Eckard Rasehorn gilt als Fachmann in der Altenhilfe, auch in Krisen ist der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Augsburg (AWO) als besonnener Manager bekannt. Die Häufung von Corona-Fällen in Seniorenheimen in diesen Tagen geht dem Mittsechziger jedoch merklich an die Substanz. "Das Virus ist so massiv in der Stadt unterwegs, dass es an allen Ecken und Enden hereinbricht", sagt er. In zwei Einrichtungen der AWO Augsburg gab es am Wochenende traurige Nachrichten. Zwei der positiv getesteten Senioren aus dem Christian-Dierig-Haus in Pfersee sind laut Rasehorn ebenso im Krankenhaus gestorben wie ein Bewohner der Intensivpflege im Sozialzentrum Hammerschmiede. Dabei seien die Betroffenen teilweise sogar in einem stabilen Zustand und nicht auf Beatmung angewiesen gewesen.
Mit Sorge blickt der AWO-Chef auf die Lage im Dierig-Haus, nicht nur wegen der zwölf mit Corona infizierten Senioren (davon zwei im Krankenhaus), sondern auch wegen der Beschäftigten. 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten ein positives Testergebnis vorliegen, darunter seien bei weitem nicht alle symptomfrei. "Auch die Jüngeren zeigen teilweise Symptome." Obwohl aus anderen Einrichtungen Personal aushilft, sei in Pfersee wegen des massiven Ausfalls "alles auf Kante genäht. Uns gehen die Mitarbeiter aus", skizziert Rasehorn die Lage. Wegen Corona ist das Dierig-Haus für Besucher vorerst bis 8. November geschlossen, Ausnahmen gibt es nur für Angehörige von Sterbenden beziehungsweise Palliativ-Patienten.
Corona in sieben Augsburger Seniorenheimen
Insgesamt meldet die Stadt am Montagabend ein Corona-Infektionsgeschehen in sieben Alteneinrichtungen. Warum kann sich das Virus gerade in den Seniorenheimen mit ihren Schutz- und Hygienemaßnahmen so massiv ausbreiten? Eckard Rasehorn führt dies auf mehrere Faktoren zurück. Da seien zum einen die mobilen Senioren, die in der Stadt unterwegs seien ("wir können sie ja nicht einsperren"). Auch bei den Besuchen auf den Zimmern könne nicht überprüft werden, ob sich Angehörige und Bewohner tatsächlich durchgängig an die Maskenpflicht halten. "Zuletzt bringen auch Beschäftigte das Virus von außen in die Einrichtung." In der AWO-Einrichtung in der Hammerschmiede seien aktuell vier Mitarbeiter infiziert sowie zwei Bewohner.
Seit Wochen bestimmt Corona auch im Haus Abraham in Inningen den Alltag. Zu den bereits drei bekannten Todesfällen in Zusammenhang mit einer Infektion ist am Wochenende ein weiterer gekommen. Damit sind insgesamt vier positiv getestete Bewohner gestorben, teilt der Träger mit. Zeitweise waren in dem Haus fast 30 Senioren infiziert, aktuell sind es laut Sprecher Bernhard Rössler noch fünf. Sie werden im Heim versorgt, wohingegen sich die fünf positiv getesteten Mitarbeiter in häuslicher Quarantäne befinden. Voraussichtlich an diesem Dienstag sollen alle Bewohner und Mitarbeiter im Haus Abraham in Absprache mit dem Gesundheitsamt noch einmal getestet werden.
Dementen Senioren sind Abstandsregeln kaum zu vermitteln
Umfangreiche Tests haben im Hospitalstift weitere Corona-Fälle zutage gefördert. Wie die Stadt mitteilt, sind in der Einrichtung am Montag zehn neue Fälle hinzugekommen. Damit sind in dem Haus 28 Bewohnerinnen und Bewohner sowie vier Beschäftigte infiziert. Zahlreiche Testergebnisse stünden noch aus, heißt es. Einrichtungsleiter Michael Meier sagt: Wir hoffen sehr, dass es keine weiteren Fälle geben wird." Eine Ursache für die gehäufte Anzahl von Fällen könnte sein, dass Abstandsregeln besonders bei demenziell erkrankten Personen nur sehr schwer zu vermitteln sind, vermutet der Heimleiter. Je eine Neuinfektion bei einer Bewohnerin und einer Mitarbeiterin meldet auch das städtische Seniorenzentrum Lechrain in Lechhausen. Die Infektion der Bewohnerin sei bei einem routinemäßigen Test im Krankenhaus bekannt geworden.
Vorläufige Erleichterung herrscht hingegen im Sanderstift in Oberhausen, wo nach dem positiven Testergebnis einer Bewohnerin bei 24 Kontaktpersonen ein Antigen-Schnelltest gemacht wurde - alle mit negativem Resultat. Sogenannte PCR-Tests, die als genauer gelten, sollen folgen. Bislang, so die städtische Altenhilfe, zeigten alle Betroffenen in den drei Einrichtungen keine coronatypischen Symptome.
Altenhilfe: Wir haben die Lage noch im Griff
Susanne Greger, Werkleiterin der Altenhilfe, betont, man habe die "schwierige Situation noch im Griff". Die drei betroffenen städtischen Einrichtungen müssten jedoch einen Besuchsstopp in den jeweiligen Wohnbereichen anordnen.
Noch ein Blick ins Wolframviertel: Im Haus am Schäfflerbach hat die Zahl der Corona-Infizierten übers Wochenende etwas zugenommen. Aktuell sind dort nach Angaben des privaten Trägers Korian 15 Bewohner und drei Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet. Vier Senioren würden im Krankenhaus versorgt.
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