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Augsburg: Helfer in der Krise: Sie halten den Laden am Laufen – trotz Corona

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Helfer in der Krise: Sie halten den Laden am Laufen – trotz Corona

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    Robert Müller ist Rettungsdienstleiter bei den Maltesern.
    Robert Müller ist Rettungsdienstleiter bei den Maltesern. Foto: Brigitte Mellert

    Polizist, Krankenschwester, Busfahrer oder Postbote – oft genannte Berufswünsche von Kindern. Als Erwachsene sind diese meist vergessen. Jetzt – nachdem der Coronavirus das gesamte Leben durcheinanderwirbelt – erkennen die Menschen, wie wichtig jene Berufe sind, die nun das Leben erträglich halten. Die Menschen in diesen Berufen setzen sich dem Risiko einer Erkrankung aus, auf dass das gesellschaftliche Leben gesichert ist und bleibt. In Porträts will die Redaktion ihren Einsatz sichtbar machen. Jeder dieser Gesprächspartner steht stellvertretend für seine vielen Kollegen und andere Berufsgruppen in Augsburg.

    Robert Müller, Rettungsdienstleiter:

    Seit die Ausgangsbeschränkungen gelten, sind unsere Einsatzzahlen um etwa 30 Prozent zurückgegangen. Die Partymeilen sind zu, das merkt man. Was dafür nun dazukommt: Einsätze, weil der Hausarzt sich weigert, bestimmte Patienten zu empfangen. Da müssen wir Notfallsanitäter jetzt hin. Natürlich nur noch mit Schutzmasken, -handschuhen und -kitteln. Die Schutzkittel gehen bereits zur Neige. Hoffentlich kommt Nachschub. Viele Menschen begegnen uns mit Dank, einmal wurden auch Brezen spendiert. Was mich irritiert: Krankenhäuser und andere Einrichtungen sollen laut Ministerpräsident Söder ein kostenloses Mittagsessen erhalten – wo bleibt die Anerkennung für uns Rettungsdienstler? Wir stehen mit ganz vorne an der Corona-Front. Und wenn Bürger einen schief in der Bäckerei ansehen, weil man dort in Dienstkleidung steht, habe ich auch kein Verständnis.

    Evelyn Müller, Krankenschwester:

    Ich arbeite im Uniklinikum als Stationsleiterin. Durch das Coronavirus war von einer Minute auf die andere nichts mehr so wie zuvor. Unsere Station, eigentlich die Tagesklinik, wurde zu einer Infektionsstation umfunktioniert. Es gab emotionale Momente, da einige Stationen aufgelöst und die jeweiligen Mitarbeiter in anderen Bereichen eingesetzt wurden. Auch mein Team musste sich neu finden. Seither machen wir alle sehr viele Überstunden. Ich denke, wenn die Zahl der Neuinfektionen deutlich gefallen ist, können wir einen Teil davon abbauen. Ich selbst arbeite auch mit an Covid-19-Erkrankten; wir alle halten die Schutzmaßnahmen ein. Trotz der Herausforderungen in dieser Zeit gibt es auch Positives: Die Patienten etwa sind sehr dankbar und tun dies auch kund. Auf Plakaten wird uns Wertschätzung entgegengebracht, seit dem 1. April erhält jeder Mitarbeiter ein kostenloses Essen. Niemand kann in die Zukunft sehen, aber alle meine Mitarbeiter sind noch immer höchst motiviert. Das verdient Respekt. Nur gemeinsam werden wir diese Krise meistern.

    Carsten Reincke, Kaufmann:

    Ich bin Inhaber eines Rewe-Supermarktes in Augsburg. Der Anfang der Coronakrise war von Hysterie und Hamsterkäufen geprägt. Was die ersten Märzwochen über unseren Markt hereingebrochen ist. Nicht nur wir, auch die Lieferanten wurden davon völlig überfahren. Deswegen auch diese Bilder von leeren Regalen in den Medien. Mein Team hat Überstunden leisten müssen, aber das haben wir gut hinbekommen. Im Einzelhandel macht es erst so richtig Laune, wenn der Laden brummt. In den Wochen der Panikkäufe hat man sich dennoch ab und zu als Fußabtreter der Nation gefühlt. Etwa, wenn Politiker behaupteten, alle Waren seien da – was nicht der Fall war – und man verärgerten Kunden die Situation erklären musste. Das hat sich aber gewandelt: Nicht nur, dass man uns Supermarkt-Mitarbeitern nun auch in den Medien dankt, wir kriegen manchmal sogar eine kleine Aufmerksamkeit von Kunden. Und es fühlt sich toll an, in einer Reihe mit Helfern wie Polizisten oder Feuerwehrleuten genannt zu werden. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, und unser Lager ist gut gefüllt.

    Rudolf Ohnemus, Fahrer bei den Stadtwerken:

    Unsere Arbeit ist entspannter geworden – leider ist die Ursache nicht schön. Seit der Coronavirus Augsburg im Griff hat, sind die Fahrgastzahlen in den öffentlichen Verkehrsmitteln stark zurückgegangen. Wir Fahrer verkaufen keine Karten mehr, auch müssen im Bus die Sitzplätze direkt hinter uns frei bleiben. Im Dienst habe ich immer Desinfektionsmittel bei mir, Mundschutz nicht. Die Leute sind, trotz der vielen schlechten Nachrichten, freundlicher, scheint mir.

    Roland Trott, Polizeihauptkommissar:

    Das Coronavirus ändert natürlich nichts an den Aufgaben der Polizei. Nur dass wir jetzt nicht nur Schutzmasken und -brillen dabei- haben, sondern sogar einen Seuchenschutzanzug. Den tragen wir, wenn wir mit Widerstand rechnen. Auf den Sicherheitsabstand zu achten ist im Auto nicht möglich, bei Kontrollen versuchen wir es. Kommt es zu einer Festnahme, ist Körperkontakt nicht zu vermeiden. Einen Test erhalten wir jedoch auch nur bei Corona-Verdacht, nicht aus Prophylaxe. Während unser Arbeitsalltag nun durch viele Kontrollfahrten und -streifen geprägt ist, haben Fälle von Gewalttaten und Raub im Straßenbild abgenommen. Die Augsburger wissen nicht immer, welches Verhalten jetzt richtig ist und welches nicht. Bisher haben meine Kollegen und ich aber keine Probleme deswegen gehabt.

    Anselm Brieger, Brandinspektor:

    Der Arbeitsalltag der Berufsfeuerwehr hat sich zwar verändert, unsere Kernaufgabe bleibt die gleiche: Wenn der Bürger den Notruf wählt, fahren wir raus. Da macht Corona keinen Unterschied. Unser Schichtrhythmus ist nun ein anderer, sodass man immer mit denselben Kollegen Dienst hat. Auch sind die Räume unseres Hauses so aufgeteilt worden, dass man nicht mit den Kollegen der Leitstelle in Berührung kommt. Ansonsten achten wir einfach noch stärker auf Hygienemaßnahmen. Bisher sind wir glücklicherweise von größeren Krankheitsausfällen verschont geblieben.

    Rainer Scheuringer, Postbote:

    Ich fange jetzt zwei Stunden später als gewöhnlich an. Wir arbeiten aufgrund des Coronavirus in zwei Schichten. Schutzhandschuhe kriegen wir zur Verfügung gestellt. Was mir auffällt: Nicht nur Päckchen und Warensendungen haben zugenommen, auch Briefe. Etwa von Oma oder Opa an den Enkel und auch umgekehrt. Außerdem merken meine Kollegen und ich: Die Leute sind dankbar. Da steht auch einmal eine Packung Merci auf dem Briefkasten. Und – was meinen Job angenehmer macht – die Leute sind zu Hause. So kann ich fast alle Postsendungen überreichen. Natürlich unter Wahrung der Abstandsregeln, da stelle ich die Sendung eben ab und warte, bis sie entgegengenommen wurde.

    Alle aktuellen Meldungen zur Corona-Krise lesen Sie hier bei uns im News-Blog.

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