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Augsburg: Großtagespflege in Augsburg: Ein Ersatz für die Kita?

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Großtagespflege in Augsburg: Ein Ersatz für die Kita?

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    Elsa de Jesus und ihre Kolleginnen Silvia Faber und Katalin Ungor (von links) betreuen in der Großtagespflege von Montag bis Freitag Kinder.
    Elsa de Jesus und ihre Kolleginnen Silvia Faber und Katalin Ungor (von links) betreuen in der Großtagespflege von Montag bis Freitag Kinder. Foto: Annette Zoepf

    Wer im September einen Betreuungsplatz für sein Kind benötigt, hat in diesen Wochen häufig einen gut gefüllten Terminkalender. Die Kindertagesstätten veranstalten in der Regel im Januar und Februar Infotage und nehmen Vormerkungen entgegen. Für viele Familien beginnen gleichzeitig bange Wochen: Denn obwohl im Stadtgebiet mehr als 14000 Plätze von der Krippe bis zum Hort zur Verfügung stehen, reicht das Angebot nicht aus. Zum Start des laufenden Kita-Jahres waren in Augsburg rund 500 Mädchen und Jungen unversorgt.

    Mit dem Bau von neuen Kindertagesstätten versuchen die Stadt und andere Träger den Notstand zu mildern. Doch der Weg von der Idee bis zur Inbetriebnahme ist – angefangen bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück – oft mühselig und zeitaufwendig.

    In Augsburg wächst die Zahl der Großtagespflegen

    Seit einiger Zeit setzt man in Augsburg deshalb auch „zur Überbrückung von Engpässen“ (Sozialreferent Stefan Kiefer) verstärkt auf eine Betreuungsform, die sich rascher und leichter als eine herkömmliche Kita umsetzen lässt: die sogenannte Großtagespflege. Maximal zehn Kinder werden dort von meist zwei oder drei Personen in einem familienähnlichen Umfeld betreut. Aktuell sind in Augsburg 15 Großtagespflegen (GTP) von freien Trägern und vier unter städtischer Regie in Betrieb. Zusammen bieten sich nach Angaben Kiefers 174 Plätze an. Noch in diesem Jahr seien sechs weitere GTPs geplant.

    Großtagespflege Lummerland gehörte zu den ersten Einrichtungen

    Die Einrichtung Lummerland in der Waterloostraße in Lechhausen zählte vor zehn Jahren zu den ersten Großtagespflegen in Augsburg.
    Die Einrichtung Lummerland in der Waterloostraße in Lechhausen zählte vor zehn Jahren zu den ersten Großtagespflegen in Augsburg. Foto: Annette Zoepf

    Als Elsa de Jesus vor zehn Jahren in Lechhausen die Großtagespflege Lummerland eröffnete, zählte sie zusammen mit einer Kollegin zu den Pionierinnen dieser Betreuungsvariante. Die Einrichtung befindet sich im Erdgeschoss eines Wohnhauses in der Waterloostraße. Ehemalige Geschäftsräume wurden dazu umgebaut. Die bunten Bilder an den Fenstern lassen erahnen, dass drinnen Kinder die Hauptrolle spielen. Drinnen kümmert sich de Jesus mit ihren Kolleginnen Katalin Ungor und Silvia Faber um bis zu zehn Kinder. Herzstück der Einrichtung ist ein Gruppenraum mit offener Küche. Morgens um 9 Uhr frühstücken die „Kleinen“ , bevor es ans Spielen, Basteln oder ins Freie geht.

    Wobei die „Kleinen“ mit ihren drei und vier Jahren schon relativ groß sind. Auch wenn die Großtagespflege grundsätzlich Kindern von 0 bis 14 Jahren offensteht, ist sie normalerweise vor allem für Familien mit Krippen-Kindern im Alter von bis zu drei Jahren interessant. Auch im Lummerland hätten einige Dreijährige im September in einen Kindergarten wechseln wollen. Doch weil sie leer ausgingen, sind sie in der Großtagespflege geblieben.

    Elsa de Jesus weiß, dass die Einrichtung nicht mit dem breiten pädagogischen Angebot von Kitas konkurrieren kann und von manchen Familien als zweitbeste Lösung angesehen wird. Sie weiß aber auch, dass die Eltern die Flexibilität beim Betreuungsbedarf und den überschaubaren, familiären Rahmen schätzen, in der ihr Kind einen halben oder auch ganzen Tag verbringt.

    Die gelernte Handelsfachwirtin fing nach der Geburt ihres vierten Kindes als Tagesmutter an, nachdem sie zuvor beim Kinderschutzbund den dafür nötigen Qualifizierungskurs absolviert hatte. Da zu dieser Zeit gerade ein Pilotprojekt mit Fördergeldern startete, wagte Elsa de Jesus mit der damals noch unbekannten Großtagespflege den Schritt in die Selbstständigkeit und bezog die Räume in der Waterloostraße. Dort teilt sie sich heute mit ihren Kolleginnen – darunter eine Erzieherin – die Arbeit. Jeder der Frauen sind theoretisch per Vertrag bestimmte Kinder zugeordnet.

    Kinder suchen sich Bezugspersonen selbst aus

    Dass das in der Praxis anders abläuft, weiß Angela Dömling vom Kinderschutzbund nur zu gut. Die Kinder suchten sich ihre Bezugspersonen selbst aus, sagt sie. Als Leiterin der Agita-Agentur für Kindertagespflege kennt sie viele der 175 Tagesmütter und (wenigen) -väter. „Meist geht von ihnen die Initiative für eine Großtagespflege aus, weil sie sich weiterentwickeln möchten.“ Von der Stadt gibt es Geld für Umbau und Ausstattung sowie einen Zuschuss zur Miete. Das Jugendamt überprüft die Eignung der Räume. Die Tagespersonen sind in der Regel selbstständig tätig, es gibt aber auch Angestelltenverhältnisse bei einem Träger.

    Wer eine Großtagespflege eröffnen möchte, kann sich an die Agita-Agentur wenden. „Wir beraten alle Interessierten und auch alle Eltern, die einen Platz suchen“, sagt Dömling. Sie verweist auf die Webseite (agita-augsburg.de) und auf einen Tag der offenen Tür in den Räumen in der Volkhartstraße 2, und zwar am Freitag, 6. März. Von 15 bis 18 Uhr können sich Interessierte über die Tätigkeit als Tagesmutter/Tagesvater informieren. Elsa de Jesus könnte dazu jede Menge aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz beitragen. Sie ist mit Leidenschaft Tagesmutter. Ihre ursprünglichen Pläne, wieder in ihren alten Beruf einzusteigen, hat sie längst ad acta gelegt. Demnächst wird die vierte Lummerland-Filiale nach ihrem Konzept eröffnet.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Es fehlt an Betreuungsplätzen – und am Personal

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