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Augsburg: Führungsloses Pflegeheim in Augsburg: Wie geht es weiter?

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Führungsloses Pflegeheim in Augsburg: Wie geht es weiter?

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    Das Haus Marie in der Jakobervorstadt hatte einen guten Ruf – es wurde lange Zeit von dem als „Pflege-Rebell“ bekannt gewordenen Augsburger Armin Rieger geleitet.
    Das Haus Marie in der Jakobervorstadt hatte einen guten Ruf – es wurde lange Zeit von dem als „Pflege-Rebell“ bekannt gewordenen Augsburger Armin Rieger geleitet. Foto: Bernd Hohlen

    Für das Personal im Augsburger Pflegeheim Haus Marie ist die Situation seit Monaten alles andere als einfach, sagt eine langjährige Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Situation habe sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet. Seit April hat die Betreiber-GmbH keinen Geschäftsführer mehr. Ab diesem Zeitpunkt habe das Personal regelmäßig bei den beiden Gesellschaftern nachgefragt, wie es um die Zukunft des Pflegeheims stehe. Doch sie wurden stets im Unklaren gelassen. Niemand konnte etwas sagen.

    Die Mitarbeiterin sagt: „Das ist so eine menschliche Enttäuschung. Wir waren über 20 Jahre ein Team und haben es gemeinsam zum Laufen gebracht. Es war nie ein Pflegeheim, es war wie eine große Familie.“ Die Belegung des Hauses sei stets gut gewesen. „Wir hatten Wartelisten. Spontan konnten wir niemanden aufnehmen“, berichtet die Mitarbeiterin. In dem Heim leben Menschen, die schwerst pflegebedürftig sind – etwa, weil sie an Demenz leiden. Aktuell sind es rund 25. Im Jahr 2018 sei von den Gesellschaftern des Heimes noch Geld in einen Umbau gesteckt worden, damit die Betriebserlaubnis verlängert wird, so die langjährige Mitarbeiterin: „Sie wurde daraufhin um 15 Jahre verlängert, worauf wir damals auf der Weihnachtsfeier angestoßen haben. Wir haben uns unsere gemeinsame berufliche Zukunft ausgemalt. Von einer möglichen Schließung war da keine Spur.“

    Augsburger Pflegeheim: "Wir können nicht einmal einen Handwerker anrufen"

    Das Bild der gemeinsamen beruflichen Zukunft erhielt nur Monate später erste Risse. Erst fehlte es an einer Heimleitung, dann gab es auch keinen Geschäftsführer mehr. Später kündigte der eine Gesellschafter zum 31. Dezember 2019 – daraufhin der andere. Laut Handelsregister halten Werner Harlander 51 Prozent und Armin Rieger 49 Prozent der Anteile. Die Mitarbeiter hingen in der Luft. „Wir hatten nie ein personelles Problem. Aber im vergangenen Herbst sind drei Mitarbeiter gegangen, weil ihnen die Situation zu unsicher war.“ Die Löhne wurden laut der Mitarbeiterin bis einschließlich Dezember bezahlt, doch was nun komme, wisse niemand. „Wir könnten nicht einmal einen Handwerker anrufen, weil wir nicht wissen würden, wer ihn bezahlt“, betont die Mitarbeiterin. Es sei niemand mehr da, der Rechnungen schreiben könne. Auch die Angehörigen hätten im Januar noch keine Rechnung für die Pflege der betreuten Personen erhalten. Die Mitarbeiter fürchten deshalb, dass sie auch keinen Lohn erhalten werden. Die Situation hätte in ihren Augen gar nicht so eskalieren müssen.

    Das Personal habe frühzeitig die Heimaufsicht über die Situation im Haus Marie informiert, doch diese habe bislang nichts in der Hand gehabt, weil es pflegerisch und auch personell bislang keine Beanstandungen in der Einrichtung gab. Sie hätten auch wiederholt schriftlich bei den beiden Gesellschaftern der Betreiber-GmbH um eine Stellungnahme gebeten. „Ich finde es eine Sauerei, dass sie weder uns Mitarbeiter noch die Angehörigen über ihre Pläne informieren“, sagt die Pflegerin verärgert.

    Gibt es jetzt einen Not-Geschäftsführer, der die Betreiber-GmbH leitet?

    Die Verantwortung hätten in den vergangenen Monaten letztlich die übrig gebliebenen Mitarbeiter getragen. Die Kündigung der Gesellschafter habe die Situation nun vollkommen geändert. Wenn alle Gesellschafter einer GmbH aussteigen wollen, ihre Anteile kündigen, und es niemanden gibt, der die Firma weiterführen will, stünde ein Unternehmen quasi vor dem Aus, sagt der Augsburger Rechtsanwalt Clemens Käuffer unserer Redaktion. Ohne einen Geschäftsführer sei eine GmbH zudem quasi handlungsunfähig. Die Gesellschafter hätten allerdings die Möglichkeit, bei Gericht die Einsetzung eines Not-Geschäftsführers zu beantragen, der die Firma zumindest vorübergehend leitet oder sie auch geordnet auflöst. Das will Armin Rieger offenbar erreichen. Er hatte angekündigt, sich in dieser Woche mit einem Anwalt treffen zu wollen, der die Not-Geschäftsführung übernehmen soll.

    Für die Mitarbeiterin, die seit Jahren im Haus Marie tätig ist, ist der Zwist zwischen den beiden Gesellschaftern der Betreiberfirma der Grund, warum das Haus Marie nun vor dem Aus stehe. Das Haus Marie wurde 20 Jahre lang von dem als „Pflege-Rebell“ bekannt gewordenen Augsburger Armin Rieger geleitet. Doch Anfang des Jahres 2018 schied er als Geschäftsführer aus. Es gab ein Zerwürfnis. „Es waren unüberbrückbare Differenzen, die es mir nicht mehr ermöglicht haben, weiter mit meinem Mitgesellschafter zusammenzuarbeiten“, sagte er damals unserer Zeitung. Die Mitarbeiter sind indes auch von Armin Rieger enttäuscht. In ihren Regalen stünden signierte Kopien seines Buchs „Der Pflegeaufstand“, in denen er Missstände in deutschen Pflegeheimen anprangert, erzählt eine Pflegerin. Nun müsse er beweisen, dass ihm das Schicksal von Mitarbeitern und Bewohnern seiner eigenen Einrichtung nicht egal sei.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Haus Marie: Betreiber stehen moralisch in der Pflicht

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