Der Widerstand gegen vorübergehende Schließung bzw. eingeschränkte Öffnungszeiten in den Stadtbücherei-Niederlassungen wächst. Am Freitag meldete sich der Verein "Freunde der Stadtbücherei" zu Wort, der aus der Bürgerinitiative hervorging, die vor über zehn Jahren den Neubau der Stadtbüchereizentrale bei der Stadtregierung durchsetzte. Es sei nicht hinnehmbar, so Vorsitzende Inga Gölitz, dass 20 Prozent des Büchereipersonals langfristig ins Gesundheitsamt zur Corona-Kontaktpersonennachverfolgung abgeordnet wurden.
Augsburger Bücherei-Leitungen offenbar in Gesundheitsamt eingesetzt
Dass die Leitungen in Lechhausen und Göggingen zu Teamleitern bei der Kontaktpersonennachverfolgung ausgebildet werden, mache diese Niederlassungen, die aktuell komplett geschlossen sind, womöglich dauerhaft handlungsunfähig. "Das Personal ist nicht nur dringend nötig, um die Öffnungszeiten aufrechtzuerhalten, sondern auch für die originären gesellschafts- und bildungspolitischen Aufgaben der Stadtbücherei", heißt es seitens des Bücherei-Freundeskreises. 580.000 Besucher und 1,4 Millionen Ausleihen im Vor-Corona-Jahr 2019 sprächen für sich. Es sei unverständlich, dass ausgerechnet die Büchereien, die im Lockdown monatelang geschlossen waren, nun wieder die Türen schließen müssten, so der Verein. Die aktuellen Öffnungszeiten in der Stadtbüchereizentrale (11 bis 17 Uhr) machten unter der Woche einen Besuch für Berufstätige nahezu unmöglich. Bei der Abordnung von städtischen Angestellten aus den Referaten könne man nicht mit dem Rasenmäher nach mathematischen Werten vorgehen, so die Kritik.
Nachdem zuletzt die Sozialfraktion im Stadtrat das Vorgehen der Stadt scharf kritisiert hatte, gab es am Freitag auch Gegenwind von der Bürgerlichen Mitte. Die Bücherei sei bei den Personalabordnungen aus dem Bildungsreferat übermäßig stark belastet worden, weil das Referat auch Lehr- und Erziehungspersonal aus städtischen Schulen und Kitas miteingerechnet habe, das aber unmöglich von seinen Stellen abgezogen werden könne. "Dass es durch diesen falschen Schlüssel gerade die Büchereien besonders hart trifft, muss dringend und rasch korrigiert werden", so Stadtrat Peter Hummel (Freie Wähler).
So erklärt die Stadt die Schließung der Stadtteilbüchereien
Die Stadt argumentiert, dass sie bei der Stellenabordnung in der Tat im Auge gehabt habe, was gesetzliche Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben einer Kommune seien. Bei den Pflichtaufgaben wie Schulen oder Feuerwehr könne man allenfalls minimale Einschränkungen vornehmen - also laufe es leider verstärkt auf freiwillige Leistungen hinaus. Formal zählt dazu auch das Bücherei-Angebot. Personalreferent Frank Pintsch (CSU) betonte zuletzt, er verstehe, wenn Nutzer und Nutzerinnen enttäuscht seien, weil Büchereistandorte geschlossen sind. Gleichwohl gebe es nach wie vor eine Grundversorgung über die anderen Standorte. Das Gesundheitsamt müsse sich für die Corona-Nachverfolgung entsprechend rüsten, weshalb alle Bereiche der Stadtverwaltung Personal abgeben mussten. Die Pandemie sei nun einmal nicht vorbei und werde im Winter wohl hohe Infektionszahlen nach sich ziehen.
Der Bücherei-Freundeskreis forderte von der Stadt, verstärkt zu prüfen, ob man nicht mehr Ehrenamtliche über das Freiwilligenzentrum für die Nachverfolgung gewinnen könne. Die Stadt hat bereits freiwillige Helfer ausgebildet und im Einsatz. Hummel forderte, die Stadt müsse nochmal genau schauen, wo sie Personal einsetzt. "Derzeit langweilen sich vier städtische Mitarbeiter im Unteren Fletz im Rathaus, weil sich kaum jemand in das Landtags-Volksbegehren der Querdenker einträgt", so Hummel. Die Stadt setze Prioritäten falsch.