Um die Änderung zu erkennen, muss man momentan schon genau hinschauen: An Schwabens größtem Krankenhaus haben die ersten der insgesamt 5000 Mitarbeiter schon die neuen Namensschilder mit der Aufschrift „Universitätsklinikum Augsburg“ statt der alten mit „Klinikum Augsburg“ bekommen. Seit dem 1. Januar ist das Großkrankenhaus, dessen Einzugsbereich sich für bestimmte Behandlungen auf große Teile der Region erstreckt, eine Uniklinik. Am Mittwoch wird Wissenschaftsminister Bernd Sibler bei einem offiziellen Festakt symbolisch den Schlüssel fürs Großkrankenhaus übergeben bekommen. Künftig ist der Freistaat der Eigentümer und Betreiber. Wir klären die wichtigsten Fragen.
Was ändert sich? Für die Patienten gibt es zunächst kaum Unterschiede. Als Haus der höchsten Versorgungsstufe lieferte das Klinikum bisher schon Spitzenmedizin für den Großraum Augsburg und darüber hinaus. Unter den sechs bayerischen Unikliniken ist Augsburg die zweitgrößte.
Allerdings kommen künftig zur Patientenversorgung noch zwei weitere Aufgaben dazu, nämlich Forschung und Lehre. Im Herbst werden die ersten 84 Medizinstudenten an der neu gegründeten Medizinfakultät der Uni Augsburg ihr Studium aufnehmen. Neben der Klinik entsteht ein Campus. Im Endausbau wird es 1500 Studenten geben.
Ein Vorteil für Patienten könnte es werden, dass sie schneller von neu entwickelten Behandlungsmethoden profitieren. Sie könnten zügiger ans Patientenbett gebracht werden. Auch der Betrieb von Ambulanzen, über die das Klinikum bisher aber schon verfügte, ist an Unikliniken rechtlich einfacher. Zuletzt hatte die Uniklinik 243.000 Patienten pro Jahr (ambulant und stationär). Durch die Uniklinik-Werdung dürften es noch etwas mehr werden.
Uniklinik Augsburg: Bis zu 1000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen
Die Hoffnungen In Forschung und Lehre dürften bis zu 1000 neue Arbeitsplätze entstehen. Langfristig könnten es in der Uniklinik und in deren Umfeld bis zu 6000 Jobs werden, sagt eine Studie der Industrie- und Handelskammer. Für den Raum Augsburg, der angesichts der (angekündigten) Werksschließungen beim Lampenhersteller Ledvance und beim Computerhersteller Fujitsu zuletzt nicht von Erfolgsnachrichten verwöhnt war, sind mit der Uniklinik große Hoffnungen verbunden. Der Anteil der Beschäftigten in hoch qualifizierten Jobs in Augsburg ist im Vergleich mit anderen Städten unterdurchschnittlich. Der Freistaat wird wohl eine Milliarde Euro in die Uniklinik investieren, jährlich fließen zudem 100 Millionen Euro in den Betrieb.
Seit der Gründung des Klinikums 1982 waren Stadt und Landkreis Augsburg als Träger verantwortlich – für ein Haus, das zuletzt zu den zehn größten Krankenhäusern in Deutschland gehörte (gemessen an der Bettenzahl). Weil jährlich Millionendefizite im Betrieb aufliefen, dachten Stadt und Landkreis vor zehn Jahren sogar über einen Verkauf des Hauses an einen Klinikkonzern nach. Die Botschaft des Freistaates, in die Bresche zu springen, kam gerade recht.
Die Vorgeschichte Über Jahrzehnte hatten die Politiker der Region versucht, bei der Landesregierung in München die Umwandlung zur Uniklinik zu erwirken – und bissen bei allen Ministerpräsidenten auf Granit. Letztlich war es der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der 2009 überraschend verkündete, dass Schwaben nun eine Universitätsklinik bekommen sollte. Was ihn genau dazu bewogen hat, weiß bis heute niemand genau. Seehofer soll für sein Agieren pro Uniklinik die Ehrenbürgerwürde der Stadt Augsburg verliehen bekommen. Unumstritten war die Entscheidung im Augsburger Stadtrat kurz vor Weihnachten nicht – ein Drittel der Räte stimmte dagegen, unter anderem, weil die Gegner der Meinung sind, dass Seehofer dafür, dass er das Land gerecht entwickelt, keine eigene Ehrung verdient habe.
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Die Probleme Seit vor etwa zehn Jahren ein Konsolidierungskurs am Klinikum eingeleitet wurde, ist der Arbeitsdruck für die Beschäftigten gestiegen. Im November drohten Pflegekräfte sogar mit einem unbefristeten Streik. Inzwischen gibt es eine Einigung, die unter anderem die Neuschaffung von 100 Stellen vorsieht. Generell hat das Haus schon jetzt Probleme, alle Planstellen in der Pflege zu besetzen. Anfang der Woche begannen die ersten 23 in Italien angeworbenen Pflegekräfte ihren Dienst. Absehbar ist, dass sich die Personalnot noch verschärfen wird. Ein weiteres bisher noch nicht gelöstes Problem sind die Wohnungen. Studenten und neue Mitarbeiter werden Platz brauchen, wobei es in Augsburg schon jetzt zu wenig günstige Wohnungen gibt.