Die Stadt möchte im kommenden Frühjahr versuchsweise einen Radweg in der Hermanstraße einrichten und ihn 2022 dauerhaft abmarkieren. Die Situation in der Innenstadtstraße, die eine der Hauptachsen durch die Innenstadt in Nord-Süd-Richtung ist, ist für Fahrradfahrer seit Jahrzehnten problematisch. Zuletzt machte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club auf steigende Unfallzahlen in der Straße aufmerksam. Allerdings geht Klimaaktivisten und der Sozialfraktion das Vorhaben der Stadt weder weit noch schnell genug.
Die Aktivisten des Klimacamps belegten im Rahmen einer Kundgebung für eine halbe Stunde eine Autospur stadteinwärts. "Dem Änderungsplan von CSU-Baureferent Gerd Merkle fehlt es an Mut, er ist ein fauler Kompromiss und wie für die Radwegeplanung in Augsburg leider üblich nur Stückwerk", sagt Luzia Menacher, 19, vom Klimacamp. Die Stadt komme bei dem Thema seit Jahren nicht voran. "Wir alle haben uns viel zu sehr daran gewöhnt, dass es Unorte in Augsburg gibt, an denen wir uns wirklich ungern aufhalten", so Menacher.
Die Sozialfraktion fordert nun ein zügiges Handeln der Stadt und hat einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Demnach soll ein Radweg noch während der Sommerferien eingerichtet werden und bis zum Ende der ersten Schulwoche ausprobiert werden. "Dann kann man sehen, wie sich diese Regelung auswirkt, zunächst unter ,vereinfachten Bedingungen‘ während der Ferienzeit, am Ende unter ,Ernstfallbedingungen‘. Die Stadt soll endlich ernst machen", so Fraktionsvorsitzender Florian Freund (SPD). Der Radweg solle stadteinwärts direkt zur Kaiserhofkreuzung – dem Flaschenhals in der Hermanstraße – führen. Das ist einer der kritischen Abschnitte, weil hier mehrere Autospuren und die davon abgetrennten Straßenbahnschienen Platz finden müssen – für Radler ist dort bisher kein eigener Platz vorgesehen.
Die Wegführung ist nicht in beide Richtungen gleich einfach
Wie berichtet hatte Baureferent Gerd Merkle (CSU) – er ist aktuell in Urlaub – zuletzt mehrere Varianten für eine Radwegführung vorgeschlagen. Während es stadtauswärts relativ unproblematisch möglich wäre (auch hier gibt es aber Engstellen), Radler auf einem eigenen Weg zu führen, sieht die Bauverwaltung stadteinwärts Probleme, speziell auf den letzten hundert Metern vor der Kaiserhofkreuzung. Eine von der Stadt vorgeschlagene Variante ist, stadteinwärts fahrende Radler ab der Beethoven- oder Völkstraße durchs Beethovenviertel zu leiten. Die Absperrung im Rahmen der Klimademo habe gezeigt, dass die Streichung einer Autospur direkt an der Kreuzung Rückstau für Autos und die Straßenbahnen bedeute, so Tiefbauamtsleiter Gunther Höhnberg. Dabei sei zu bedenken, dass es sich um eine Sperrung in der verkehrsärmeren Ferienzeit gehandelt habe. Man müsse feststellen, dass in Straßen mit begrenztem Platz Verbesserungen für ein Verkehrsmittel zulasten der anderen gingen, so Höhnberg. Die Entscheidung über die Verteilung sei eine politische Frage.
Von der CSU kommt harsche Ablehnung für den Vorstoß der Sozialfraktion. "Die Forderungen von SPD/Die Linke sind rein populistisch und haben mit der Realität sowie der Erfahrung mit Verantwortung politischen Handelns nichts zu tun", so Fraktionschef Leo Dietz. Die Sozialfraktion stelle einmal mehr Forderungen, ohne sich mit Inhalten befasst zu haben. Die "unüberlegte Einführung eines Pop-Up-Radwegs" und ein Abbiegeverbot an der Kaiserhofkreuzung in die Schießgrabenstraße produzierten mehr Verlierer als Gewinner, so Dietz’ Befürchtung.
Augsburgs Bauausschuss berät im Oktober über Radweg in der Hermanstraße
In einem nächsten Schritt ist vorgesehen, dass der Bauausschuss des Stadtrats im Oktober über das weitere Vorgehen entscheidet. Merkle will dann vorschlagen, dass 2021 ein Versuch mit einem Radweg startet. Wo und wie er verläuft, sollen die Stadträte entscheiden. Noch in diesem Jahr einen Versuch zu starten, sei kurzfristig. Die gelben provisorischen Markierungen für den Radweg und die Verschwenkung des Autoverkehrs auf die Tramgleise müssten regelmäßig erneuert werden, was bei feuchter Witterung im Winter schwierig sei, so Höhnberg.
2022 soll der Radweg dann dauerhaft markiert werden. Eine frühere Umsetzung sei wegen der Fristen für Förderanträge schwierig. Unter anderem muss die Stadt Ampeln umprogrammieren, Fahrbahnmarkierungen abfräsen und Bordsteine umbauen.
Lesen Sie dazu den Kommentar von Stefan Krog: Verkehrspolitik: Augsburg hat eine Chance verpasst
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