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Augsburg: Hunderte schwänzen für den Klimaschutz die Schule

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Hunderte schwänzen für den Klimaschutz die Schule

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    Die Demonstration begann um 11 Uhr am Rathausplatz.
    Die Demonstration begann um 11 Uhr am Rathausplatz. Foto: Silvio Wyszengrad

    Ein Ruf war am Freitagvormittag in der Augsburger Innenstadt laut und deutlich zu hören: „Wir sind hier. Wir sind laut. Weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Dazwischen Trillerpfeifen und „Hambi bleibt“ Rufe. In einem eindrucksvollen Protestzug zogen Hunderte Schüler und Studenten vom Rathausplatz aus durch die Innenstadt, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Laut Polizei beteiligten sich zu Spitzenzeiten 1500 junge Menschen an den friedlichen Protesten.

    Die Augsburger Schülerdemo war Teil einer bundesweiten Aktion. Unter dem Hashtag FridaysforFuture gingen in über 50 Städten in Deutschland Schüler und Studenten auf die Straße. Vorbild für viele ist Greta Thunberg. Die 16-jährige Schwedin war im vergangenen Sommer freitags nicht in der Schule, sondern demonstrierte in Stockholm für die Einhaltung der Klimaziele und sorgte damit weltweit für Aufmerksamkeit.

    Demonstrant in Augsburg: "Es gibt keinen Plan B"

    „Sie ist so jung und trotzdem so klar in ihrer Meinung“, sagt Lorena. Sie geht in die Oberstufe am Holbein-Gymnasium und hat die Demonstration in Augsburg gemeinsam mit Flo auf die Beine gestellt. „Wir dürfen unsere Zukunft nicht zerstören“, sagt die Schülerin. Und bevor sich die Demonstranten auf den Weg durch die Augsburger Innenstadt machen, ruft sie ihnen durch das Mikrofon zu: „Wir wollen die Welt retten!“

    Flo, der sich den Demonstranten als Veranstalter vorstellt, ist sichtlich nervös. „Ich hoffe einfach, dass alles gut und friedlich abläuft“, sagt der Physikstudent. „Es gibt keinen Plan B für unsere Welt und deshalb stehen wir hier.“

    Unter den Menschen, die sich um 11 Uhr auf dem Rathausplatz versammelten, war auch der ehemalige Heimatpfleger und Naturschützer Hans Frei. „Ich war neugierig, wie die jungen Leute das Thema aufgreifen“, sagt der 81-Jährige. „Ich finde es toll, was hier für den Klimaschutz passiert.“

    Welche Konsequenzen müssen Schüler fürchten, die für Klimaschutz demonstrierten?

    Auch Bürgermeister Stefan Kiefer kam, um sich ein Bild zu machen. „Ich finde es bewundernswert, wie viele Schüler sich hier auf den Weg machen“, sagte er. „Natürlich sorgt der damit verbundene Regelverstoß für Diskussionsbedarf.“ Peter Kempf, der Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Schwaben, hatte seine Schulen in Augsburg Stadt und Land darüber informiert, dass die generelle Versammlungsfreiheit und das Demonstrationsrecht die Schüler nicht von ihrer Verpflichtung entbinde, den Unterricht zu besuchen. Daraufhin wurden an vielen Schulen Konsequenzen angedroht für alle, die am Freitag dem Unterricht fernbleiben, um zu demonstrieren.

    „Egal!“, sagt die 15-jährige Sonja vom Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf. „Mir ist es wichtiger, hier zu sein. Und meine Eltern unterstützen mich dabei.“ Der Vater eines Schülers, der die Schule wegen der Demo schwänzte, sagt: „Wir können nicht verlangen, dass sich unsere Kinder politisch engagieren und Politikverdrossenheit anprangern, aber dann mit Verweisen drohen.“ Den drohenden Verweis nimmt Oberstufenschüler Maximilian in Kauf. „Die älteren Generationen sagen, dass wir jungen Leute nur am Handy hängen und Fastfoodketten unterstützen. Dabei leiden wir unter den Entscheidungen, die von denen getroffen werden“, schimpft der 18-Jährige. „Wir wollen heute ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir da sind.“ Seine Mitschülerin Leonie sieht das genauso: „Wozu für eine Zukunft lernen, die wir nicht haben?“

    Kerem Billor von der Gewerkschaft NGG hat selbst schon einige Demonstrationen organisiert und ist begeistert, was die Schüler hier auf die Beine gestellt haben. „Ich finde aber absurd, wie die Regierung von Schwaben versucht, die Demo zu kriminalisieren“, sagt er.

    Aber nicht alle Schulen reagierten mit Androhung von Konsequenzen. Eine fünfte Klasse der Montessorischule Augsburg kam mit ihrer Klassenlehrerin Stefanie Mette auf den Rathausplatz. Die Plakate bastelten die Schüler gemeinsam im Unterricht. Darauf sind die Appelle der Zehn- und Elfjährigen zu lesen: „Weniger Plastik kaufen!“, „Mehr Fahrrad fahren!“.

    Nach knapp zwei Stunden ist der Protestzug wieder am Rathausplatz angekommen. Elias, Schüler am Holbein-Gymnasium, spricht in die Menge aus jungen Gesichtern und Transparenten: „Der Kampf für eine bessere Zukunft ist mehr als einmal freitags zu demonstrieren“, mahnt er. „Wir müssen uns überlegen, ob der SUV der Eltern eine geile Karre oder ein fetter Luftverpester ist!“ Dem Jubel nach scheint zumindest für die Menge auf dem Rathausplatz die Antwort klar.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Demonstration: Danke, liebe Schüler!

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