In Augsburg werden künftig in Neubaugebieten mehr günstige Mietwohnungen entstehen. Der Bauausschuss des Stadtrats beschloss am Donnerstag – drei Tage vor der Kommunalwahl – einstimmig ein Papier, das Investoren in Neubaugebieten eine Quote von 30 Prozent geförderter Wohnungen (früher Sozialwohnungen) vorschreibt. Bei größeren Projekten (ab 100 Wohnungen) sollen Investoren stattdessen 30 Prozent des Grundstücks zu einem günstigen Preis an die Stadt verkaufen, die dort günstige Wohnungen errichten kann.
Soziales Wohnen war ein Reizthema der auslaufenden Ratsperiode
Das Thema war in der gesamten auslaufenden Ratsperiode ein Reizthema. SPD und Grüne setzten sich für eine Sozialquote von 30 Prozent ein und stritten sich bei so gut wie jedem neuen Baugebiet mit der CSU-Fraktion. Baureferent Gerd Merkle (CSU) warb am Donnerstag nun für die neue Regelung. Die Stadt bekomme so weitere Instrumente zur Schaffung günstiger Wohnungen. Wenn die Stadt auf eigenem Boden sozialen Wohnraum planen könne, habe sie dabei größtmögliche Freiheiten – auch was den dauerhaften Erhalt betrifft.
SPD und Grüne versuchten in der Sitzung, in der über 50 Unterpunkte abgestimmt wurden, eine höhere Sozialquote von 40 oder langfristig 50 Prozent durchzusetzen. Allerdings scheiterten sie damit an CSU und Pro Augsburg. Bei der Frage, wie lange geförderte Wohnungen in der Sozialbindung bleiben, setzten sich SPD und Grüne dafür gegen die CSU durch. Statt der von Merkle angepeilten 40 Jahre wollten CSU und Pro Augsburg nur 25 Jahre. Sozialbürgermeister Stefan Kiefer (SPD) warb für die längere Laufzeit. „Das Problem, das Deutschland hat, ist, dass jetzt viele Wohnungen aus dieser Bindung fallen. Die Bestände schmelzen dahin wie Eis in der Sonne.“
Wohnungen bleiben lange in den Händen der Stadt Augsburg
Nach einer Sitzungsunterbrechung mit einer Unterredung der Koalitionspartner CSU und SPD hinter verschlossenen Türen stimmte die CSU dann auch für die 40 Jahre. Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg) blieb bei ihrer Position. „40 Jahre gehen über eine Generation hinaus. Das ist zu viel Zeit, die niemand überblicken kann.“
Bei der Abstimmung über die einzelnen Punkte gab es zwar Unterschiede zwischen den Parteien, dem Gesamtpaket stimmten die Stadträte aber einstimmig zu. Aus der Immobilienwirtschaft wurden im Vorfeld Vorbehalte geäußert. Wenn die Stadt mehr Sozialvorgaben mache, habe das letztlich zur Folge, dass der Block der frei finanzierten Wohnungen in einem Neubaugebiet teurer werde. Auch die CSU warnte, Investoren nicht zu viel aufzuhalsen. Andernfalls werde womöglich gar nicht mehr gebaut.
Bisher waren individuelle Verhandlungen die Basis
Ganz neu sind die Inhalte des Beschlusses nicht: Eine Quote an geförderten Wohnungen wird in Augsburg schon seit Jahren durchgesetzt, in der Vergangenheit aber meist niedriger als die 30 Prozent und auf Basis individueller Verhandlungen. Nun gibt es eine verbindliche Richtschnur. Investoren verpflichten sich bei der Sozialquote, neben den frei finanzierten Eigentumswohnungen in einem Projekt auch Mietwohnungen zu bauen, deren Mieten bezuschusst werden.
Die Bewohner bekommen je nach Einkommensklasse gestaffelt einen staatlichen Zuschuss zur Miete. 70 Prozent der Augsburger Bevölkerung, vom Hartz-IV-Empfänger bis zur Mittelschicht-Familie, wären berechtigt, eine geförderte Wohnung zu beziehen. Der Eigentümer bekommt eine marktübliche Miete, kann aber keinen schnellen Gewinn mit der Wohnung erzielen. Diese Einnahmen sind für Bauträger mitunter aber die Voraussetzung, das nächste Projekt anzupacken.
Neu ist, dass die Stadt sich künftig in die Position versetzt, Grundstücksanteile von Investoren zu kaufen, und zwar zu einem günstigen Preis. Der Wert eines Grundstücks steigt nämlich beträchtlich an, wenn es vom Acker zum Bauland wird. Die Stadt kann in Verhandlungen mit Investoren nun 30 Prozent des künftigen Baulands zum Anfangspreis – grob gesagt zum Status Ackerland – kaufen, um dort günstige Wohnungen zu bauen oder jemand anderen damit zu beauftragen.
Hat die Stadt Augsburg genug Geld, um Grundstücke zu kaufen?
Allerdings gilt die 30-Prozent-Regel nicht starr, auch wenn SPD-Fraktionsvorsitzender Florian Freund „Verlässlichkeit“ für alle Seiten forderte. Doch das Problem ist, dass die Stadt jederzeit genug Geld haben müsste, um Grundstücksanteile zügig zu kaufen. „Nur zu sagen, dass wir kaufen wollen, dann das Geld nicht zu haben und ein Vorhaben in Verzug zu bringen, reicht nicht“, so Merkle. Beim Ledvance-Areal hätte wohl der Kauf von 30 Prozent zu finanziellen Problemen geführt.
Auch Peter Uhl (CSU) sagte, wenn viele große Projekte anstehen, könne das die Stadt in Probleme bringen. „Das erreicht ein Haushaltsvolumen, das nicht mehr greifbar ist. Und wenn, muss man sagen, an welchen anderen Stellen man Geld sparen will.“ Um das Problem zu umgehen, kann der Stadtrat auch beschließen, weniger als 30 Prozent zu kaufen, dem Investor dafür aber den Bau von geförderten Wohnungen aufzuerlegen, sodass es letztlich auch auf 30 Prozent Sozialquote hinausläuft.
Lesen Sie den Kommentar: Mehr günstige Wohnungen in Augsburg: Ein Beschluss in die richtige Richtung
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