann in zwei Jahren herausgehen. Seidenspinner verweist darauf, dass sich im Beitragsrecht momentan einiges tue. Die Landesregierung ist dabei, die Straßenausbaubeiträge zu kippen. Bei Sanierungsgebieten (hier ist der Bund zuständig) gibt es noch keine Bewegung. Es sei nicht gesagt, dass es dabei bleibt, so Seidenspinner. In jedem Fall müsse die Stadt darauf achten, dass die Beiträge bezahlbar sind. Nicht jeder Eigentümer sei vermögend. „Für viele sind mehrere tausend Euro ein sehr hoher Betrag.“ Die Stadt hat bereits angekündigt, in Härtefällen auch zinslose Ratenzahlungen zu gewähren.

    Oberhausen ist neben der Augsburger Altstadt das einzige Viertel, in dem nach einer Sanierung noch in derartigem Umfang abgerechnet wird. Die Sanierungen in jüngerer Zeit (z.B. „Soziale Stadt“ in Oberhausen-Nord) liefen in einem anderen Verfahren, bei dem keine Eigentümerbeteiligung fällig wird. Der Schwerpunkt dabei liegt nicht in einer großflächigen Neuordnung des Gebiets, sondern in punktuellen Maßnahmen mit meist viel geringerem Investitionsvolumen.

    Gesetzlich seien beide Verfahren gleichgestellt, betont Baureferent Gerd Merkle. Allerdings habe die Stadt mit Blick auf die angespannte Haushaltslage zuletzt keine großen Sanierungen mehr gestartet. Zudem wolle man eine Gentrifizierung vermeiden, also den Fakt, dass die angestammte Bevölkerung durch eine Sanierung und steigende Preise vertrieben wird. 

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