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Augsburg: Impf-Andrang bei Hausärzten: So kommen Augsburger zu einem Termin

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Impf-Andrang bei Hausärzten: So kommen Augsburger zu einem Termin

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    Hausärzte sind davon überzeugt, Teil der Impfkampagne sein zu müssen. Organisatorisch bringt es sie vielfach aber an ihre Grenzen.
    Hausärzte sind davon überzeugt, Teil der Impfkampagne sein zu müssen. Organisatorisch bringt es sie vielfach aber an ihre Grenzen. Foto: Sebastian Willnow, dpa (Symbolbild)

    Die Telefone in der Hausarztpraxis von Dr. Markus Beck stehen derzeit nicht still. Viele Patienten melden sich für die Impfung an oder haben Fragen dazu. Etwa 150 bis 200 Patienten stünden bereits auf der Warteliste, sagt der Hausarzt – quer durch alle Altersklassen und Priorisierungsgruppen. „Noch haben wir deutlich mehr Impfwillige als Impfdosen“, erzählt er. Der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Augsburg sagt aber auch, grundsätzlich liefen die Impfungen bei ihm und den Kollegen gut. Allerdings seien sie mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden.

    Dass die Hausärzte die Impfungen in ihrem Verantwortungsbereich nach wie vor für richtig halten, aber teils an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, zeigt auch der Internetauftritt einer Gemeinschaftspraxis in der Region. Dort heißt es: „Wir bitten Sie aus Kapazitätsgründen dringend, von telefonischen Anfragen bezüglich der Corona-Impfung abzusehen. Wir führen eine Impfliste, die wir systematisch abarbeiten.“ Hierfür könne man sich über die angegebene Mail-Adresse anmelden.

    Corona-Impfungen sorgen für Mehraufwand in den Augsburger Praxen

    Auch Christoph Hauser, Facharzt für Allgemeinmedizin, kennt dieses Problem. Er praktiziert in einer Gemeinschaftspraxis im Augsburger Stadtteil Firnhaberau. „Jeden Tag ist mindestens eine unserer Mitarbeiterinnen nur mit organisatorischen Aufgaben und telefonieren beschäftigt“, erzählt er. Um die 500 impfwillige Patienten stünden schon auf der Liste. Diese Anmeldungen müssten angenommen, Priorisierungen abgefragt und die Patienten in eine Reihenfolge gebracht werden. „Wenn dann weniger Impfdosen kommen wie sie bestellt haben, dann müssen sie Termine wieder verlegen und sich neu aufstellen“, so Kollege Beck. Das sei derzeit „extrem herausfordernd“ und auch eine Belastung für das Personal. „Ich kann auch gar nicht mehr jeden Patienten, der um Rückruf bittet, persönlich kontaktieren, sondern gebe die Informationen an meine Helferinnen, die dann den Anruf übernehmen.“ Schließlich müsse auch die Regelversorgung weiter laufen, so der Mediziner. Bei Christoph Hauser und seinen Kollegen gibt es schon länger keine Mittagspause mehr – zum einen, um die Besuche der Patienten zu entzerren und Abstandsregeln einhalten zu können, aber auch, um allen Aufgaben gerecht werden zu können.

    Noch nicht alle 80-jährigen Augsburger sind schon geimpft

    Wer in den einzelnen Praxen jetzt für eine Impfung eingeladen wird, hängt auch von der Struktur der Praxis ab. Grundsätzlich gehen die Ärzte nach der Priorisierung vor. Doch Gemeinschaftspraxen mit mehreren Ärzten erhalten beispielsweise mehr Impfdosen, weil das zugelassene Kontingent pro Arzt und nicht pro Praxis gilt. „Kollegen in Gemeinschaftspraxen haben eventuell auch mehr Möglichkeiten, einen Kollegen vorwiegend für das Impfen einzusetzen, wie ich das als einzelner Arzt leisten kann“, ordnet Markus Beck ein. Da könne man eventuell auch schneller bei der nächsten Priorisierungsstufe ankommen. Auch die Patientenstruktur spiele eine Rolle: Während manche Hausarztpraxen nach wie vor Patienten über 80 auf ihrer Liste haben – beispielsweise, weil sie unbedingt vom Hausarzt geimpft werden wollen – und diese vorrangig versorgen, ist Allgemeinmediziner Hauser mit dieser Gruppe so gut wie durch.

    In seiner Praxis läuft das Impfen derzeit nach einem klaren Schema ab: Patienten holen sich vorab einen Aufklärungsbogen, ein Gespräch mit dem Arzt findet unter strenger Einhaltung aller Hygienemaßnahmen in Fünfergruppen statt. Dann wird jeder einzeln geimpft und kann nach einer kurzen Beobachtungszeit nach Hause gehen. „Anders bekommen wir es nicht hin“, so Hauser. Rund 120 Impfdosen könnte die Gemeinschaftspraxis theoretisch pro Woche erhalten, noch liege man aber deutlich unter diesem Wert. Hausarzt Beck kalkuliert derzeit mit 18 bis 24 Dosen pro Woche.

    AstraZeneca löst bei Augsburger Patienten Gesprächsbedarf aus

    Nicht für alle Patienten ist derzeit nachvollziehbar, warum sie bei ihrer Praxis noch auf eine Impfung warten müssen. Entsprechende Diskussionen kennen dieser Tagen viele Ärzte. Die meisten Menschen fragen, ob sie nicht doch eine Vorerkrankung hätten, die sie in der Priorisierungsstufe nach oben bringen kann. „Vielfach ist das wirklich Unwissenheit, deshalb nehme ich das niemandem übel“, sagt Hauser. Aber es gebe auch Patienten, die bewusst versuchen, sich nach vorne zu mogeln. Das seien aber Einzelfälle. Die Hausärzte wüssten das zu regeln.

    Wichtig ist, da ist man sich unter Medizinern einig, dass Patienten verschiedene Möglichkeiten nutzen sollten, sich für eine Impfung anzumelden. Derzeit also sowohl über das zentrale Impfportal, als auch über den Hausarzt. „Wir stehen hier in keiner Konkurrenz zueinander. Jeder, der impfen kann, sollte impfen“, ist Beck überzeugt. Er und seine Kollegen hoffen, dass bald ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, um beispielsweise auch Betriebsärzte einzubinden. Das würde der Impfkampagne noch einmal einen Schub verleihen. Auch die Freigabe von AstraZeneca für unter 60-Jährige könnte zu einer Beschleunigung führen, glauben die Mediziner. Allerdings sei die Skepsis diesem Impfstoff gegenüber noch immer groß. Hier gebe es deutlichen Gesprächsbedarf.

    Insgesamt sind in Augsburg inzwischen um die 64.000 Bürger zumindest einmal geimpft worden, so Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) am Freitag im Stadtrat. Von den rund 81.000 genutzten Dosen seien 9200 bei Hausärzten verimpft worden. Im städtischen Impfzentrum werden laut Erben aktuell um die 2000 Personen pro Tag geimpft. Insofern sei man auf einem guten Weg. Laut Stadt warten aktuell etwa 37.000 registrierte Bürger auf eine Impfung. In der Priorität 1 sind um die 150 Bürger, in der Priorität 2 um die 1200 Bürger und in Priorität 3 etwa 11.000 Bürger. Die Stadtratsfraktionen von CSU, Grünen, Sozialfraktion und Bürgerlicher Mitte veröffentlichten am Freitag einen gemeinsamen Appell an die Bürger, sich für die Impfung zu registrieren. Wie berichtet ist die Impfbereitschaft im Stadtgebiet nicht bei allen Bürgern gleich hoch ausgeprägt. In der parteiübergreifenden Erklärung heißt es, dass Impfungen den Weg zur Normalität bereiteten und Sicherheit für alle brächten. Wer sich impfen lasse, schütze sich und andere. (mit skro)

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