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Augsburg: Geiselnahme-Prozess: Zahnarzt aus U-Haft entlassen

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Geiselnahme-Prozess: Zahnarzt aus U-Haft entlassen

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    Monatelang saß ein Zahnarzt aus München in U-Haft in Gablingen.
    Monatelang saß ein Zahnarzt aus München in U-Haft in Gablingen. Foto: Marcus Merk (Symbol)

    Seit Mitte Juni ist Harald B.* (Name geändert) in Freiheit. Monatelang hatte er zuvor in Gablingen in U-Haft gesessen, während dieser Zeit wurde bei ihm eine lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert. Das Oberlandesgericht München setzte daher den Haftbefehl gegen ihn außer Vollzug. In U-Haft war der Zahnarzt gekommen, da die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, im Oktober 2017 ein Verbrechen im Landkreis Aichach-Friedberg verübt zu haben: Geiselnahme.

    Wie berichtet, soll Harald B. zusammen mit einem 58-jährigen Geschäftsmann aus München einen Mann in einer Wohnung im südlichen Wittelsbacher Land massiv bedroht haben. Der Geschäftsmann wurde mittlerweile zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Treibende Kraft allerdings war nach Erkenntnissen der Ermittler der Zahnarzt. Er soll an dem Abend im Oktober 2017 in eine Kneipe in München gestürmt sein und zwei ihm bekannte Gäste aufgefordert haben, mitzukommen: den Geschäftsmann und einen Fotografen.

    Eine Mitarbeiterin des Zahnarztes fühlte sich von ihrem Ex-Freund bedroht

    Gemeinsam fuhr man mit dem Taxi in die Region, zu einer Mitarbeiterin des Zahnarztes. Sie hatte ihren Chef vorher angerufen, da sie sich von ihrem Ex-Freund bedroht fühlte – eben jener Mann, den der Zahnarzt und der 58-jährige Geschäftsmann dann massiv eingeschüchtert haben sollen. Laut Anklage drückte der Zahnarzt ihm eine Gaspistole an den Kopf und forderte den Mann auf, zu verschwinden. Später sollen die beiden Männer aus München ihr Opfer in ein

    Anwalt legte Verfassungsbeschwerde gegen die Haftbefehle ein

    Das Urteil gegen den 58-jährigen Geschäftsmann ist rechtskräftig. Er hatte die Vorwürfe gegen ihn weitgehend eingeräumt. Das Verfahren gegen den Zahnarzt ist hingegen in der Schwebe. Wie das Landgericht Augsburg auf Anfrage mitteilt, soll nun ein Gutachter klären, ob der schwerkranke Mann verhandlungsfähig ist. Mit seinem Fall hatte sich zuletzt sogar das Bundesverfassungsgericht befasst. Anwalt Richard Beyer hatte Verfassungsbeschwerde aufgrund der Haftbefehle gegen seinen Mandanten eingereicht, mit Erfolg. Die Richter entschieden, dass Beschlüsse des Landgerichtes und des Oberlandesgerichtes, die Haftbeschwerden des Zahnarztes verworfen hatten, den Mann in seinen Grundrechten verletzen.

    Eine eher außergewöhnliche Entscheidung: Nur 2,3 Prozent aller Verfassungsbeschwerden sind erfolgreich. Grund in dem Fall: Die Begründungen der Gerichte waren zu dünn. Wörtlich heißt es etwa: „Die Entscheidung des Landgerichts vom 13. Februar 2018 enthält über eine lediglich formelhafte Begründung hinaus keine näheren Ausführungen zur Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie zur Verhältnismäßigkeit der Haft; sie genügt verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen offensichtlich nicht“.

    Ermittlungen gegen den Fotografen wurden eingestellt

    Aus der U-Haft entlassen wurde der Zahnarzt freilich nicht deswegen, sondern aufgrund seiner Erkrankung. Anwalt Beyer sagt, sein Mandant schweige bisher zu den Vorwürfen. Auch der nun zu Bewährung verurteilte Geschäftsmann hatte lange in U-Haft gesessen und ist nun wieder auf freiem Fuß. Sein Verteidiger David Herrmann sagt, dass sein Mandant bis zum letzten Verhandlungstag in U-Haft bleiben musste, stoße bei ihm auf Unverständnis. Ermittlungen gegen den Fotografen, der im Oktober 2017 ebenfalls in dem Taxi von München in die Region unterwegs gewesen, allerdings nicht mit ins Haus der Zahnarzthelferin gekommen war, wurden eingestellt.

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