Seit Donnerstag kann Rehm wieder etwas entspannter in die Zukunft schauen. Er hat den Rechtsstreit mit der früheren Besitzerin des Teppichs auch in zweiter Instanz gewonnen. Die wollte mindestens 100000 Euro Schadenersatz von Rehm, weil er bei einer Auktion ihren Teppich auf 900 Euro geschätzt und für 20000 Euro losgeschlagen hatte. Ein halbes Jahr später brachte der Perser dann auf einer Versteigerung bei Christie’s in London rund 7,2 Millionen Euro.
Für die Vorbesitzerin, eine ältere Frau aus Oberbayern, war das ein Schock. Auch Auktionator Georg Rehm hat seitdem an der Sache zu knabbern. „Es gab in den letzten vier Jahren keinen Tag, an dem ich nicht an diesen Teppich gedacht habe“, sagt er. Immer wieder hat Rehm sich die Frage gestellt, ob er nicht doch etwas falsch gemacht hat. Ob er den Perser mit Blüten- und Blattmotiven vor der Auktion doch nicht gründlich genug untersucht hat. Mitunter sei er sich vorgekommen wie ein Pariser Flohmarkthändler, der einen Picasso versehentlich für 50 Euro verkauft hat, sagte Rehm vor zwei Jahren im Interview mit unserer Zeitung.
Keiner der Experten erkannte den Teppich als Rarität
Doch der Auktionator kam zum Schluss: „Von einem Universalversteigerer kann man nicht erwarten, dass er so viel Fachwissen hat, wie hier nötig gewesen wäre.“ Rehm hatte damals, bei der Versteigerung im Herbst 2009, rund 50 Teppiche im Angebot. Deshalb waren auch namhafte Teppichhändler in sein Auktionshaus im Textilviertel gekommen. Doch keiner der Experten erkannte die Auslegeware als Rarität aus dem 17. Jahrhundert – als sogenannten Vasenteppich aus der persischen Provinz Kerman, der einst im Besitz der französischen Sammlerin Comtesse de Béhague war.
Rehms Auktionshaus plötzlich im Zentrum eines Medienrummels
Als sich die Geschichte von der unglaublichen Preisentwicklung des Teppichs verbreitete, stand Rehms Auktionshaus plötzlich im Zentrum eines Medienrummels. Ihn erreichten Anfragen aus Asien und Amerika, Neugierige kamen eigens zu seinen Versteigerungen. „Darauf hätte ich gerne verzichtet“, sagt Rehm. „Die nervliche Belastung für meine Familie und meine Mitarbeiter war enorm.“ Dass ihm nun zum zweiten Mal von der Justiz der Rücken gestärkt wurde, hat ihn beruhigt. Die Klägerin könnte zwar noch Beschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts einlegen. Doch Experten schätzen ihre Chancen als nicht sehr groß ein.
Hätte Georg Rehm eine sechsstellige Summe als Schadenersatz zahlen müssen, wäre er auch in wirtschaftliche Nöte gekommen, sagt er. Nun hofft er, dass sich die Aufregung legt. Er steckt in den Vorbereitungen für seine 259. Kunstauktion Anfang April. Manche Kunden sind durch die negativen Teppich-Schlagzeilen zwar abgesprungen. „Doch die meisten haben mir die Treue gehalten, weil sie mich kennen und meine Arbeit schätzen“, sagt er. Auch Teppiche vertrauen ihm die Kunden nach wie vor an.