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Foto: Tobias Hase, dpa (Archiv)
Foto: Tobias Hase, dpa (Archiv)

Auch beim Münchner Verkehrsverbund MVV steht in Kürze eine Tarifreform an. Für Gelegenheitsfahrer sollen Fahrten zwischen Stadt und Umland künftig deutlich billiger werden.

Augsburg
11.01.2018

Gelegenheitsfahrer zahlen jetzt mehr: Es geht auch anders

Von Eva Maria Knab

Der Augsburger Verkehrsverbund erhöht die Fahrpreise für Gelegenheitsfahrgäste teils stark. Es geht aber auch anders: In Frankfurt und München werden solche Tickets preisgünstiger.

In Augsburg ärgern sich Tausende Gelegenheitsfahrgäste im öffentlichen Nahverkehr über teils drastische Preiserhöhungen. Im Zuge der Tarifreform wird diese Kundengruppe seit Januar besonders stark zur Kasse gebeten. Ein Blick in andere deutsche Städte zeigt: Es geht auch anders. In Frankfurt sind Fahrkarten für Seltenfahrer zum Jahreswechsel deutlich billiger geworden. Auch München plant, Fahrpreise für diese Kundengruppe teilweise zu senken.

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Mobilitätstrends: Viele Kunden kombinieren Verkehrsmittel

In vielen deutschen Städten stehen derzeit Tarifreformen im öffentlichen Nahverkehr an. Eine Entscheidung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) hat kürzlich hohe Wellen geschlagen: In den Städten Frankfurt, Mainz und Wiesbaden sind Gelegenheitsfahrgäste seit Januar deutlich günstiger mit Bussen und Bahnen unterwegs. Die Preise für Einzeltickets wurden in Frankfurt um fünf Prozent auf jetzt 2,75 Euro gesenkt ( Augsburg 2,90 Euro).

Tageskarten kosten nun 26 Prozent weniger, nämlich 5,35 Euro (Augsburg/Innenraum 6,40 Euro). Damit ist die Tageskarte noch etwas billiger als zwei Einzelfahrten, sie lohnt sich also bereits für die Fahrt zum Einkaufen und zurück. Stammkunden müssen dagegen etwas tiefer in die Tasche greifen. Die in Frankfurt weit verbreiteten Monatskarten für Erwachsene wurden um 1,9 Prozent teurer.

Warum es zu dieser Entscheidung kam, erläutert RMV-Pressesprecher Sven Hirschler. „Das Mobilitätsverhalten hat sich verändert, wir haben die Herausforderung gesehen, das neue Tarifsystem an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen.“ Trend in Städten sei, dass viele Leute ihre Verkehrsmittel kombinieren und wahlweise vom Auto aufs Fahrrad oder in Bus und Bahn umsteigen. Bislang waren die Ticketpreise für Gelegenheitsfahrer in Frankfurt vergleichsweise teuer. Dies sei von Fahrgästen häufig kritisiert worden, sagt Hirschler. Darauf habe der Verkehrsverbund nun reagiert.

Andere Verkehrsverbände setzen auf Gelegenheitsfahrer

Frankfurt gilt aber auch als eine boomende Großstadt. In der Politik gebe es deshalb ein großes Interesse, die Menschen zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr zu bringen, so der RMV-Sprecher. Die Rechnung sehe nun so aus, mit preisgünstigeren Einzeltickets und Tageskarten mehr Kunden in den öffentlichen Nahverkehr zu locken. So soll die Reform kostenneutral für den Verkehrsverbund sein.

Hirschler verweist auch auf einen Versuch: Mit der App „RMVsmart“ können 30.000 Gelegenheitsfahrgäste im öffentlichen Nahverkehr kilometergenau abrechnen, wie viel sie gefahren sind. Viele kämen auch mit dieser Lösung deutlich billiger weg als bisher. Der Versuch laufe seit eineinhalb Jahren bereits sehr erfolgreich und habe neue Kunden für den öffentlichen Nahverkehr gebracht. Deshalb soll er fortgeführt werden.

Auch in München steht eine Tarifreform im öffentlichen Nahverkehr bevor. Die neuen Preise im Verkehrsverbund MVV sind noch nicht endgültig festgelegt. Entscheidungen sollen in diesem Jahr fallen. Bereichsleiter Norbert Specht erläutert aber die Strategie, die beim Umgang mit Seltenfahrern greifen soll.

Ziel sei, für diesen Kundenkreis Fahrten zwischen Stadt und Umland künftig deutlich billiger anzubieten, und zwar durch feiner abgestimmte Zonen, die große Preissprünge vermeiden. Bei Fahrten innerhalb Münchens soll sich für Gelegenheitsfahrgäste grundsätzlich nicht viel ändern. Allenfalls werde es eine moderate Preissteigerung für diese Tickets geben, keinesfalls jedoch Erhöhungen von bis zu hundert Prozent wie in Augsburg durch den Wegfall der Tarifzone 1.

Tarifreform: Stadtwerke wollen Kunden Flatrate anbieten

„Unsere Philosophie ist, die Tarifbedürfnisse der Kunden abzudecken“, sagt Specht. Nach Erfahrungen des MVV steigen die wenigsten Menschen gleich mit einem Jahresabo auf den öffentlichen Nahverkehr um. „Die meisten tasten sich heran.“ Wichtig sei deshalb, dass die Einstiegspreise für Gelegenheitsfahrgäste marktfähig seien.

Die Tarifreform im Augsburger Verkehrsverbund (AVV) steuert seit Januar in eine entgegengesetzte Richtung. Gelegenheitsfahrgäste müssten teilweise drastische Preiserhöhungen in Kauf nehmen, während Stammkunden tendenziell von günstigeren Angeboten profitieren können. Das Problem, dass sich Kunden heute nicht mehr so gerne dauerhaft binden, sehen die Stadtwerke nicht: „Was wir mit den Abos anbieten, ist nichts anderes als eine Flatrate. Und die sind bei Handys inzwischen völlig üblich“, sagt Stadtwerke-Chef Walter Casazza.

Kritisch sieht die Augsburger Tarifreform aber auch Verkehrsexperte Herbert König. Der frühere Chef der Münchner Verkehrsbetriebe war zuvor beim Augsburger Verkehrsverbund tätig. Grundsätzlich problematisch sei, dass die Fahrpreise für Gelegenheitskunden zunehmend weniger konkurrenzfähig zur Autonutzung seien, sagt er. „Viele Verkehrsverbünde in Deutschland fahren eine andere Strategie.“

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